Aus den persönlichen Tagebüchern des sowjetischen Diplomaten V. S. Semenov. Vorbereitet und kommentiert von Elena Semenova und Boris Chavkin Der Autor der hier veröffentlichten Aufzeichnungen ist Vladimir Semenovič Semenov (1911–1992), Außerordentlicher und Bevollmächtigter Botschafter der Sowjetunion, im Laufe von 23 Jahren stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR. Das Leben wollte es, daß V. S. Semenov im Mittelpunkt der politischen Ereignisse der Mitte und der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stand. Die Dienstliste des Diplomaten ist reichhaltig und mannigfaltig: 1939–1940 Rat in der bevollmächtigten Vertretung (Botschaft) der Sowjetunion in Litauen; 1940–1941 Rat der bevollmächtigten Vertretung in Deutschland; 1941–1942 Leiter der 3. Europäischen Abteilung im Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten; 1942–1945 Rat der sowjetischen Gesandtschaft in Schweden; 1945–1946 stellvertretender Berater der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD); 1946–1949 politischer Berater der SMAD; 1949–1953 politischer Berater der Sowjetischen Kontrollkommission (SKK) in Deutschland; 1953 Leiter der 3. Europäischen Abteilung und Mitglied des Kollegiums des Ministeriums der UdSSR für Auswärtige Angelegenheiten; 1953–1954 Hochkommissar der UdSSR in Deutschland und Botschafter in der DDR; 1954–1955 Leiter der 3. Europäischen Abteilung im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten; 1955–1978 stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten; 1978–1986 Botschafter der UdSSR in der BRD. V. S. Semenov wurde in einem kleinen Dorf unweit der Stadt Kirsanov (Gouvernement Tambov) als Sohn eines Eisenbahners geboren. Drei Jahre später begann der Erste Weltkrieg, dann der Bürgerkrieg. Sein Vater, Semen Gavrilovič Semenov, starb an Unterleibstyphus, der im Gouvernement grassierte. Daß die vier Kinder – drei Jungen und ein Mädchen – am Leben blieben, war im Grunde ein Wunder. Seit seiner Kindheit verehrte Vladimir zutiefst seine Mutter, Lidija Pavlovna (geborene Šechonina), die allein die ganze Last der Sorge für die Kinder trug. Nach Beendigung der Schule war Vladimir als Lehrer tätig. Ende der 20er Jahre zogen die Semenovs nach Moskau um, wo sich Vladimir 1931 an der Hochschule für Philosophie, Literatur und Geschichte immatrikulierte. Schon als Student heiratete er Evgenija Nikolaevna Konovalova, Studentin einer pädagogischen Fachschule und Journalistin bei der Komsomol’skaja pravda. 1936 kam in der Familie Semenov die Tochter Svetlana zur Welt. Nach Absolvierung der Hochschule war Vladimir Semenovič 1937–1939 als Pädagoge, später als Gehilfe des Direktors für wissenschaftliche Fragen an der pädagogischen Hochschule von Rostov am Don tätig. Ein Ereignis im Sommer 1939 veränderte Semenovs Schicksal: Der junge Wissenschaftler wurde in die Hauptstadt zu einer Beratung der Leiter der Lehrstühle für Marxismus-Leninismus bestellt. Im Sitzungssaal befand sich der Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten V. M. Molotov, auf den Semenovs Bericht über das Studium des „Kurzen Lehrgangs der Geschichte der KPdSU(B)“ einen positiven Eindruck machte. Bald traf in der Rostover pädagogischen Hochschule die Anordnung ein, Semenov nach Moskau an das Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR abzukommandieren. Auf diese Weise, im Rahmen des „Molotov-Aufgebots“, wurde Semenov Diplomat. In dieser seiner Eigenschaft ist V. S. Semenov eine überaus widerspruchsvolle Figur. Die gleichen Episoden seiner Laufbahn werden ihm bald zur Last gelegt, bald als Verdienst angerechnet. Insbesondere wird er der Niederschlagung der Aufstände in Deutschland 1953 und in der Tschechoslowakei 1968–1969 beschuldigt. Doch lassen sich dieselben Fakten als unbezweifelbarer Erfolg der UdSSR betrachten, denkt man an den relativ blutlosen Charakter der Beendigung dieser Unruhen. Semenov wird seine Treue zum Stalinismus vorgeworfen; heute jedoch, da die meisten Politiker ihre Überzeugungen nach jedem Wahlzyklus wechseln, wird klar, welche große Seltenheit es ist, seinen Idealen treu zu bleiben. Bei all seiner Härte war Semenov möglicherweise liberaler, als das auf den ersten Blick scheinen mag. Gerade wegen des „Liberalismus“ wurde Semenov im Juni–September 1953 von Molotov zurechtgewiesen. Dennoch nannte Molotov ihn – ob im Ernst oder im Scherz – „unseren Gauleiter in Deutschland“. 1954 erlitt Semenov einen schweren Autounfall und verließ Berlin, um sich in Moskau behandeln zu lassen. 1955, als Vladimir Semenovič wieder gesund war, wurde er zum stellvertretenden Außenminister ernannt. 1961 starb Semenovs Ehefrau Evgenija Nikolaevna, und das war ein furchtbarer Schlag für ihn. Aber zwei Jahre später wurde sein erster Enkelsohn geboren, und bald darauf heiratete er Lidija Ivanovna; die zweite Tochter bekam den Namen Elena. Svetlana Semenova schreibt in ihren Erinnerungen: „Gewöhnlich kamen Vater und seine engsten Mitarbeiter spätnachts von der Arbeit nach Hause. Anstatt nach dem bereitstehenden Abendessen, das sie unachtsam verzehrten, ins Bett zu fallen, spielten sie Klavier, es wurde gesungen, rezitiert und geträumt. Sie träumten davon, wie in der Zukunft die deutschen Kinder Klassiker der deutschen Literatur studieren würden und wie die deutsche Kultur aufblühen werde.“ Vladimir Semenovič war über den Namen „Stalinallee“ sehr verstimmt, er suchte den Deutschen zu beweisen, daß Stalin in Deutschlands Geschichte keine Wurzeln habe und es besser gewesen wäre, Berlins Hauptstraße nach Goethe oder Schiller zu benennen. Aber „die Deutschen versteiften sich“ auf ihre Entscheidung. In der westlichen Presse wurde Semenov bald der „Nestor der sowjetischen Diplomatie“, bald „die graue Eminenz des Außenministeriums“, bald schließlich „ein KGB-Mann“ genannt. Eine deutsche Zeitung gab ihm eine unseres Erachtens erschöpfende Charakteristik: Ein kontaktfreudiger Mensch, von dem es heiße: Er sehe aus wie ein Deutscher, benehme sich wie ein Franzose, spreche wie ein Engländer und denke wie ein Russe.[1] Für Deutschland war Semenov eine schicksalhafte Figur. Aber in Rußland wissen nur wenige von seiner Rolle in der neuesten deutschen Geschichte. Selbstverständlich war Vladimir Semenovič ein Mensch seiner nicht eben einfachen Zeit. Doch besaß er jene erstaunliche Flexibilität des Denkens, die es ihm erlaubte, Probleme von verschiedenen Standpunkten aus zu sehen, ohne seine Jugendideale zu verraten. Seine Liebe zur Literatur, Musik und Kunst war keine Laune, sondern vielmehr eine Form von Selbsterhaltung und Selbstausdruck. Bei ihm suchte die, wie es damals hieß, schöpferische Intelligenz Hilfe: Maler, Schriftsteller, Musiker, Kunstwissenschaftler, Historiker und Archäologen, wußten sie doch, daß er Unmögliches tun, aber auf jeden Fall helfen werde. In den Künstlerkreisen war Semenov als Mäzen bekannt, der mit Wort und Tat einer vom Regime unabhängigen Kunst überleben half. Er besaß eine der besten Gemäldesammlungen in Moskau. Bis in seine letzten Lebenstage hinein bereitete Vladimir Semenovič seine Erinnerungen zur Veröffentlichung vor. Er wollte, daß in erster Linie russische Leser seine Memoiren lesen, aber in Rußland wurden die Erinnerungen des Diplomaten niemals veröffentlicht. 1995 erschien in Deutschland sein Buch Von Stalin bis Gorbatschow. Ein halbes Jahrhundert in diplomatischer Mission 1939–1991.[2] Doch wurde dieses Buch mit Rücksicht auf das spezifische Interesse der deutschen Leser geschrieben, viele Fragmente der Erinnerungen wurden nicht darin aufgenommen bzw. gekürzt. Außerdem blieb ein riesiger Bestand an Materialien aus Semenovs persönlichem Archiv – seine Tagebücher und Aufzeichnungen dienstlichen und privaten Charakters – ungenutzt. Semenov führte sein persönliches Tagebuch von 1963 bis 1992. Es haben sich 160 Hefte verschiedenen Umfangs (von 40 bis 120 Seiten stark) erhalten, beschrieben mit einer schwer lesbaren Handschrift. Beinahe völlig entschlüsselt sind 114 Tagebücher bis zum Jahr 1977. Die Tagebucheintragungen aus den Jahren 1989–1992, in denen aktiv am Erinnerungsbuch gearbeitet wurde, setzen sich nicht nur aus broschierten Heften, sondern auch aus einzelnen nicht systematisierten Blättern zusammen. Semenovs Notizen sind eine einzigartige historische Quelle. Dabei sind die persönlichen Aufzeichnungen des Diplomaten unserer Meinung nach nicht bloß von akademischem Interesse. Sie sind ein lebendiges Dokument der Epoche, das die Ansichten, Gewohnheiten, menschlichen Beziehungen, den Charakter und die Denkweise des Schreibers charakterisiert. Semenov selbst sagte: „Das Leben ist viel komplizierter, als es von beliebigen Memoirenschreibern geschildert wird. Unter jeder Grabplatte liegt die Biographie einer ganzen Generation begraben. Und das ist unwiederbringlich.“ Wir bieten dem Leser Auszüge aus V. S. Semenovs persönlichen Tagebüchern an, die chronologisch geordnet wurden. Die Herausgeber haben die vorkommenden Kürzungen gemacht und unklare Textfragmente entschlüsselt. Von ihnen stammt auch der wissenschaftliche Apparat. V. S. Semenov V. S. Semenov Tagebuchnotizen 1963 26. Oktober. Mein Leben lang war ich Augenzeuge oder Teilnehmer wohl aller größten Ereignisse meiner Generation. Die Menschen, die ich kannte – Gott weiß, was für welche ... Es gab unter ihnen gute, schlechte und äußerst scheußliche, ja ungeheuerliche ... Molotov, Smetona (Litauen),[3] Hitler, Göring, Ribbentrop, Weizsäcker,[4] Dekanozov,[5] Vyšinskij,[6] Lozovskij.[7] Kollontaj,[8] der schwedische König,[9] Martin Andersen Nexö (mein lieber alter Freund),[10] W. Pieck, Ulbricht, Grotewohl, Žukov, Sokolovskij, Tolbuchin,Čujkov, Eisenhower, Montgomery, de Lattre de Tassigny,[11] Clay,[12] Robert son,[13] Kirkpatrick,[14] Bertolt Brecht, J. Becher,[15] Nagel,[16] Konev, Puškin,[17] Kiselev,[18] Gromyko, Smirnov,[19] Churchill, Attlee, Bidault,[20] Auriol,[21] To-gliatti, Stalin, Kaganovič, Chruščev, Kosygin,[22] Mikojan, Kurčatov, Fedin, Šostakovič, Leonov,[23] Kennedy, Adenauer, Rusk,[24] Stevenson,[25] Tvardovskij, Couve de Murville,[26] Bolz,[27] Šepilov (Arche Noah!),[28] Korin,[29] V. V. Kuznecov (mein Nachbar),[30] Aseev,[31] B. N. Livanov,[32] Romadin,[33] Nisskij,[34] Satjukov,[35] Stepanov,[36] Adžubej,[37] Andropov, Ponomarev, Abramjan.[38] Mjasnikov,[39] [...] Nasser,[40] Kaiser Haile Selassie von Äthiopien, Amer,[41] Anwar Sadat,[42] der Schah und seine Gattin,[43] König M. Daud von Afghanistan, [...] Gerhardsen,[44] Paasikivi, Kekkonen, Gomułka, Georgiu-Dej, Zhou Enlai, Raab (Österreich),[45] Kreisky,[46] Eden, Hume,[47] Sukarno, Secou Touré, Dsch. Nehru, Rákosi, Kádár, Gottwald, Murphy,[48] Dobrynin (jung, aber sehr begabt),[49] Zorin[50] und viele, viele andere. Über jeden von ihnen könnte man [sehr viel schreiben], und alle drehen sie sich im wilden Wirbel des Lebens, die einen groß in ihrem Werk, andere im Gegenteil, wieder andere einfach interessante Scherben der Epoche. Ich schreibe nur die Namen hin, aber vor meinem inneren Auge rollen die Tage meines vergangenen Lebens ab, wie in einem Buch, das voller Märchen, Wunder und furchtbarer Ereignisse ist. Und jetzt will ich nach den Ereignissen vorgehen, an denen ich so oder so teilnahm. Auch eine Unterhaltung, wenn man bettlägerig ist. V. I. Lenins Tod. Likbez.[51] Volksinstrumentenorchester beim Klub. Die Jahre im Komsomol: Kreis-, Bezirks-, Gebietskomitee. Wasserkraftwerk Kašira. Rovenki im Donezbecken (Kohle, mobilisiert). „Dynamo“-Werk. Moskauer Staatliche Universität (MGU), Moskauer Hochschule für Philosophie, Literatur und Geschichte (MIFLI). Rostov/Don, pädagogische Hochschule. Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten (Potemkin[52] – nicht vergessen!). Litauen und Baltikum (Ždanov[53] nicht vergessen!). Hitlerdeutschland und Kriegsbeginn. Evakuation über die Türkei. Kujbyšev. Schweden. Okkupation Deutschlands (Hauptteil des Lebens). Moskau. 17. Juni 1953. Ungarische Ereignisse. Umschwung in der Partei und Zerschlagung der Gruppierungen. Hinrichtung von Berija, Kobulov,[54] Dekanozov u. a. Suezkrise. Und weiter alle Ereignisse der letzten Jahre, da ich größtenteils krank war (seit 1958). Ženjas[55] Tod. Leere ringsum. Da aber Begegnung mit Lika[56] – und wieder Leben?! Wie geht es weiter?! Der Weg verläuft nicht gerade, wie er weiter aussieht, weiß man nicht. 1964 12. Februar. Dritter Tag des ZK-Plenums über die Landwirtschaft. Ich sitze neben dem Vorsitzenden des Staatlichen Parteikontrollkomitees der RSFSR.[57] Er erzählte, daß er 1952 eine Fahrt in den Sonderrayon Chabarovsk unternommen hatte: Dort hatte das Gesetz damals überhaupt keine Geltung gehabt, als wäre das eine Bojarendomäne gewesen, man schaltete und waltete nach Herzenslust. Die politischen Häftlinge waren am Boden der Pyramide der Verbrecher [?], und über diese herrschten Kriminelle. Insgesamt wurden rd. 7 Millionen Menschen in diesen Sonderrayon verschickt, und etwa 1,5–2 Millionen waren zugrunde gegangen. Um die Politischen zugrunde zu richten, lieferte man keine Verpflegung in die entfernten Gegenden, obwohl Lebensmittel da waren. „Am erstaunlichsten ist, daß in den letzten Jahren, 1953–1955, dorthin Lebensmittel transportiert und Vorbereitungen zur Aufnahme einer weiteren halben Million Menschen getroffen wurden. Die Lager wurden damals ja schon aufgelöst, aber Lebensmittel aus Gewohnheit immer noch geliefert. Der Sekretär des Gebietsparteikomitees von Magadan hatte das Gefühl, daß eine neue Welle verbannter Politischer kommen sollte. Dann hätte man die Leitung abgesetzt und durch junge Kader abgelöst. Nicht von ungefähr forderten die KGB-Organe 1953 – vor Berijas Entlarvung – Charakteristiken der Ersten Sekretäre der Gebietsparteikomitees an – ein solches Signal kam vom Chef des KGB von L’vov.“[58] Ich erzählte, wie Goglidze und Amajak Kobulov während des Aufstandes vom 17.6.1953 nach Berlin mit der Weisung gekommen waren, V. I. Čujkov und mich der Vorbereitung des Aufstandes zu überführen. Die Finger meines Gesprächspartners liefen nervös über das Pult, das Gesicht wurde von einer Grimasse entstellt: „Wozu denn all dieses Töten. Welch eine Ungeheuerlichkeit!“ Das Gesicht war sympathisch und menschlich. In diesem Moment empfand ich wohl zum ersten Male so klar die ganze Tragik der Lage jener Jahre, die jetzt „Kult“ genannt werden. Ich war ja so weit vom Handlungsort entfernt und habe vielleicht deswegen die Möglichkeit, diese Zeilen zu schreiben ... Zudem bewahrte mich meine Erziehung zur unbedingten Parteitreue vor dem Erkennen der Ungerechtigkeit und Falschheit dessen, was getan wurde. Allerdings neige ich auch jetzt nicht dazu, anders zu denken, als die sozialdemokratischen Arbeiter Deutschlands dachten: „Meine Partei irrte sich. Ich lasse nichts auf meine Partei kommen.“ Ich habe keine bitteren Worte für jene Generation, die trotz der Berge von Leichen den Weg zum Kommunismus gebahnt hat. Etwas anderes sind die Berijas, Ežovs, Abakumovs und all das von irgendwoher aufgetauchte Geschmeiß und diese Ausgeburten. Natürlich war Iosif ihr Ivan [der Schreckliche], und sie waren seine auf Posten gierige und in Intrigen gewiefte Opričnina [Durch ein Dekret von 1565 teilte Ivan IV. sein Reich in zwei Teile auf: in die zemščina und die opričnina. Auf dem Territorium der opričnina erlangte er die uneingeschränkte Gewalt, das Recht, alle Bojaren, die er selbst für Verräter hielt, zu bestrafen. Die Truppe, auf die er sich dabei stützte, waren die sog. opričniki. – Anm. der Redaktion]. [...] 1966 22. März. Von der Reise nach Warschau und Berlin zurück. Erstmalig Władysław Gomułka[59] begegnet. Nicht sehr groß, mager, mit einem großen kahlen Kopf eines Arbeiters, kleine Augen, die sich für Momente ins Gesicht des Gesprächspartners bohren; zweifellos einer der bedeutendsten kommunistischen Arbeiterführer in Europa. Ein Gespräch mit ihm ist eine Freude und zugleich eine riesige Anstrengung. Sein Verlauf entzieht sich der logischen Kontrolle, wirkt wie eine laut gewordene Erwägung, in deren Prozeß er eine von ihm anfangs geäußerte Meinung völlig verändern kann. Überraschend wird ein scharf polemisches Wort eingeworfen, eine Prüffrage, auf eine Bemerkung des Gesprächspartners kann er erst 5–7 Minuten später reagieren, nachdem das Gespräch, wie es schien, eine ganz andere Wendung genommen hat. Kurzum, das wirkt wie ein Zweikampf, den er mit sich selbst und zugleich mit dem Gesprächspartner führt. Indes ist er offensichtlich sehr wohl mit der internationalen Entwicklung bekannt, analysiert sie gekonnt, deckt die Hinterhalte und Tücken des Gegners auf, spürt seine Schwächen auf und nutzt sie recht geschickt aus. Mit einem Wort: Eben das ist der Stoff, aus dem führende Politiker gemacht werden, die an die Spitze einer Bewegung nicht wegen ihres Ranges, sondern dank ihres Wesens treten. Mir wurde klar, warum er – kurz zuvor noch ein Häftling – nach Bieruts[60] Tod zum einmütig gewählten Ersten Sekretär wurde. Freilich neigt er auch zu einer gewissen Dramatisierung bei der Einschätzung der Lage, beispielsweise in bezug auf die BRD, aber selbst diese Dramatisierung scheint Sinn zu haben. [...] Walter Ulbricht machte auf mich den Eindruck eines müden und kranken Menschen. Es steht wohl so, daß er aus der Führung geht, wenn er das auch nicht wahrhaben will. Er stimmte unseren Erwägungen rasch zu, als er aber von der Einschätzung des laufenden Moments sprach, zeigte er sowohl ungenügende Informiertheit als auch die alte Gewohnheit, in der Politik zu improvisieren. Nicht von ungefähr sagte Abrasimov[61] über einen wahrscheinlichen Ausgang meines Gesprächs mit Ulbricht, er hänge von Walters momentaner Stimmung ab. 1967 19. Mai. Mitteilung über Ju. V. Andropovs Ernennung zum Vorsitzenden des Komitees für Staatssicherheit der UdSSR veröffentlicht. Der sehr wichtige Beschluß wird in den politischen Kreisen lebhaft kommentiert. Man kann sagen, daß die Partei seit Menžinskij wohl keinen würdigeren Menschen auf diesen Posten ernannt hat. Ju. V. Andropov, ein Parteimitglied, wie er im Buche steht, ein lebhafter, denkender, energischer Mensch, wenn auch leider krank, ist ganz das Gegenteil von seinem Vorgänger, der im Grunde über die Grenzen eines Komsomolfunktionärs nicht weit hinausgegangen war. Schade natürlich, daß einer Abteilung im ZK ein solcher Leiter genommen worden ist, ich stand in guter Beziehung zu ihm, und alle Fragen wurden leicht und schnell gelöst. Es wirkte sich auch seine persönliche Neigung zur Theorie aus, was für eine solche Sache ebenfalls sehr wichtig ist. Doch die Bedeutung des KGB ist in der heutigen komplizierten Situation gewachsen, und wir müssen gerade einen solchen Politiker und Menschen haben. 7. Juni, 6 Uhr morgens. Eben erst aus dem Ministerium zurück. Die heutige Nacht war der Kulminationspunkt der Nahostkrise, der an die Kuba-Krise erinnert. Bis um 3.00 Uhr auf einer Sitzung des Politbüros, dann im Außenministerium. Wie es scheint, beginnt sich der Knoten zu lösen. Der Sicherheitsrat hat einen Beschluß über Maßnahmen zur unverzüglichen Einstellung der Kriegshandlungen gefaßt. Aus Kairo kamen SOS-Rufe, dort war der Wille zum Widerstand erloschen. Die gut ausgebildete und bewaffnete israelische Armee hat den zu wenig ausgebildeten ägyptischen Bauern, die die Technik nicht beherrschen können und beim Lärm eines Schusses auseinanderlaufen, eine Lehre erteilt. All das war tragisch und komisch zugleich. Es wiederholten sich die ersten Kriegstage in der UdSSR von 1941. 19. Oktober. Fliege nach Warschau zur Außenministerberatung der europäischen sozialistischen Länder über die Nahostlage. Eigentlich eine gewohnte Sache: so viele ähnliche Beratungen hinter und vor mir, und doch ist man jedes Mal aufgeregt und weiß selbst nicht, warum. Im Schlaf von der ganzen Tragödie um Stalin geträumt. Aus irgendeinem Grund von Mežlauk[62] und seinem Bruder, obwohl ich nicht weiß, ob er einen Bruder hatte. Auch von anderen, mir unbekannten Zugrundegerichteten. Und von Alliluevas Selbstmord, davon, wie Stalin, als er aus seiner Kremlwohnung in den Hof trat, den Sarg wütend mit beiden Händen stieß und nicht auf den Friedhof fuhr. Und alles in dieser Art, darunter selbst von Berija, dem Chruščev auf sein Ersuchen um Begnadigung antwortete: „Ich weiß aber nicht, was du im Norden tun sollst [...].“ Und wie Berija bei dieser Nachricht wütend und verächtlich mit der Hand abwinkte. All das ist mir sonst nicht eigen: Ich war ja nach den Säuberungen befördert worden und stand V. M. [Molotov] und den anderen nahe, die gerade Stalin nahestanden. Im Halbschlaf erinnerte ich mich an eine Sitzung des Politbüros (eine der letzten, an der der Alte teilnahm), als ich unterbewußt einen aufmerksamen Blick von Stalin auf mir ruhen fühlte. Ich erhob die Augen und sah ihn, wie er mich, ganz so, wie er auf seinen Porträts abgebildet war, aus irgendeinem Grunde prüfend ansah. Ich war konsterniert, er auch. Ich denke, er mochte mich gern, aber hatte ihm nicht jemand (Berija, Abakumov) auch gegen mich etwas zugeflüstert, und nun zweifelte er? Oder dachte er im Gegenteil daran, daß man mich „aufsteigen lassen“ sollte? Ich weiß noch, wie V. M. mir sagte: „Wir halten Sie für eine bedeutende Figur“, und mir im Zusammenhang mit meiner Ernennung zum Hochkommissar in Deutschland unbedingt irgendeinen hohen Rang zuerkennen wollte. Ich aber wollte nicht den Hochkommissar und nicht eine noch höhere Beförderung und sagte einfach, man solle mich als stellvertretenden Minister einordnen. Er ächzte verdrossen und tat dies [...]. Ich bereue all das nicht. Die Ehrgeizdrüse hat mich nie gequält und tut es auch heute nicht. Immer dachte ich ehrlich, daß es besser wäre, eine kleine Stufe darunter zu stehen, ein wenig freier zu leben, Bücher zu lesen, Musik zu hören, mehr zu denken, zu schreiben. 1968 8. März. Am 5.–8. März in Sofia auf der Sitzung des PKK.[63] Habe den Sekretär der rumänischen KP Nicolae Ceauşescu aus der Nähe beobachten können. Ein nichtiger und prätentiöser kleiner Mann. Selbst seine Art zu gehen ist komisch: Wenn er den rechten Fuß vorsetzt, hebt er zugleich den rechten Arm, dann tut er dasselbe mit dem linken Fuß und dem linken Arm; was herauskommt, ist eine manierierte, eindruckschindende Gangart eines Schauspielers. In der Rede keine Logik. Kleine Gaunereien: spricht von nichtexistenten Dokumenten, wechselt das Thema immer wieder, verfällt in Demagogie. Überhaupt entwickeln sich die Rumänen in eine falsche Richtung. A. N. [Kosygin] sagte treffend: „Wären nicht Ceauşescu und Maurer, könnte die Entwicklung einen anderen Verlauf nehmen.“ Bei uns heißt es im allgemeinen, die Persönlichkeit spiele in der Geschichte eine geringe Rolle. Das stimmt nicht ganz. Denn so ein Dreckskerl wie Ceauşescu kommt nicht oft zur Welt. Dies ist eine seltene Erscheinung. 10. März. In Sofia erstmalig den Ersten Sekretär des ZK der KPČ Dubček kennengelernt. Eigentlich nicht kennengelernt (ich habe mit ihm gar nicht gesprochen), sondern aus der Nähe betrachtet, und das mit Interesse. In der Tschechoslowakei vollziehen sich zur Zeit große Wandlungen. Novotný[64] ist beinahe ausgebootet, in den Vordergrund als Kompromißfigur Dubček getreten. Hochgewachsen, mit einem intelligenten Gesicht und der Gestalt von Zarewitsch Alexej, nervös, beweglich, entweder nicht sehr selbstsicher oder von einer besonderen Umgangsform. Er sprach auf der Beratung sachlich – mit seiner besonderen Stimme und in seiner Art – , alles in allem richtig und eindeutig. Die Rumänen wurden völlig isoliert. Man behandelte sie verdientermaßen verächtlich. Beim Empfang nach dem Abschluß saß Maurer[65] wie ein aus Holz geschnitztes altes Männlein da, niemand unterhielt sich mit ihm, ostentativ keiner. J. Kádár benahm sich wie immer mit überraschender kleiner Schläue und einer eigenartigen Weisheit. Ulbricht hielt sich gut, sah gesund aus, aber die Umgebung, die die Nähe der eigenen Stunde wittert, ist sehr aktiv und zeigt nicht den früheren Respekt. Nicht von ungefähr sagte mir Ulbricht beim Empfang im Kreml zum 50. Jahrestag: „Ich kann nicht alles, bitte das zu berücksichtigen.“ 7. April. Gestern war die Volksabstimmung über den Entwurf der sozialistischen Verfassung der DDR. Nach vorläufigen Angaben nahmen daran 98 Prozent der Bevölkerung teil, die Dafür-Stimmen machen 94–96 Prozent aus. Ein großer Sieg. Die SED hat sehr gute Arbeit geleistet und kühn dem Referendum zugestimmt. Ich muß zugeben, ich hatte Angst vor dem Ausgang und versuchte sogar, den Freunden von diesem Schritt abzuraten. Zum Glück hatte ich unrecht, und ich freue mich, einen solchen Fehler zugeben zu können. Im Sanatorium „Lesnye dali“ mit Mamedov[66] und Baskakov.[67] Haben Erinnerungen an die vergangenen Jahre ausgetauscht. Was ich über Stalins Rolle in den Nachkriegsjahren beim Aufbau der neuen Ordnung in Deutschland sagte, war für sie neu. Ich aber erinnere mich jetzt daran, wie der Chefredakteur der Izvestija L. N. Tolkunov mir über seine Eindrücke vom Lesen meiner Aufzeichnungen der Gespräche von I. V.[68] mit den führenden deutschen Funktionären erzählte. Das seien natürlich erstaunliche Dokumente, und sie sprächen ausdrucksvoller als alle Worte vom Ausmaß des Vertrauens dieses Menschen. Ich weiß noch, wie mein erstes Treffen mit ihm verlief. Das war am 8. April 1945, gegen 2 Uhr nachts, in seinem Arbeitszimmer im Kreml. I. V. sagte, daß ich als Leiter einer Regierungsgruppe zu Konev nach Sagan entsandt werde. Stalin ging in sein Privatzimmer, stieg auf einen Stuhl und zeigte mit einem Stock, wo sich dieses Städtchen befinde. Er beschrieb kurz die Aufgaben. Ich wollte seine Zeit nicht unnötig in Anspruch nehmen und beschränkte mich, wie fast immer im Umgang mit den höchsten Politikern, darauf, die an mich gerichteten Fragen knapp zu beantworten. Am Tag darauf flog ich bereits im Tiefflug nach Deutschland, aber I. V. hatte persönlich mit Konev telefoniert, um ihm zu sagen, daß ich zu ihm abkommandiert worden sei. Später besuchte ich Stalin alle 2–3 Monate mit unseren Freunden, notierte mir sorgfältig seine Weisungen, führte jedoch wiederum kein selbständiges Gespräch, vielmehr erfüllte ich streng und genau alles, was er sagte. Dafür war ich im ZK bekannt, wo es hieß, man solle mich nicht bei der Erfüllung der Aufträge stören und von mir Entwürfe von vorläufigen Dokumenten und Beschlüssen verlangen. Doch waren die Weisungen von I. V. so klar, daß sie vollauf genügten. [...] 5. Juni. Heute wurde in Kalifornien auf Robert Kennedy ein Attentat verübt. Eine Kugel blieb im Gehirn stecken, eine andere durchschoß die Brust, noch eine traf die Hüfte. Kritischer Zustand. Sicherlich das Werk derselben Bande, die John erledigte. Für sie war es schon gefährlich, daß R. Kennedy bei den Primaries in Kalifornien den Sieg davontrug. Da haben wir ein Land der Gangster, in dem sie auch an der Macht stehen! Da haben wir die Fratze der Gesellschaft der Johnsons, Rubys u.a.! Ich erinnere mich an eine Begegnung mit Robert im Weißen Haus. Ich war mit A. A. [Gromyko] bei J. Kennedy, und am Ende des Gesprächs gingen wir über die Wiese vor der Tür des Präsidenten, die in einen Garten führte (ins Grüne, dort gibt es keine Bäume, nur eine Wiese), da waren also Robert und ein anderer, irgendein Minister. Robert war kleiner als John, sah wie ein Kerl von der Straße aus, schien einen Kaugummi im Mund zu haben; Stupsnase, Igelfrisur. Der Präsident stellte ihn uns vor, A. A. wechselte ein paar Sätze mit ihm, dann sprachen Robert und John untereinander, und Robert ging mit seinem Begleiter in die inneren Räumlichkeiten. Eben damals sagte J. Kennedy Gromyko einen Satz, der sich mir einprägte: „Sie können sich nicht einmal vorstellen, welch ein scharfer Kampf ringsum geführt wird. Aber ich bin sicher, wir werden ihn gewinnen.“ Und sagte, daß Robert der Hauptorganisator seiner Wahlkampagne sei. [...] Sicherlich war Robert kein fortschrittlicher Politiker. [...] Er hatte auch nicht das Format von John. Er wäre ein harter Präsident gewesen, noch dazu mit dem Familiennamen (und dem Prestige) seines Bruders. Unsere staatlichen Interessen sind hier zwar nicht direkt tangiert. Und doch: welches Pack! Und wie nötig ist es in dieser Welt, wachsam zu sein! 1969 6. März. Heute zurück aus Berlin. Hatte ein Treffen mit Ulbricht. Er zeigte Jakubovskij[69] seine Neigung, mir gegenüber aber eine bestimmte Reserve, wenn er auch nach meiner Meinung fragte. Er fühlt, daß ich meine eigene Auffassung von den deutschen Angelegenheiten habe, eine andere als die seine, und daß ich in vieler Hinsicht unsere Ansichten und Handlungen in dieser Frage beeinflusse. Man hat das Gefühl, daß er sich an mir nur zu gern festkrallen würde, wie seinerzeit an Puškin, doch liefere ich ihm keinen Vorwand, benehme mich schlau, ausweichend, bin auf meiner Hut, denke mir aber meins. Bei der Konsultation trug er einige Korrekturen an unseren Texten ein und fragte nach meiner Meinung. „Das sind gute Korrekturen, sie verbessern das Dokument“, entgegnete ich, absichtlich die Distanz betonend, die zwischen mir und ihm sowie dem Gewicht seiner und meiner Meinung bestand. Ich weiß nicht, ob er das für bare Münze nahm, tat jedoch so, wenn er sich auch von oben herab und etwas nachlässig verabschiedete. Stoph dagegen betonte sogar seine Aufmerksamkeit mir gegenüber. Mal von der politischen Seite der Angelegenheit absehend, die nicht in ein persönliches Tagebuch gehört, kann ich doch zugeben, daß in meinem Kopf freche Gedanken an eine ganze Kette von deutschen, europäischen und weltweiten Angelegenheiten heranreifen. Freilich bin ich nicht sicher, daß die Kette und die Gedanken richtig sind und daß sie durchkommen, doch bin ich stur, und ganz so leicht ist es nicht, mich von Gedanken abzubringen, die sich in meinem Kopf einmal festsetzen. Und hier wird es eine weitere Kette von Zusammenstößen geben, die zwar namenlos und verdeckt, aber wesentlich sind. Walter versteht das und macht kein Hehl aus seiner feindseligen Einstellung zu unseren Konzeptionen, weil er, wie ich sehe, ein Nationalist ist, und das von einer recht gefährlichen Sorte. Aber auch wir sind routiniert genug, und heute haben wir doch mehr Kräfte, was man für morgen nicht mit Sicherheit voraussagen kann – wenn es nicht gar zu einem Kampf kommt. Hatte ein Gespräch mit Honecker über taktische Angelegenheiten. Macht den Eindruck eines reifen Kerls, der im stillen etwas für sich durchdenkt. Er zeigte sich aufrichtig und direkt. Große Hände. Abends hatten wir uns in der Botschaft einen ordentlichen Rausch angetrunken. Ich war bemüht, ihm klarzumachen, daß wir bestimmte Hoffnungen in ihn setzten. Er hörte zu, murmelte Zustimmendes. Ob er stark ist? Stoph ist unfaßbar, entweder etwas beschränkter oder weniger einflußreich, bemüht sich jedoch ebenfalls, sich von seiner besten Seite zu zeigen. In der DDR reift etwas heran. Möglich ist alles. 1970 3. Februar. War bei den Verhandlungen des Staatssekretärs der BRD Bahr mit Gromyko über den Gewaltverzicht. Bahr ist ein nicht sehr hochgewachsener Jude, mit großer Stirn, recht geschickt, führt das Gespräch bisweilen scharf, dann wieder flexibel, alles in allem auf seine Art logisch. Legt auch einige neue Motive dar, die für Brandt charakteristisch sind (Kritik an der CDU wegen des leeren Geredes von einer Wiedervereinigung, die jetzt nicht real sei, u.a.). A. A. [Gromyko] legt unsere Position deutlich dar, er reißt die Fädchen nicht ab, eher befestigt er sie. Bahr erkannte mich sofort wieder und begrüßte mich zu Beginn der Verhandlungen als „den bedeutenden Kenner des deutschen Problems und einen Experten“. Fragte, wie ich es schaffe, an den verschiedensten Orten zu sein: gestern in Wien, heute in Moskau (er erwähnte es nicht, meinte aber wohl auch Helsinki, Prag, Berlin usw.). Ich beantwortete diese Wortkaskaden kurz: „Freue mich, Ihre Bekanntschaft zu machen.“ Gromyko war mit meiner reservierten Antwort offensichtlich zufrieden. 5. Februar. Ich gab ein Frühstück für den Staatssekretär der BRD Bahr. Bei Tisch wurde über Kultur im allgemeinen gesprochen: Musik, Literatur, Kunst. Bahr ist auf diesen Gebieten recht gut bewandert, wenn auch als Laie. Gegen das Ende des Essens wurde das Gespräch allmählich politischer, und die Trinksprüche waren kurz, aber bedeutungsvoll. Beim Kaffee geriet alles auf die Ebene der Sondierung der Positionen und des Wesens der Verhandlungen. Bahr zeigte sich schon als „charmanter Dialektiker“. Schwachstellen in seiner Position waren von den orthodoxen Standpunkten aus durchaus sichtbar. Ich führte keine Schläge dagegen, um den Vogel nicht unnötig zu scheuchen. Dann sprach ich mit Gromyko über Bahrs Bitte um eine Begegnung unter vier Augen. Wir gingen daran, die Knoten des bevorstehenden Gesprächs zu ertasten. Es ist klar, daß die BRD die ganze Sache auf die DDR konzentrieren und sich auf dem Boden immer derselben nationalen Frage schlagen will. Gromyko möchte bei der BRD alles erreichen, was nur möglich ist, und dann die Westdeutschen an der DDR scheitern lassen. Ich und V. M. Falin sind der Meinung, daß das für die DDR riskant ist. 1971 3. Januar 1971. Neujahr in „Lesnye dali“ in altvertrauter Gesellschaft gefeiert. Viel Spaß, viel Wein. A. A. Smirnov erzählte, daß er einmal Zeuge dessen gewesen war, wie I. V. Stalin Malenkov abgekanzelt hatte. [...] Stalin machte Malenkov Vorwürfe, weil dieser Stalins Arbeit „Der Marxismus und Fragen der Sprachwissenschaft“ über den grünen Klee lobte. – „Du hast es ausposaunt. Ich kenne dich. Weißt du auch, weshalb und wie ich diese Arbeit geschrieben habe? Die Ärzte sagten mir, ich sollte mich mit einer nicht politischen und nicht militärischen Arbeit befassen. Und so habe ich das Thema genommen. Aber was für ein Fachmann bin ich schon in der Sprachwissenschaft? Überhaupt keiner, ist doch klar. Ich mußte mich von meiner Arbeit ablenken, meinen Kopf mal mit etwas anderem beschäftigen. Es handelt sich aber um eine Dilettantenarbeit. Ich habe mich schon immer für dieses Gebiet interessiert, ihr aber stellt die Sache so hin, als wäre das eine Entdeckung ... Einfach empörend!“ A. A. fügte hinzu, daß die militärischen und politischen Angelegenheiten, mit denen sich Stalin pausenlos beschäftigte, ihn tatsächlich überanstrengt hätten. Und die Ärzte hätten ihm wirklich eine solche „Ablenkung“ verschrieben. Die Malenkov-Gruppe aber nutzte das auf eine andere Weise aus. Dann kritisierte A. A. ungewöhnlich scharf Chruščev und nahm Stalin in Schutz. „Schließlich war nicht nur Stalin da, vielmehr waren alle Leute vom Politbüro dabei: Molotov, Mikojan, Kaganovič u.a. Sie alle entschieden über alle Angelegenheiten gemeinsam, darunter auch 1937. Noch ist die Wahrheit nicht ausgesprochen worden, warum und weshalb das so und nicht anders war. Auch hat noch niemand bewiesen, daß Stalin krank war. Man muß die Situation, die Schwierigkeiten, die Zeit mit in Betracht ziehen.“ Mir sagte A. A., daß ich mich künftig nur mit strategischer Rüstung zu befassen habe. „Du bist jetzt auf dem laufenden, ein anderer dagegen müßte sich erst einmal einarbeiten. Du brauchst dich nur noch etwas in die Dinge zu vertiefen und in den USA nach Möglichkeit die Unterstützung dieser Sache durch Pazifisten herbeizuführen, um der Sache eine breitere Basis zu geben. Und ja auf die Leute in deiner Delegation aufpassen, die sich leicht hinreißen lassen und es für möglich halten, unsere Pläne ohne weiteres aufzugeben.“ B. T. Bacanov[70] erzählte, wie Stalin im Leningrader Fall Kosygin vor dem Untergang gerettet hatte. Stalin erhielt nämlich von Berija und Malenkov ein umfangreiches kompromittierendes Material über ihn, ebenso wie über Voznesenskij, Kuznecov u.a. Und schickte das ganze Material an Kosygin mit der Resolution: „Bitte die Sache zu erklären.“ Kosygin las es durch, kam zu Stalin, erzählte ihm, wie er darüber dachte, und fügte hinzu: „Das ist alles. Das ist die Wahrheit. Nun entscheiden Sie, wie Sie es für nötig halten.“ Und Stalin glaubte ihm. Er hielt überhaupt große Stücke auf Kosygin und wußte ihn gern in seiner Nähe, wenn es sich um Wirtschaftsfragen handelte. 1972 28. Oktober, 22.00 Uhr. [...] Die Rede war vom Entwurf eines künftigen Films über das erste Okkupationsjahr in Ostdeutschland. Ich erinnerte mich an meine Zusammenkünfte mit Stalin zu deutschen Angelegenheiten. [...] 8. April 1945. Lange wartete ich auf die Entscheidung über mein Schicksal. Im Oktober 1944 hatte mich V. M. Molotov zu sich bestellt und gesagt, es bestehe die Absicht, mich zum Botschafter in Schweden zu ernennen. Ich flehte V. M. an, das nicht zu tun: Die Schweden hätten mich satt, und ich sie nicht weniger, ich würde dort nach dem Krieg nichts zu tun haben, usw. „Lieber ein Attaché, aber in Deutschland.“ V. M. entgegnete: „Aber dort ist doch Krieg.“ Ich antwortete, daß der Krieg bald zu Ende sei und man einen Okkupationsapparat vorbereiten müsse. Da wäre auch mein Platz. V. M. gab einen Ächzer von sich und ließ mich in Frieden gehen. Und setzte mir nicht mehr zu. Ich aber war mir über das weitere völlig im ungewissen. Vor lauter Nichtstun studierte ich die Archive des Außenministeriums zu Skandinavien, stieß auf die Insel Bornholm und schrieb an V. M., bei Gelegenheit wäre sie zu okkupieren, um den Deutschen die Manöverfreiheit im Baltikum zu beschränken. Er unterhielt sich mit mir über das Thema, äußerte Zweifel, doch soweit ich mich erinnere, entschied der Krieg über die Sache so, daß wir die Insel eine Zeitlang doch besetzt hielten. So saß ich am 8. April abends im Außenministerium in einem schwedischen bunten Anzug mit einer grellen Krawatte. Mir wurde gesagt, ich solle mich zu einer Einladung in den Kreml bereit halten. Ich antwortete, ich sei bereit. Bald darauf ließ man mich in einen Wagen steigen, fuhr mich in den Kreml und begleitete mich dann auf ungewöhnlichen Wegen, unter strenger Prüfung der Papiere, erstmalig „an die Ecke“, wo sich Stalins Arbeitszimmer befand und wo ich ihn später mehrmals aufsuchen sollte. Als ich bei A. N. Poskrebyšev eintrat, erblickte mich V. M. in meiner papageienhaft bunten Aufmachung und stöhnte laut auf. Ich wußte nicht, daß Stalin bunte Kleidung nicht mochte. Übrigens hatte ich den Anzug zufällig angelegt (richtiger: gekauft und dann eben getragen, was ich gekauft hatte). Bald danach hieß es: „Bitte eintreten.“ Und ich betrat das Arbeitszimmer von I. V. Er sah mich aufmerksam, in seinen Schnurrbart hineinlächelnd, an. Dann sagte er V. M. etwas und Vyšinskij, soweit ich mich erinnere, etwas über irgendeine Antwort an Eisenhower an die Front. Sie gingen, um einen Entwurf vorzubereiten, ich aber blieb aus irgendeinem Grund im Arbeitszimmer und beobachtete im Stehen alles, was um mich her vorging. Stalin hörte sich zuerst den Bericht des Generalstabschefs A. I. Antonov über die Operation zum Durchbruch durch die deutsche Verteidigung an der Oder an. Antonov nannte die Zahl der Geschütze, um die Žukov gebeten hatte. Stalin sagte streng: „Nicht geben. Was er hat, wird ihm ohnehin reichen. Er möchte eine dreifache Überlegenheit haben. Soll er doch auch die Flakartillerie für den Durchbruch einsetzen.“ Während Antonov weiter berichtete, trug Stalin noch mehrere Korrekturen ein, fragte nach der Position von Kommandeuren, deren Namen er nannte, dann befaßte er sich mit der Lage im Raum der Einkreisung der Deutschen bei Königsberg. Inzwischen stellte sich I. I. Il’ičev (damals stellvertretender Leiter der Hauptverwaltung Aufklärung) ein und berichtete über einen deutschen General, der in Rumänien gefangengenommen worden war. Nach ihm berichtete Berija über etwas. Dann kamen V. M. [Molotov] und A. Ja. [Vyšinskij] zurück. Nun wurde das Telegramm Eisenhowers verlesen, der fragte, wo und wann sich die sowjetischen und die amerikanischen Truppen begegnen könnten. „Was will der von mir?“ fragte Stalin, aber niemand gab ihm eine Antwort. Er ging zu anderen Angelegenheiten über und sagte nach einer halben Stunde plötzlich: „Er will unsere Pläne erfahren. Aber ich sage ihm nichts.“ Die Anwesenden stimmten dem stumm zu. Die Arbeit ging weiter. Es verblüffte mich, daß Stalin bei der Arbeit nur ab und zu ein paar Worte fallen ließ und, ohne auch nur eine Sekunde zu verlieren, zu immer neuen Dingen überging. Offenbar war das sein gewohnter Arbeitsstil. Ab und zu blickte er zu mir hin, und es schien mir, daß er, weit davon entfernt, mit meiner Anwesenheit unzufrieden zu sein, sogar verstand und billigte, daß ich ohne jede Beschäftigung in seinem Arbeitszimmer hing. Dann wandte er sich an mich: „Wir ernennen Sie zum Leiter einer speziellen Regierungsgruppe bei Konev.“ [...] 1973 14. Juli. [...] Dieser Tage waren wir beim Maler Andronov und bei Egoršina und nahmen drei Sachen „zum zeitweiligen Hängen“ mit. Bei A. V. Falk kauften wir sein wunderbares Gemälde „Paris“, mit einem riesigen Himmel, in den die perlmutterne Stadt unten getaucht ist. Vor kurzem hatten wir A. I. Mikojan zu uns nach Hause mitgebracht. Er staunte über die Bilder, sagte, er habe Chruščev davon abgeraten, sich zur Malkunst zu äußern („Du verstehst ja nichts davon, wozu mischst du dich da ein?!“). Seine Meinung über Stalin war nicht eindeutig: „Ein genialer, aber böser Mensch. Er befahl, Michoėls zu vernichten, und verlieh einen Orden dafür. Dann haben wir den Orden weggenommen, aber vor Gericht kam keiner – da war ein Befehl ausgeführt worden.“ Als ich sagte, ohne Stalin hätten wir den Krieg nicht gewonnen, antwortete er: „Doch hätten wir ihn gewonnen. Mit einem Volk wie dem russischen hätten wir schon gewonnen.“ Auf meine Bemerkung hin, Chruščev habe in den zehn Jahren alles ruiniert, entgegnete er: „Was hat er denn ruiniert? Mais muß sowieso angebaut werden. Freilich nicht bei Moskau.“ 3. August. Gestern Walter Ulbricht gestorben. Viele Jahre gemeinsame Arbeit verbanden mich mit ihm. Ich erinnere mich an meine ersten Begegnungen mit ihm 1945. Er hielt sich eher im Hintergrund, befaßte sich mit der Organisation der Macht und den inneren Angelegenheiten der Zone und der Partei. Was ihn auszeichnete, waren große Energie und Zielstrebigkeit. In jene Zeit fiel unsere gemeinsame Arbeit an der Organisation der Bodenreform. Ich fuhr mit ihm in einem Wagen zusammen mit den Vortruppen der Sowjetarmee, die den sich aus Thüringen und Sachsen-Anhalt in ihre Zone zurückziehenden Amerikanern folgten. In einem Dorf fiel uns auf, wie selbstsicher und frech ein Gutsverwalter mit den Bauern umsprang. Walter unterhielt sich mit den Bauern, und unterwegs kristallisierte sich bei unserem Gespräch die gemeinsame Meinung über die Notwendigkeit einer unverzüglichen Reform heraus. Ich begann mit der Vorbereitung von Gesetzentwürfen und Durchführungsverordnungen, Walter und Wilhelm Pieck gingen an die Organisation der entsprechenden Arbeit in der Partei und im Parteienblock. Es arbeitete sich einträchtig und froh. Die Reform brachte uns auch persönlich einander näher. Später war ich recht oft zusammen mit Pieck, Ulbricht und Grotewohl bei Gen. Stalin. Das gab uns Energie für Monate. Damals herrschte zwischen uns volles gegenseitiges Verständnis. Er organisierte im Frühjahr 1946 die Desavouierung der Konzeption von Ackermann[71] über den „besonderen deutschen Weg zum Sozialismus“. Offenbar war da auch ein Element des Machtkampfes mit dabei. Bei der Organisation der SED spielten Pieck und Grotewohl die führende Rolle. Ulbricht war „der Motor der Partei“ (Pieck). Er bemühte sich um die erste Position in der Partei, wozu er zuerst die Persönlichkeit Thälmanns herabzumindern suchte, mit dem er laut Gerüchten Zusammenstöße gehabt hatte, als Walter Sekretär der Berliner Organisation gewesen war. Dann versuchte Ulbricht, auch Pieck, besonders aber Grotewohl zu ducken, aber die SMAD (und das ZK unserer Partei) verhinderten das, worauf Ulbricht nervös reagierte. Damals (1949–1952) kam es vor, daß wir auch zusammenstießen, bisweilen recht hitzig. Walter wies die örtlichen Organisationen an, ohne Wissen des ZK der SED den Organen der Sowjetischen Kontrollkommission keine Informationen zu überlassen. Ich und Gen. Čujkov erhoben Einwände, und ich bemerkte, daß eine solche Linie „einen Beigeschmack von Nationalismus“ habe. „Grob gesagt“, entgegnete Walter. „Ich sagte, was ich denke“, antwortete ich. Zu einem Konflikt kam es nicht, weil wir beide uns doch recht gut verstanden. Allmählich wuchs Walter zu einer Art „Führergestalt“ heran und versuchte, alle über alles zu belehren. Ich machte Gen. Stalin schon 1949 auf Mängel in Ulbrichts Haltung aufmerksam. Stalin stimmte mir in Details zu, betonte jedoch Ulbrichts Ergebenheit. 1953 gab es große Umwälzungen. In den Vordergrund im ZK (auf die Rolle des Mannes Nr. 2) rückte seit Juni 1953 Gen. Schirdewahn,[72] ein überzeugtes Parteimitglied, gebildet und kühn. Ich war damals schon in Moskau. G. M. Puškin unterstützte Schirdewahn gegen Ulbricht. Infolge eines Skandals, den Ulbricht im ZK machte, wurde Puškin geschaßt (ins ZK überführt) und Schirdewahn aus der Partei ausgeschlossen. Walter leitete die SED nun uneingeschränkt. Innerhalb der Partei war in all den sechziger Jahren der Kampf zwischen den kommunistischen und nationalkommunistischen Kräften im Gange. Walter vertrat eine alles in allem richtige Linie, aber gegen das Ende schätzte er seine Möglichkeiten nicht mehr objektiv ein. Das bereitete seine Entmachtung vor, bei der, neben Honecker und Stoph, Gen. Abrasimov[73] eine große Rolle spielte. In den letzten zwei bis drei Jahren vertrug sich Walter nicht mit der neuen Führung. Honecker war auf jede Weise bemüht, ihn aus der Politik herauszuhalten. Erst zwei oder drei Monate vor dem Tod wurde Walter nicht ohne Dazutun des ZK der KPdSU in den Parteidokumenten wieder neben Pieck und Grotewohl erwähnt. 1974 19. Mai, 22.10. Am Tage ein langes Gespräch mit Šostakovič, an die zwei Stunden. Wir sprachen über alles. [...] Ich sagte, daß Šolochov schlechter geworden und verkümmert ist, nach Tvardovskijs Behauptung wegen der Tragödien um die Entkulakisierung, jemand seiner Angehörigen sei betroffen gewesen. Ähnliches war auch Tvardovskij widerfahren, er selbst sagte es mir. „Das denke ich nicht“, entgegnete Dmitrij Dmitrievič. [...] „Ein großer Künstler kann nicht aus persönlichen Motiven heraus seine Einschätzung der Ereignisse verändern, die allgemeinen Zusammenhänge aus dem Auge lassen. Es kommt vor, daß man großen Schmerz, wirklich höllische Qualen leidet, aber meine Überzeugungen und meinen Glauben zu wechseln – nein, dazu bin ich nicht imstande. Für einen Künstler bedeutet das den Untergang.“ In bezug auf die Sovprop[74] stimmte er meiner Meinung zu, daß die Alten (Leonov, Šolochov, Fedin) seit langem zu nichts mehr fähig sind, die Jugend aber aus irgendeinem Grund zurückbleibt. Es gab noch viele verschiedene Dinge, aber alles läßt sich nicht aufschreiben. [...] 23. Juni, 22.00 Uhr. Heute wurde Marschall G. K. Žukov begraben. Er ist am 18. Juni in der Granovskij-Straße, wo er zuerst mit einem Insult eingeliefert wurde, an einem Herzinfarkt gestorben. Zwei Monate zuvor war seine Frau gestorben, die 30–35 Jahre jünger war als er. [...] Das Kommuniqué über ihn war herzlich, doch zugleich leicht reserviert, nur Peskov in der Komsomol’skaja pravda schrieb, daß man in Zukunft die Namen Suvorov, Kutuzov, Žukov in einem Atem nennen werde. 23. November, 10.30 Uhr. Inzwischen ist mir der Gedanke gekommen, etwas zum 30. Jahrestag der Beendigung des Krieges zu schreiben. Zuerst dachte ich an eine Art Memoiren, dann vertiefte ich mich in das Thema, und das führte zu Allgemeinerem. [...] Im Frühjahr 1942 wurde auf Beschluß des Politbüros eine Kommission mit V. M. Molotov an der Spitze gebildet; sie sollte die Kriegsziele und Probleme der Nachkriegsregelung ausarbeiten (das entsprechende Rundschreiben ging von der 3. Europäischen Abteilung des Volkskommissariats für Auswärtige Angelegenheiten aus, als ich noch die Abteilung leitete). Dann wurde daran „ab und zu“[75] gearbeitet: im Zuge der Verhandlungen mit den Alliierten, im Zusammenhang mit Teheran, Jalta, der Arbeit der EKK (N. V. Ivanov)[76] u.a. 1944 nahm die Arbeit einen recht konkreten und zielgerichteten Charakter an, zum Beispiel entstand eine von I. M. Majskij geleitete Reparationskommission, doch die Ergebnisse ihrer Tätigkeit wurden als untauglich abgewiesen, Majskij mußte aus dem Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten und unter die Akademiemitglieder gehen. Übrigens war ich Zeuge eines Telefongesprächs von V. M. mit Stalin, als die Frage „Wohin mit ihm?“ besprochen wurde, und I. V. noch fragte, was konkret Majskij geschrieben habe, und V. M. antwortete, es seien einige kleinere Arbeiten über die englische Arbeiterbewegung. [...] 1975 23. Jan., 2.30 Uhr. [...] Am Tage ein Empfang bei Kissinger auf der Sobač’ja Ploščadka.[77] Die Amerikaner wiesen mir nach einem Schema einen Platz am Haupttisch [...] an. Sonnenfeld[78] versuchte mir den Gedanken zu suggerieren, daß die Militärs, da in bezug auf die strategischen Offensivwaffen eine Patt-Situation herrsche, nunmehr auf die Führung bei Flügelraketen bedacht seien, um vermittels dieser Waffen die jeweiligen Standpunkte beeinflussen zu können. Er sagte, bisweilen sei es leichter, mit uns zu verhandeln als mit den Militärs innerhalb der eigenen Regierung. Gromyko nannte mich im Scherz Semenov den Strategischen. [...] Dann sagte A. A. [Gromyko]: „Sie mögen tun, was Sie wollen, wir aber werden folgenderweise handeln: Wir werden die Zusammensetzung der Delegation in Genf binnen 8 Jahren nicht verändern, und wenn die Leute keinen Mist bauen, werden wir ihnen noch 8 Jahre hinzufügen.“ Kissinger entgegnete, das sei nicht verwunderlich: Gromyko selbst habe vier Generalsekretäre überlebt, und das sei bei uns üblich. A. A. fragte Dobrynin, „welchen Ausdruck Semenovs Gesicht“ nach dieser seiner Erklärung gehabt habe. Dobrynin tat das mit einem Scherz ab. Ich sagte Kissinger: „Nun sehen Sie, für 8 Jahre habe ich noch Brot und Wein.“ In Kissingers Reden stand unsere Frage in Vordergrund. Über die [Gefahr] einer Vernichtung der Menschheit bzw. einer Alternative dazu. A. A. [Gromyko] betonte, daß dies eine schwierige Frage sei, viel Zeit in Anspruch nehmen werde und einer gründlichen Erörterung bedürfe. Natürlich sei es unter sonst gleichen Bedingungen besser, das Abkommen schon bald zu schließen. Bei der Ähnlichkeit der Worte steckte darin eine verborgene Polemik. [...] 2. Mai, 23.00. Menton, an der Côte d’Azur in Frankreich. Das zentrale Ereignis des Tages: ein Besuch bei Marc Zacharovič Chagall und die Unterhaltung mit ihm, dann die Besichtigung seines Museums in Nizza. Er lebt im Flecken Saint-Paul-de-Vence, 12 km von Nizza entfernt, etwas höher zum Gebirge hin. Unter zahlreichen schattigen Stellen ein Tor mit dem Einfahrtverbot und ein steiler Anstieg. Ringsum Wald, links, etwas weiter von der Einfahrt, ein Hilfsbau, rechts das eher bescheidene (einstöckige) Wohnhaus. [...] Empfangszimmer, ein modernes bequemes Sofa, mehrere Sessel, Stühle. An der Wand Gemälde: „Pferd mit Fohlen im Bauch, Fuhre und Weib“ (Replik aus der frühen Periode), das Bild der Hochzeit von Marc und Bella (vorrevolutionär), ein großes Gemälde in Rot, aus späterer Zeit, doch auch darin lebt Vitebsk fort, noch ein Gemälde. Auf der Veranda, die auf den Garten geht, ist ein frohes, lichtes Mosaik. Eine Renoir-Plastik, eigene Skulpturen, eine Ikone, noch irgend etwas. Bald trat mit schnellen Schritten Val. Grig. (Vava)[79] ein, um die 60, eine schöne Jüdin von orientalischem Typ aus England, sehr freundlich, vollbusig, aber nicht beleibt, unabhängig. „Er kommt gleich“, sagte sie zweimal und ging in ein anderes Zimmer. Wenige Minuten später trat – für sein Alter (88) schnell – ein rüstiger, lächelnder Chagall ein. Sehr lebendig. Ich küßte ihm die Hand. „Aber, wozu denn!“ sagte er verwirrt. Ich erklärte ihm, wie wir und viele in der Sowjetunion ihn verehren. Für uns alle – mich, Lika und Lenočka – war diese Begegnung ein aufwühlendes Erlebnis, und er begriff das. Wir zeigten ihm eine kleine Arbeit von Tyšler. „Begabt“, bemerkte er. Dann eine Landschaft aus Vereja, ebenfalls von ihm. „Sie ist traurig. Er hat es nicht gut dort. Schlechte Stimmung“, sagte er darauf. Halb billigend, aber nicht allzu sehr. „Ich erinnere mich an den Tyšler von 1919“, fügte er hinzu. „So jung und klein. Rabinovič und Tyšler trieben sich damals ständig im Jüdischen Theater herum. Ich war da von allem Anfang an dabei.“ Auf Fonvizins Aquarelle reagierte er reserviert. Über die Trojka sagte er: „Gekonnt, aber ohne innere Sammlung.“ Und über die perlmutterne Reiterin zu Roß: „Man sieht, daß er was kann. Begabt.“ Sehr lebhaft reagierte er auf N. I. Andronovs Aquarell „Das Weiße Meer“ (1973). „Wer ist das? Gute Arbeit. Lebensfroh. Habt ihr viele von dieser Art? Wahrscheinlich wenige. Man läßt sie wohl kaum ruhig arbeiten.“ Ich sagte, ja doch, es gibt sie, und nicht nur einen einzelnen, sondern eine Gruppe, wobei sie gut arbeiten, und Andronov malte (gemeinsam mit Vasnecov und Ėl’konin) ein großes Mosaik am Filmtheater „Oktjabr’“. „Haben wir nicht gesehen“, entgegnete Vava. „Als wir in Moskau waren, ging Marc abends nicht nach draußen.“ Wir schenkten ihm Andronovs Aquarell mit einer Widmung für Chagall zum Andenken. 1976 3. Oktober. Brachte Lenja Kogan[80] zum Flughafen, aß mit ihm zu Mittag. Er ist immer derselbe, sagt, er sei alt geworden. Erzählte wenig angenehme Dinge. [...] Anläßlich des 70. Geburtstags Šostakovičs – „des genialen und letzten Symphonikers“ – herrschte ein enormer Andrang, alles, was in Moskau und der Provinz zur Kultur gehört, kam, um das Andenken des großen Komponisten zu ehren. Aber Demičev[81] kam nicht, es hieß, Sie brauchen nicht hinzugehen (dabei ist Demičev nicht einmal ein Stück Dreck von Šostakovič wert). Hochsommer, es spielten nur die Überreste des Orchesters, alle waren auf Urlaub, wären gern aus Kislovodsk u.a. gekommen, aber – kein Geld! Dabei waren Millionen für Schriftstellerheime und sonstige Künstlerpensionen draufgegangen. Furceva drückte im Ministerrat den Beschluß durch, laut dem Svjatoslav Richter, Ėmil’ Gillel’s und Leonid Kogan für ihre ausländischen Gastspielreisen etwas mehr gezahlt wurde. Vor kurzem ist der Beschluß aufgehoben worden. „Nun, mir macht das nichts aus. Ich habe dem Staat zwei Millionen Dollar abgeliefert. Aber wozu nur? Es besteht die absurde Anordnung, daß sich ein sowjetischer Musiker nicht über 90 Tage im Ausland aufhalten darf. Wenn aber Richter etwas mit von Karajan vereinbart hat und das 95 Tage in Anspruch nimmt – das darf also nicht sein? D. Ojstrach mußte sich mit einem jungen Mädel von der Glavkoncert[82] darüber ‚beraten‘, was auszuschließen sei. Sie sagte ihm: ‚BRD‘, er aber hatte dort Vereinbarungen mit großen Dirigenten. Richter ist 64 Jahre alt, jedes Konzert zählt, es fällt ihm einfach schwer. Er lebt natürlich nicht gerade im Überfluß, gleich uns allen.“ Kogan sagte, daß ein (dickes) Buch Šneersons über Šostakovič demnächst herauskommt (beschaffen!). Alles in allem ein nützliches Gespräch. Wahrscheinlich schreibe ich Ju. V. [Andropov] ein paar Zeilen darüber. 1977 9. Februar. [...] Mir wurde über ein Gespräch A. Gerasimovs und Vučetičs mit Stalin berichtet. Es sprach Gerasimov, und als Stalin Vučetič nach seiner Meinung fragte, sagte Gerasimov, die sei belanglos, weil Vučetič doch ein Grünschnabel sei. Stalin schwieg dazu, dann aber, nach einiger Zeit, fragte er: „Wie ist es, Gen. Vučetič: Fällt es schwer, wie ein Grünschnabel behandelt zu werden?“ Vučetič antwortete, nein, nicht sehr, und fragte Stalin, was Altsein sei. „Das ist eine komplizierte Frage“, sagte Stalin nachdenklich. „Mir scheint, Altsein bedeutet, das Gefühl für die Gegenwart verloren zu haben.“ 1978 11. Juni. Ich erinnere mich an eine Unterhaltung mit Stalin 1952 auf seiner Datscha im Beisein Molotovs und anderer Mitglieder des Politbüros. Stalin sagte: „Ich weiß, Sie sind ein Arbeitersohn. Wir mußten nach dem Oktober die alten Vorstellungen verändern, als wir zum regulären Aufbau des Sozialismus übergingen. Der Arbeiter zeigte sich als großartiger Zerstörer der alten Gesellschaft, aber für den Aufbau einer neuen Gesellschaft fehlte es ihm an notwendigem Wissen. Die bürgerliche Intelligenz besaß das Wissen, aber viele davon schwankten. Wir mußten uns auf die Kinder von Arbeitern sowie auch von Bauern stützen, ihnen zum Wissen verhelfen, sie mit der Kenntnis von Technik, Wirtschaft, Kultur wappnen. Aus diesen Menschen schufen wir die Hauptbasis unseres Aufbaus und dessen Führung. Das gleiche geschah später auch in der Diplomatie. Wer ist bei uns im Politbüro noch von den Arbeitern übriggeblieben? Höchstens Chruščev. Aber auch ihm fehlen Kenntnisse.“ Chruščev hatte es plötzlich furchtbar eilig und verließ das Zimmer im Nu. 1979 5. September. L. M. Zamjatin sprach über Molotov. Der schreibt bis jetzt, liefert seine Manuskripte beim IMEL[83] ab, wo er Zutritt zu den Archiven von 1911–1922 hat. L. M.[84] hat ihn vor ein paar Jahren gesehen: munter und rüstig. Allmonatlich überweist er seine Parteibeiträge auf ein Konto für das ZK der KPdSU. L. M. fragte bei den Leuten oben, ob es nicht ginge, die Frage seiner Mitgliedschaft in der Partei zu revidieren. Ihm wurde gesagt, diese Frage habe zweimal zur Erörterung gestanden, darunter vor dem XXV. Parteitag. Aber Molotov selbst erschwere die Lösung der Frage. Er wolle die Linie, die die Partei zu Stalins Zeiten verfolgte, nicht als irrtümlich anerkennen. „Im Gegenteil“, antwortet er, „mit jedem Jahr bestätigen die Ereignisse nur die Richtigkeit jener Linie.“ Einmal sah L. M. bei einem Spaziergang mit Lapin in Žukovka auch Molotov. „Wie steht es mit China?“ fragte Molotov. Lapin antwortete. „Man sollte nach Wegen zur Annäherung an dieses Land suchen“ [sagte Molotov]. – „Dieser Standpunkt von Ihnen ist bekannt, er wird von der Partei nicht geteilt.“ – „Ich aber halte die heutige Linie für irrtümlich. Sie muß überprüft werden“, entgegnete Molotov kurz und bündig. [...] 1980 30. Juni. Schmidt, Genscher, van Well[85] u.a. sind mit einem Flugzeug gekommen. Ihre Position ist veränderlich und auf teutonische Art leicht beschränkt. Schmidt weigerte sich in einem Gespräch mit L. I. [Brežnev], das Programm der Wirtschaftszusammenarbeit zu unterzeichnen: Die Amerikaner seien ohnehin wütend. 1. Juli. Erfolgreicher Abschluß der Verhandlungen. Schmidt fragte mich: „Zufrieden?!“ – „Ja.“ – „Wir aber sind sehr zufrieden. Was kommt auf der Schlußsitzung?“ – „Das Kommuniqué bestätigen. Die Plattform unterzeichnen [...]“ – „Gut.“ Schmidt erwartete immer noch irgendeine Falle. „Wo ist denn mein dicker Begleiter (Genscher) hin?“ – „Wird sich schon finden. Viel Erfolg“, verabschiedete ich mich als erster. 2. Juli. [...] Es ist offensichtlich, daß L. I. Brežnev einen Schlüssel zu ihren Seelen zu finden wußte, besonders am zweiten Tag waren sie alle von ihm eingenommen. Als er, eine Variante nach der anderen, die möglichen Abläufe bezüglich der Mittelstreckenraketen darlegte und sich überraschend einer dritten näherte, nämlich: die Verhandlungen über Mittelstreckenraketen und die amerikanischen vorgelagerten Kernwaffenmittel (eben über beide diese Mittel) begännen unverzüglich, eben jetzt, aber ihre Ergebnisse würden in SALT-3 erst nach Ratifizierung von SALT-2 aufgenommen, da traten ihnen buchstäblich die Augen aus dem Kopf, und Schmidt, der das interessant nannte, wiederholte wie ein Schulknabe, ob er den Vorschlag auch richtig verstehe, wobei von Leonid Il’ičs Seite immer wieder die Worte zu hören waren: „Richtig. Genau. Stimmt.“ Da brachte Schmidt die Rede auf Genscher, der (mit van Well) in die USA reisen müsse, um diese Vorschläge Carter zu überbringen, und seine Stimme verriet einen Funken von Triumph. Dann schloß sich A. N. Kosygin dem Gespräch an. Er sprach von den Wirtschaftsbeziehungen, insbesondere von der Gasrohrleitung und der Braunkohlelagerstätte Kačinskij („zwei der weltgrößten Objekte“), davon, daß die Seiten hier ein wenig Tempo zulegen sollten, es gebe ja noch andere Projekte; da strahlte die gesamte BRD-Delegation buchstäblich, nickte befriedigt, lebhaft dazu und benahm sich wie bei einer spannenden Aufführung. Später sagte mir Schmidt am Eingang zum Großen Kremlpalast: „Das ist interessant. Mich verblüfft bei Kosygin immer die genaue Kenntnis aller Schattierungen der ökonomischen Probleme. Ich habe mich mehrmals mit ihm unterhalten und immer diesen Eindruck gehabt.“ (Kosygin sieht schlecht aus, gelb, mit großen Säcken unter den Augen, ist in seinen Bewegungen gehemmt, spricht dumpf, obwohl die Augen alle zupackend anblicken). Zur letzten Sitzung hätte ich mich beinahe verspätet, aber Schmidt, der die Exemplare des Kommuniqués verglich, kam auch später. Gromyko sagte mir, als er am Verhandlungstisch im Katharinensaal an mir vorbeiging, halb im Flüsterton: „Nun die Unterzeichnung.“ Und man legte mir die russische und die deutsche Fassung des Dokumentes vor und zeigte, wo die Unterschrift zu setzen war. Wieck[86] war aufgeregt, und van Well sagte mir dann im Wagen: „Es ist doch gut, daß das Programm von Ihnen und Wieck unterzeichnet worden ist – Sie beide haben am meisten daran gearbeitet.“ [...] 1983 29. April. Gestern erzählte mir der Dramatiker M. F. Šatrov von seinen Gesprächen mit N. S. Chruščev. In bezug auf Berijas Verhaftung sagte Chruščev, zum Zeitgewinn bei der Wachablösung im Kreml sei vereinbart gewesen, daß sich G. M. Malenkov zu Beginn der Sitzung mit V. S. Semenov telefonisch verbinden und 10–15 Minuten lang den Bericht über die Lage in Berlin entgegennehmen würde. So geschah es, wobei das Gespräch fortdauerte, als die Sitzung schon begonnen hatte, und alle konnten es mithören. Darauf erklärte Chruščev, dies sei nicht eine Sitzung des Rates der Volkskommissare, sondern eine des Präsidiums des ZK, und zur Erörterung stehe Berijas Verhalten. Dieser sprang auf, erklärte, an der Erörterung nicht teilnehmen zu wollen, und stürzte zu einer großen schwarzen Mappe, die er auf einem Fensterbrett abgelegt hatte. Es wurde kurz um die Mappe gekämpft, die sich als leer erwies. Malenkov, der ein blasses Gesicht hatte, drückte auf einen Knopf, auf dieses Signal hin traten Offiziere ein, die Berija verhafteten. Chruščev sagte, daß bei der Vorbereitung dieser Sache Mikojan Schwankungen gezeigt habe, während Molotov glücklich wie ein Kind gewesen sei. [...] 24. November. [Ich erinnere mich an] interessante Züge von L. I. [Brežnev]. Am Ende der viel zu lang geratenen Ansprache Schmidts (2,5 Stunden), der sich in einem Andrang von Ideen verlor, sagte Brežnev beinahe kindlich: „Ich verstehe nichts davon, was er sagt.“ Und dies mehrmals, mit großem Leidwesen. Ich war verblüfft. 1985 26. Dezember. Vor drei Tagen faßte ein Plenum des Moskauer Stadtkomitees der KPdSU den Beschluß über die Pensionierung V. V. Grišins. Der neue Sekretär, Gen. B. El’cin, Sekretär des ZK der KPdSU, arbeitete bis vor kurzem in Sverdlovsk. Ein energischer, gesammelter und zielstrebiger Mensch. Er befand sich hier als Mitglied einer ZK-Delegation zu einer Veranstaltung des Moskauer Stadtparteikomitees. [...] 1989 12. Mai. Gestern ein Interview für das ZDF über die antifaschistische demokratische Ordnung von 1945–1949. Ich hatte mich auf eine Diskussion vorbereitet, sah mich jedoch vor die Notwendigkeit gestellt, aus dem Stegreif in deutscher Sprache zu sprechen. Die Genossen sagen, es sei ganz gut geworden. Und in meinem Bewußtsein hat der Gedanke gesiegt, daß ich Erinnerungen daran schreiben muß, wie all das in Wirklichkeit gewesen war, während die Geschichte des Russischen Staates auch von anderen geschrieben werden kann. [...] Kurzum, das ist eine beschlossene Sache. In meinem Bewußtsein habe ich mich natürlich noch nicht endgültig gewendet. Verstehe jedoch, daß diese Wende richtig ist, und ich muß gerade das tun. Die ersten Zeilen treten im Bewußtsein hervor. Hinter mir liegt ein anderes Leben. Knarrend öffnen sich die Fensterläden der Vergangenheit. Gewöhnt, mit den jeweilig aktuellen Fragen zu leben, wende ich mich nur schwer der Vergangenheit, dem Erlebten und Gedachten meiner Generation zu. Aber – alea iacta est. Ich muß über alles schreiben, wie es war, denn die Vergangenheit läßt sich nicht umschreiben, sie ist nicht in der Macht des Menschen. Aber in der Vergangenheit gibt es Lehren für Gegenwart und Zukunft. Hinzu kommen die Dimensionen der Weltgeschichte, die sich nicht ummodeln lassen, wenn es auch schwerfällt, über sie heutzutage zu schreiben. 1990 23. August. Das Wetter schlägt um, ist scheußlich. Schwerer Kopf. Miese Laune – schon ganz schlimm. Ich darf nicht so emotional sein – ein zweiter Anfall, und meine Aktivität ist zu Ende. Dabei enthalten die Manuskripte und Aufzeichnungen viel Sachliches, das für die Partei nützlich wäre. Nur daß es mir nicht gelingt, alles zu einem kurzen notwendigen, umfassenden Wort zusammenzuschmelzen ... Die Gedanken laufen auseinander wie Kakerlaken. Jetzt lieber einen Spaziergang machen. Wenigstens für eine Stunde. Oder soll ich etwa ins Kissen weinen, wie in Berlin beim Sturz der DDR? Nein, nicht weinen! 12. September. [...] Morgen geht es in die BRD.[87] Noch keine Fahrkarten. Nichts gepackt. [...] Demonstrationen in der Stadt. Im Obersten Sowjet wird Ryžkov[88] „verhört“. [...] M. S. [Gorbačev] traf sich in Helsinki mit Bush.[89] Ergebnisse unklar. Der Westen will nicht, daß wir uns als sozialistische Macht aufrichten. [...] Gestern war Gena[90] hier, blieb sieben Stunden lang bei uns. Die verflogen im Nu. Er ist bei den 4+2-Verhandlungen.[91] Jetzt ist eine Vereinbarung mit der BRD erreicht worden. 1991 31. Dezember, 19.10 Uhr Ortszeit (Köln). Hier wird noch das alte Jahr verabschiedet. Über Vladivostok aber geht bereits die Sonne des neuen Jahres, die von 1992, auf. Wir feiern in diesem Jahr erstmalig zu zweit, Lika und ich. Die Zimmer sind voller Blumen und Gemälde unserer Maler. [...] Festliche Stimmung. Ich lebe mit allen drei Walen, auf denen sich die Welt hält (Gestern – Heute – Morgen in der Weltgeschichte). Gratulierte dem Botschafter V. P. Terechov zum anbrechenden Neujahr. Er feiert es ebenfalls im Familienkreis, mit Galina Michajlovna und den Enkelkindern. „Wer redet schon von Glück“, meinte er. „Wenn es doch wenigstens einigermaßen erträglich wäre ...“ Nachrichten aus Moskau widersprüchlich.
(Übersetzung: Nina Letneva) [1] Die Welt vom 29. Mai 1953. [2] Semjonow, Wladimir S.: Von Stalin bis Gorbatschow. Ein halbes Jahrhundert in diplomatischer Mission 1939–1991. Berlin 1995. [3] Smetona, Antanas, 1926–1940 Präsident Litauens. [4] Weizsäcker, Ernst von, 1936–1938 Leiter der politischen Abteilung im Auswärtigen Amt Deutschlands; 1938–1943 Staatssekretär im Auswärtigen Amt Deutschlands; 1943–1945 Botschafter Deutschlands im Vatikan. [5] Dekanozov, Vladimir Georgjevič, 1938–1939 Leiter der Hauptverwaltung für Staatssicherheit im Volkskommissariat für Innere Angelegenheiten der UdSSR (Auslandsaufklärung); 1939–1947 Stellvertreter des Volkskommissars (des Ministers) für Auswärtige Angelegenheiten; 1939–1941 bevollmächtigter Vertreter in Deutschland. [6] Vyšinskij, Andrej Januar’evič, 1933–1939 stellvertretender Generalstaatsanwalt, dann Generalstaatsanwalt der UdSSR; 1940–1946 Erster Stellvertreter des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten; 1946–1949 stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten; 1949–1953 Minister für Auswärtige Angelegenheiten; 1953–1954 Erster Stellvertreter des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten und Ständiger Vertreter der UdSSR bei der UNO. [7] Lozovskij, Solomon Abramovič, 1939–1946 stellvertretender Volkskommissar (Minister) für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR; stellvertretender Leiter des Sovinformbüros. [8] Kollontaj, Alexandra Michajlovna, 1930–1945 Gesandte der UdSSR in Schweden. [9] Karl V. Gustav. [10] Nexö, Martin Andersen, dänischer Schriftsteller; lebte während des Krieges in Schweden, dann in der DDR. [11] Lattre de Tassigny, Jean Marie de, 1943 Oberbefehlshaber der Truppen der Bewegung „La France combattante“; 1944 Befehlshaber der 1. französischen Armee; 1950–1952 Oberbefehslhaber der französischen Truppen in Indochina. [12] Clay, Lucius Dubignon, 1945–1947 stellvertretender Chef der amerikanischen Militäradministration in Deutschland; 1947–1949 Oberbefehlshaber der US-Truppen in Europa und Chef der Militäradministration der USA in Deutschland. [13] Robertson, Brian Hubert, 1945–1947 stellvertretender Chef der britischen Militäradministration in Deutschland, ab 1947 Oberbefehlshaber der Truppen Großbritanniens und Chef der britischen Militäradministration in Deutschland. [14] Kirkpatrick, Ivan, in den Vorkriegsjahren Erster Sekretär der britischen Botschaft in Berlin, im weiteren stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten Großbritanniens. [15] Becher, Johannes Robert, deutscher Dichter, Autor des Textes der Staatshymne der DDR; 1954–1958 Kulturminister der DDR. [16] Nagel, Otto, deutscher Maler, einer der Begründer des Kulturbundes der DDR. [17] Puškin, Georgij Maksimovič, ab 1942 Leiter der 3. Europäischen Abteilung im Volkskommissariat für Auswärtige Angelegenheiten, 1945–1948 politischer Berater der Alliierten Kontrollkommission und Gesandter der UdSSR in Ungarn; 1949–1952 Leiter der diplomatischen Mission der UdSSR in der DDR; ab 1952 stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR; 1954–1958 sowjetischer Botschafter in der DDR; 1959–1963 stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR. [18] Kiselev, Evgenij Dmitrievič, 1938–1939 Mitarbeiter des Konsulats der UdSSR in Klaipeda; 1940–1941 Konsul, dann Generalkonsul der UdSSR in Königsberg; 1945–1948 politischer Berater des Hochkommissars der UdSSR in der Alliierten Kommission für Österreich; 1955–1958 Botschafter der UdSSR in Ägypten; 1958–1959 Botschafter in der Vereinigten Arabischen Republik; 1959–1962 Leiter der Abteilung Naher Osten im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR; 1962–1963 stellvertretender UNO-Generalsekretär. [19] Smirnov, Andrej Andreevič, 1940–1941 Rat der bevollmächtigten Vertretung der UdSSR in Deutschland; 1941–1943 Botschafter der UdSSR im Iran; 1943–1949 Leiter der 3. Europäischen Abteilung im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten; 1946–1949 stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR; 1956–1957 Botschafter der UdSSR in Österreich; 1957–1966 Botschafter der UdSSR in der BRD; ab 1973 stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR. [20] Bidault, Georges, 1946 und 1949–1950 Ministerpräsident Frankreichs; einer der Begründer der Partei MRP (Republikanische Volksbewegung). 1944–1954 Mitglied der französischen Regierung; 1961 Beitritt zur Partei OAS, 1962 Ausreise aus Frankreich nach dem Verbot der OAS, 1968 Heimkehr nach der Amnestie. [21] Wahrscheinlich Auriol, Vincent, 1947–1954 Präsident Frankreichs. [22] Kosygin, Aleksej Nikolaevič, 1940–1953, 1953–1956, 1956–1960 stellvertretender Vorsitzender des Ministerrates der UdSSR; 1964–1980 Vorsitzender des Ministerrates der UdSSR. [23] Leonov, Leonid Maksimovič, Schriftsteller, Mitglied der Akademie der Wissenschaften der UdSSR. [24] Rusk, Dean, 1961–1969 Minister für Auswärtige Angelegenheiten der USA. [25] Stevenson, Adlay, führender Vertreter der Demokratischen Partei der USA, 1961–1965 Ständiger USA-Vertreter bei der UNO; Präsidentschaftskandidat bei den Wahlen in den USA von 1952 und 1956. [26] Couve de Murville, Maurice, 1958–1968 Minister für Auswärtige Angelegenheiten Frankreichs, 1968–1969 Ministerpräsident Frankreichs. [27] Bolz, Lothar, 1946–1972 Vorsitzender der National-Demokratischen Partei Deutschlands (NDPD), 1953–1965 Minister der DDR für Auswärtige Angelegenheiten. [28] Šepilov, Dmitrij Trofimovič, 1952–1956 Chefredakteur der Zeitung Pravda; 1956–1957 Minister für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR; korrespondierendes Mitglied der Russischen Akademie der Wissenschaften. [29] Korin, Pavel Dmitrievič, sowjetischer Maler und Restaurator. [30] Kuznecov, Vasilij Vasil’evič, 1940–1943 stellvertretender Vorsitzender des Staatlichen Plankomitees der UdSSR; 1944–1953 Vorsitzender des Zentralrates der Sowjetischen Gewerkschaften, 1946–1950 Vorsitzender des Nationalitätensowjets des Obersten Sowjets der UdSSR; ab 1953 Botschafter der UdSSR in China; ab 1955 Erster Stellvertreter des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR; 1977–1986 Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR. [31] Aseev, Nikolaj Nikolaevič, russischer Dichter. [32] Livanov, Boris Nikolaevič, 1924–1974 Schauspieler des MChAT, Volkskünstler der UdSSR. [33] Romadin, Nikolaj Michajlovič, Volkskünstler der UdSSR, Mitglied der Akademie der Künste der UdSSR. [34] Nisskij, Georgij Grigor’evič, Maler, Volkskünstler der RSFSR. [35] Satjukov, Pavel Alekseevič, Journalist, Chefredakteur der Zeitung Pravda. [36] Stepanov, Vasilij Pavlovič, Chefredakteur der Zeitschrift Kommunist. [37] Adžubej, Aleksej Ivanovič, Chefredakteur der Zeitung Izvestija, Schwiegersohn Chruščevs. [38] Abramjan, Aram Jakovlevič, Urologe, Chirurg, Kunstsammler. [39] Mjasnikov, Aleksandr Leonidovič, Kardiologe, Kunstsammler. [40] Nasser, Gamal Abdel, 1954–1956 Ministerpräsident Ägyptens, ab 1956 Präsident Ägyptens, ab 1958 Präsident der Vereinigten Arabischen Republik, die aus Ägypten und Syrien bestand. [41] Amer, Ministerpräsident der VAR. [42] Sadat, Anwar, 1960–1968 Vorsitzender der Nationalversammlung von Ägypten; 1964–1969 Vizepräsident von Ägypten, 1970–1981 Präsident von Ägypten. [43] Schah-in-schah des Iran Reza Pahlevi und Kaiserin Soraya. [44] Gerhardsen, Einar Henry, führender Vertreter der norwegischen Sozialdemokraten, 1945–1951 und 1955–1965 Ministerpräsident Norwegens. [45] Raab, Julius, 1953–1961 Bundeskanzler Österreichs. [46] Kreisky, Bruno, 1953–1959 Staatssekretär im Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten Österreichs, 1959–1966 Bundesminister für Auswärtige Angelegenheiten Österreichs. 1970–1983 Bundeskanzler Österreichs. [47] Douglas Hume, Alec, 1951–1963 Mitglied der Chamber of Lords des britischen Parlaments, 1960–1963 und 1970–1974 Minister für Auswärtige Angelegenheiten, 1963–1964 Premierminister Großbritanniens. [48] Murphy, Robert Daniel, amerikanischer Diplomat, 1944–1945 politischer Berater beim Stab des Oberkommandos der alliierten Streitkräfte in Europa; 1945–1949 politischer Berater bei der Militäradministration der USA in Deutschland. [49] Dobrynin, Anatolij Fedorovič, 1955–1957 Assistent des Ministers für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR; 1957–1960 stellvertretender UNO-Generalsekretär; 1961–1986 Botschafter der UdSSR in den USA. [50] Zorin, Valerian Aleksandrovič, 1947–1955, 1956–1960 und 1963–1965 stellvertretender Minister für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR; 1952–1953 und 1960–1963 Ständiger Vertreter der UdSSR bei der UNO; 1955–1956 Botschafter der UdSSR in der BRD. [51] In seiner Jugend unterrichtete Semenov in der Stadt Kirsanov in einem Lehrgang zur Liquidierung des Analphabetentums (likvidacija bezgramotnosti, likbez). [52] Potemkin, Vladimir Petrovič, 1937–1940 Erster Stellvertreter des Volkskommissars für Auswärtige Angelegenheiten der UdSSR; 1940–1946 Volkskommissar für Volksbildung der RSFSR. [53] Ždanov, Andrej Aleksandrovič, 1941–1948 Sekretär des ZK der KPdSU(B); Leiter des Gebiets- und des Stadtparteikomitees Leningrad. [54] Kobulov, Bogdan Zacharovič, 1953 Erster Stellvertreter Berijas, damals Minister für Innere Angelegenheiten der UdSSR; sein Bruder Kobulov, Amajak Zacharovič war 1939–1941 Rat der bevollmächtigten Vertretung der UdSSR in Deutschland und legaler Resident der Aufklärung. Bogdan Kobulov war 1951–1953 Erster Stellvertreter des Chefs des Gulag des Ministeriums für Innere Angelegenheiten der UdSSR und Leiter der Verwaltung für Angelegenheiten der Kriegsgefangenen im Ministerium für Innere Angelegenheiten der UdSSR; am 27. Juni 1953 in Berlin in Semenovs Arbeitszimmer verhaftet; 1954 vom Militärkollegium des Obersten Gerichts der UdSSR zur Todesstrafe durch Erschießen verurteilt. [55] Semenova, Evgenija Nikolaevna (1911–1961), erste Ehefrau. Semenovs. [56] Semenova, Lidija Ivanovna, zweite Ehefrau Semenovs. [57] Vermutlich Švernik, Nikolaj Michajlovič, 1956–1966 Vorsitzender des Parteikontrollkomitees (Parteikommission) beim ZK der KPdSU. [58] Offenbar von Semenov nach Šverniks Worten aufgezeichnet. [59] Gomułka, Władysław, 1945–1948 Generalsekretär des ZK der Polnischen Arbeiterpartei (PPR), Anhänger eines „polnischen Weges zum Sozialismus“. 1948 aus der Partei ausgeschlossen und im August 1951 verhaftet. 1954 aus der Haft entlassen, im Oktober 1956 zum Ersten Sekretär der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei (PZPR) gewählt. Zur Zeit seines Aufenthaltes auf diesem Posten wurde im Dezember 1970 zwischen Polen und der BRD der Vertrag über die Anerkennung der Oder-Neiße-Grenze unterzeichnet. Um die wirtschaftlichen Probleme zu lösen, beschloß die Regierung Gomułka Ende 1970 eine Preiserhöhung bei Lebensmitteln und Energieträgern. Die einsetzenden Unruhen zwangen Gomułka zum Rücktritt. [60] Bierut, Bolesław, 1947–1952 Präsident und Leiter des Landesnationalrates der Volksrepublik Polen; 1952–1954 Vorsitzender des Ministerrates der VR Polen, 1948–1954 Vorsitzender des ZK und des Sekretariats des ZK der Polnischen Vereinigten Arbeiterpartei, 1954–1956 Erster Sekretär des ZK der PZPR. [61] Abrasimov, Petr Andreevič, 1962–1971 und 1975–1983 Botschafter der UdSSR in der DDR. [62] Mežlauk, Valerij Ivanovič, ab 1924 stellvertretender Vorsitzender des Obersten Rats für Volkswirtschaft der UdSSR, ab 1931 Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatlichen Plankomitees, stellvertretender Vorsitzender des Rats der Volkskommissare und des Rats für Arbeit und Verteidigung der UdSSR, Vorsitzender des Staatlichen Plankomitees, 1937 Volkskommissar für Schwerindustrie der UdSSR, ab 1934 Mitglied des ZK der KPdSU(B). 1938 fiel er dem Stalinschen Terror zum Opfer. [63] Politischer Beratender Ausschuß der Länder des Warschauer Vertrages. [64] Novotný, Antonín, 1953–1968 Erster Sekretär des ZK der Kommunistischen Partei der Tschechoslowakei; 1957–1968 Präsident der Tschechoslowakei. [65] Maurer, Ion Georg, 1965–1974 Vorsitzender des Ministerrates der Sozialistischen Republik Rumänien. [66] Mamedov, Enver Nazimovič, Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Komitees für Rundfunk und Fernsehen beim Ministerrat der UdSSR. [67] Baskakov, Vladimir Evvtichianovič, Erster Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatlichen Komitees für Filmwesen beim Ministerrat der UdSSR. [68] Hier und im weiteren: I. V. Stalin. [69] Jakubovskij, Ivan Ignat’evič, Marschall der Sowjetunion, 1957–1965 Erster Stellvertreter des Oberbefehlshabers, dann Oberbefehlshaber der Gruppe der sowjetischen Truppen in Deutschland; 1967–1976 Erster Stellvertreter des Verteidigungsministers der UdSSR und Oberbefehlshaber der Vereinten Streitkräfte der Mitgliedstaaten des Warschauer Vertrages. [70] Bacanov, Boris Terent’evič, 1967–1991 Assistent des Vorsitzenden des Ministerrates der UdSSR, später Leiter des Sekretariats des Ministerrates der UdSSR. [71] Ackermann, Anton, Kandidat des Politbüros des ZK der SED, Staatssekretär im Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten der DDR. [72] Schirdewahn, Karl, Mitglied des Politbüros und Sekretär des ZK der SED, der in der Parteihierarchie als der zweite Mann galt. [73] Abrasimov, Petr Andreevič (s. Anmerkung 61). [74] Sowjetische Propaganda. [75] Deutsch im Original. [76] Ivanov, Nikolaj Vasil’evič, 1944–1945 Berater des Hauptvertreters der UdSSR in der Europäischen Konsultativkommission (EKK). [77] Empfangshaus der USA unweit der Arbat-Straße in Moskau. [78] Sonnenfeld, Helmut, 1969–1974 Mitarbeiter des Nationalen Sicherheitsrates der USA, 1974–1977 Kissingers Assistent. [79] Valentina Grigor’evna, Marc Chagalls Ehefrau. [80] Kogan, Leonid Borisovič, Violinist, Volkskünstler der UdSSR. [81] Demičev, Petr Nilovič, 1961–1974 Sekretär des ZK der KPdSU für Fragen der Ideologie, 1974–1986 Kulturminister der UdSSR. [82] Hauptverwaltung für Theater- und Konzerttätigkeit. [83] Marx-Engels-Lenin-Institut beim ZK der KPdSU. [84] Hier und im weiteren: L. M. Zamjatin. [85] Well, Günther van, Staatssekretär im Bundesministerium für Auswärtige Angelegenheiten der BRD. [86] Wieck, Hans-Georg, 1977–1980 Botschafter der BRD in der UdSSR. [87] Von Herbst 1990 bis zu seinem Tod im Dezember 1992 hielt sich Semenov zur Behandlung in Deutschland auf. [88] Ryžkov, Nikolaj Ivanovič, 1985–1991 Vorsitzender des Ministerrates der UdSSR. [89] Das Treffen des Präsidenten der UdSSR Gorbačev mit dem Präsidenten der USA George Bush sen., bei dem die Krise im Persischen Golf erörtert wurde, fand am 9. September 1990 in Helsinki statt. [90] G. S. Šikin. [91] Verhandlungen zwischen den vier Siegermächten (UdSSR, USA, Großbritannien und Frankreich) und den beiden deutschen Staaten (BRD und DDR) über internationale Aspekte der Wiedervereinigung Deutschlands. |