Dr. M. Löffler
Erst der Buchdruck, heute das E-Book1 - beides Meilensteine einer Entwicklung!? Was aus dem Buchdruck wurde, das wissen wir - wer hätte damals geahnt, was für eine Vielfalt schriftlicher Kommunikation sich daraus entwickeln würde. Eine ähnliche Zukunft weissagen nun manche dem E-Book, vor allem im natur- und sozialwissenschaftlichen Bereich. Zwischen Vergangenheit und Vision liegt die Realität und die Frage, wie das E-Book-Angebot der Universitätsbibliothek Eichstätt-Ingolstadt aussieht.
Während Zeitschriftenaufsätze in elektronischer Form2 seit dem letzten Drittel der 90er Jahre fester, immer weiter ausgebauter und gut angenommener Bestandteil des Informationsangebots der Universitätsbibliothek sind, scheinen E-Books noch weitgehend unbemerkt zu sein.
Einen Vorreiter von E-Books bildeten Dissertationen und Habilitationen in elektronischer Form - seit 1998 sammelt die Deutsche Nationalbibliothek auch derartige Hochschulschriften. Mitte 2006 waren ca. 43 000 Dissertationen und ca. 500 Habilitationen dort archiviert3, wobei die Quote der Online-Veröffentlichungen bei Dissertationen von Fach zu Fach unterschiedlich ist. Die Chance, auf eine Online-Dissertation zu stoßen, ist etwa in den Bereichen Geographie, Mathematik, Psychologie oder Sprachwissenschaft/Linguistik deutlich höher als beispielsweise in Germanistik. Zu den Vorteilen dieser Form der Veröffentlichung zählt die einfache Auffindbarkeit und gute Zugänglichkeit der Information, und zwar in zitierfähigem Format. Viele Online-Dissertationen bzw. Habilitationen sind mit Link zum sogenannten Volltext im OPAC nachgewiesen4 und wie alle anderen Online-Dokumente in der Treffer-Liste durch ein @ als Icon gekennzeichnet. Die OPAC-Recherche lässt sich von vornherein über Erscheinungsform auf Online-Ressourcen einschränken, allerdings nicht bei gleichzeitiger Einschränkung der Suche auf eine Zweigstelle. Übrigens anerkennen die meisten Fakultäten der Katholischen Universität die Abgabe einer Dissertation in elektronischer Form und mit OPUS steht jedem Interessenten ein entsprechendes Tool zur Verfügung5.
Eine weitere frühe Form des E-Books sind Volltextsammlungen, Texteditionen oder Lexika, die online oder auf CD-ROM veröffentlicht wurden und werden. Im Vordergrund stehen klassische Texte, weniger aktuelle Information. Ein Anbieter wirbt ausdrücklich damit, dass es bei diesen Produkten nicht um den Ersatz der Druckausgabe, sondern um den Mehrwert durch die elektronischen Möglichkeiten geht: «Ihr markantester Vorzug ist das schnelle und präzise Auf finden von Textstellen. Wer je nach Begriffen, Zitaten und Motiven gesucht hat, weiß, wie nützlich eine ausgefeilte Volltextsuche ist.»6 Über den Button DBIS auf ihrer Homepage bietet die Universitätsbibliothek seit den 90 er Jahren ein breites Angebot an derartigen Texten. Dieser Bestand wird seit 2004 durch ein Angebot an elektronischen Publikationen, finanziert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG), erweitert7. Wie bei abgeschlossenen Textsammlungen zu erwarten, handelt es sich vor allem um Quellensammlungen, die insbesondere für Historiker, Altphilologen, Theologen oder Literaturwissenschaftler von Interesse sind. Auch für die elektronische Quellensammlung gilt das, was bei der gedruckten Fassung kritisch zu prüfen ist - was ist mit welcher Intention enthalten und was ist nicht enthalten.
Erste intensivere Erfahrungen mit aktuellen Informationen in Form von E-Books ließen sich über Beck-online gewinnen: Der große juristische Verlag Beck vereinigt unter einer Suchmaske Gesetzestexte, Urteile, Zeitschriften, aber eben auch Kommentare bzw. Handbücher. So gut die dadurch entstandene juristische Informationsplattform auch angenommen wird und in dieser Form einen Mehrwert hat, auf die Anschaffung wichtiger Kommentare in Druckfassung wird man doch nicht verzichten können - die mehr als 2800 Seiten etwa des Erfurter Kommentars zum Arbeitsrecht lassen sich zwar online durchsuchen, aber schon ein konzentriertes Scannen über mehrere Seiten hinweg am Bildschirm ist anstrengend, erst recht ein Springen zwischen Kapiteln. Es zeigt sich hier - noch ist das E-Book häufig eher ein Zusatzprodukt mit besonderen Nutzungsqualitäten, aber nicht immer ein Ersatz für die gedruckte Fassung. Andererseits reicht gelegentlich auch die Online-Fassung.
Inzwischen ist der Markt für E-Books im Sinne einer Online-Ausgabe der Druckfassung eines aktuellen Titels in Bewegung geraten - und noch unübersichtlich. Dabei hat sich wenig, um nicht zu sagen nichts an der Aufbereitung der Texte getan - PDF als Abbild der Druckausgabe, dafür gibt es nun aber umso mehr Verkaufsmodelle8. Was könnte der Wunsch eines Studenten/einer Studentin sein und den höchsten Nutzen bringen? Da wäre beispielsweise das deutschsprachige Lehrbuch, jeweils automatisch aktualisiert und alle Lehrbücher sollten über die gleiche Plattform erreichbar sein, damit der Nutzer nicht zig Plattformen im Blick haben muss. Natürlich sollten die Titel im OPAC nachgewiesen sein. So weit aber ist die Entwicklung leider noch nicht: Plattformen mit unterschiedlichsten Verlagsangeboten konkurrieren miteinander, der Einzelerwerb von Titeln ist (fast) unmöglich und die deutschen Verlage halten sich eher zurück. Gerade gedruckte Lehrbücher bilden für Verlage eine sichere Einnahmequelle für die es bislang noch keine adäquaten Online-Verkaufsmodelle als Ersatz gibt. Lohnt sich dann die Anschaffung oder Miete von Titeln, die nicht dem intensivst genutzten Grundbedarf entsprechen? Auf diese Frage wird vielleicht eine Antwort möglich sein, sobald Nutzungszahlen für die E-Books von Springer vorliegen.
Zur Verfügung stehen alle Titel des Springer-Verlags zum Bereich Wirtschaftswissenschaften aus den Veröffentlichungsjahren 2005-2007. Über den Button DBIS auf der Homepage der Universitätsbibliothek lässt sich das Angebot über die Eingabe von SpringerLink aufrufen. Via VPN-Client9 lassen sich die Bücher auch von zu Hause aus aufrufen und kapitelweise ausdrucken bzw. abspeichern; die Möglichkeit, Bücher in einem Zug auszudrucken bzw. zu speichern hat Springer inzwischen zurückgenommen, wohl weil die Dateien zu groß waren.
Zur Verfügung steht aber auch ein E-Book-Angebot, das über die DFG finanziert wurde - etwa ein Zugriff auf 1000 lizensierte Titel unterschiedlichster Verlage aus den Jahren 1995-2006 über die Oberfläche von NetLibrary/OCLC10. Auch in diesem Fall gilt, dass die Nutzung von zu Hause aus möglich ist, allerdings nur bei vorheriger Anmeldung via VPN-Client.
Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Markt für E-Books in Bewegung kommt, sich aber die Online-Präsentation des Textes nicht verbessert hat. Die elektronische Fassung überzeugt beim Aufsatz, weil er i. d. R. kurz ist, aber (noch) nicht beim Buch. Das Urteil hängt wohl auch von der Textgattung ab - ein Roman online, da muss wohl noch Entwicklungsarbeit geleistet werden. Stehen wir also am Anfang? Die Bibliothek wartet interessiert auf Ihre Resonanz als Nutzer auf dieses Medium - für Rückfragen wenden Sie sich bitte an die Information der Universitätsbibliothek.
1Zur bibliothekarischen Diskussion um E-Books:
Obst, Oliver: Nutzungsaspekte von e-Books (Online-Bücher).
Über: http://medbib.klinikum.uni-muenster.de/obsto/text/vortraege/leipzig2007/leipzig-web.pdf
Wawra, Steffen: eBooks: Chancen und Risiken eines flächendeckenden Einsatzes im Bereich wissenschaftlicher
Bibliotheken Deutschlands.
Über: http://www.bibliotheksverband.de/sektion-4/dokumente/Wawra_%20eBooks.pdf
2Vgl. die Elektronische Zeitschriftenbibliothek (EZB): Homepage der UB &raar; Schnelleinstieg → EZB oder Zeitschriftensammlungen für verschiedene Fachbereiche über die Suchoberfläche von Ebsco, z. B. Homepage der UB → DBIS → SocINDEX with Full Text.
3http://deposit.ddb.de/netzpub/web_online-hochschulschriften_stat.htm [30. 04. 07]
4Alternativ z.B. über die Deutsche Nationalbibliothek: http://search.dissonline.de/ [30. 04. 07]
5http://www.opus-bayern.de/ku-eichstaett/ [30. 04. 07]
6http://www.digitale-bibliothek.de/scripts/ts.dll?s=1&id=E7AE5388&StartseiteLM=/sel/1/&sc=Startseite [30. 04. 07]
7Zu Angebot und Auswahlkriterien: http://www.nationallizenzen.de [30. 04. 07]
8 Hammerl, Michaela: Der E-Books-Markt.
In: http://www.opus-bayern.de/bib-info/volltexte/2007/277/ [30. 04. 07]
Osswald, Armin: E-Book-Angebotskonzepte von Aggregatoren für Bibliotheken.
Über: http://www.informationswissenschaft.org/download/festschrift/cc-festschrift_RK-art15.pdf
9Zur Nutzung des VPN-Clients s. «Hinweise zur Benutzung» auf der DBIS-Suchoberfläche.
10Vgl. DFG - Angebot an Nationallizenzen: http://www.nationallizenzen.de - hier: E-Books von NetLibrary