Lernplattform ILIAS - Ein neues Angebot des Universitätsrechenzentrums

P. Ihrler


Ab sofort stellt das Rechenzentrum eine Installation der Lernplattform ILIAS zur Verfügung. Lehrende können dort Lerninhalte für Studierende online zur Verfügung stellen. Lernplattformen sind eine von mehreren E-Learning-Technologien, die inzwischen einen festen Platz in der Weiterbildung großer Unternehmen haben und zunehmend auch im universitären und schulischen Bereich zum Einsatz kommen.

Wer sich erstmals mit dieser Thematik beschäftigt, wird sich zunächst in einem Begriffswirrwarr zurechtfinden müssen. Wir versuchen deshalb zunächst einmal grob zu orten, wo Lernplattformen anzusiedeln sind und welche Eigenschaften sie haben (sollen).

Lernplattformen gehören zum Komplex "E-Learning" bzw. "E-Teaching". Das "E" in beiden Wörtern steht für "Electronic", gemeint ist damit, dass im Lehr-/Lernkontext digitale Medien, sprich Computer, eingesetzt werden. Heute stehen verschiedene Technologien zur Verfügung, die entweder zum Zwecke des E-Learning eigens entwickelt oder aus anderen Sparten der Medientechnologie herangezogen wurden: Lernsoftware, Web-basierte/Computer-basierte Trainingsanwendungen (WBT, CBT), Autorensysteme aber auch einfach "Folien", die über den Projektor im Hörsaal gezeigt werden. Lernplattformen könnten zunächst ebenfalls als eine solche Technologie angesehen werden. Bei genauerem Hinsehen jedoch wird klar, dass der Anspruch ein größerer ist: Lernplattformen wollen eine ganze E-Learning-Infrastruktur zur Verfügung stellen. Anstatt Lernplattform wird auch oft der Begriff Lernmanagement-System (Learning Management System, LMS) oder auch Learning Content Management System (LCMS) verwendet. LMS meint eher eine Software, die die Organisation von E-Learning-Angeboten unterstützt, also Aufgaben wie Planung, Online-Anmeldung, Bereitstellung von Kursunterlagen, Zertifizierung und Erfolgsmessung. LCMS legt mehr den Fokus auf die Erstellung, Archivierung, Wiederverwendung und Distribution der Lerninhalte, also auf den "Content" selbst. Diese Definitionen sind jedoch nicht trennscharf und sollen nur der Orientierung dienen.

Der Anspruch an E-Learning ist, dass es das Lernen effizienter machen soll und zwar zum einen im Sinne des qualitativen Verbesserns, zum anderen aber in einem ökonomischen, personaleinsparenden Sinne. E-Learning kann das Lernen an der Hochschule fördern. E-Learning muss nicht unbedingt ganze Veranstaltungen ersetzen, in dem es diese "simuliert", sondern es kann herkömmliche Präsenzlehre sinnvoll ergänzen (Blended Learning). Es bietet die Chance, dass an der Universität mehr trainiert wird, z.B. um komplexe Lösungsstrategien einzuüben. Die kooperativen Elemente von Lernplattformen fördern die Zusammenarbeit von Lehrenden und Studierenden untereinander, aber auch zwischen Lehrenden und Studierenden. Auf der Negativliste stehen ökonomische Überlegungen, die man sich in einem Horrorszenario etwa so ausmalen könnte: Es gibt in Zukunft nur noch eine einzige virtuelle Lehr-Universität in ganz Deutschland, an der die Studenten von zu Hause aus am PC studieren. Professoren sind von der Lehre "entlastet" und deshalb braucht man bedeutend weniger Stellen. Im Zuge des Bologna-Prozesses fühlen sich jedoch schon einige Professoren tatsächlich gezwungen, ihre Lehre mithilfe von E-Learning zu rationalisieren, weil sie die Lehre bei gleich bleibendem Personal nicht mehr im bisherigen Umfang anbieten können. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass viele innovative Software-Umgebungen an Universitäten entwickelt wurden, diese zwar in den Unternehmen, aber kaum an den Universitäten selber genutzt werden. Geradezu vor den Kopf gestoßen fühlt man sich, wenn eine Lernplattform in einem Vortrag mit PowerPoint-Folien präsentiert wird und gleichzeitig die Lernplattform als Hypertool für die Vermittlung von Lerninhalten präsentiert wird. Warum benutzt der Vortragende dann nicht gleich die Lernplattform, um seine "Folien" zu erstellen und zu präsentieren?

Eine gute Lernplattform soll einen Großteil folgender Funktionen und Eigenschaften abdecken:

Warum wurde nun gerade ein Produkt namens ILIAS ausgewählt? Der Markt ist vielfältig, dynamisch und fast undurchschaubar, da alle Produkte relativ neu sind. Wie die Zukunft aussieht, welche Produkte sich durchsetzen werden, weiß man noch nicht. Vergleiche sind schwierig, da die Hersteller noch sehr häufig neue, verbesserte Versionen herausgeben. Neben den oben genannten Funktionen und Eigenschaften sind bei der Auswahl die Kosten, die Bedienbarkeit und die Eignung für das universitäre Umfeld entscheidend. ILIAS erfüllt die Bedingungen weitgehend. Die Software selbst ist Open Source, ist damit kostenlos und wird von der Universität Köln und Partnern getragen. Um ILIAS als Dienst des Rechenzentrums zur Verfügung zu stellen, ist in der Anfangsphase keine Investition in die Infrastruktur (Hardware, Software ...) notwendig. Der häufig kritisierte Nachteil, dass ILIAS komplex zu installieren ist, unter anderem deswegen, weil es eine Menge anderer Open Source Software voraussetzt, ist berechtigt. Das betrifft aber nicht die Benutzer, egal ob Studierender oder Lehrender. Benutzer benötigen nur einen Web-Browser und einen Internetanschluss. Wird multimediales Material wie Ton und Video angeboten, werden die entsprechenden Mediaplayer benötigt, genau so wie es auch im normalen Web notwendig ist (weitere Informationen unter www1.ku-eichstaett.de/urz/inkuerze/2_00/multi.html). Ein weiteres Argument für ILIAS ist, dass bereits an einigen Lehrstühlen an der KU Erfahrung mit dem Produkt gesammelt worden ist.

Kurz zum technischen Hintergrund von ILIAS: ILIAS ist ein umfangreiches PHP-Programm. PHP ist eine Skriptsprache, die auf einem Web-Server ausgeführt wird und HTML-Code generiert, den schließlich der Benutzer in seinem Web-Browser zu sehen bekommt. Im Rechenzentrum sind zusätzlich Softwarepakete auf Servern installiert, die ILIAS benötigt: das Datenbanksystem MySQL, ein Webserver, ein PHP- Präprozessor und zahlreiche Programmbibliotheken, die es ermöglichen, Graphiken, XML und andere Dateien zu bearbeiten, zu downloaden, zu uploaden, zu komprimieren etc. Die Komplexität von ILIAS liegt nur auf der Serverseite, der Benutzer braucht lediglich einen Web-Browser.

Damit Sie einen ersten Eindruck von der Arbeitsumgebung bekommen, werden einige Bildschirmabzüge von ILIAS beschrieben:

Das erste Fenster (Abb.1) zeigt einen Teil eines kleinen Lernmoduls, das aus zwei Kapiteln besteht. Ein Kapitel kann aus mehreren Seiten bestehen und es kann beliebig viele Unterkapitel haben. Das Inhaltsverzeichnis auf der linken Seite kann optional vom Lernmodulersteller abgeschaltet werden.

Ausschnitt aus einem Lernmodul von ILIAS

Abb. 1: Ausschnitt aus einem Lernmodul von ILIAS

Abbildung 2 zeigt den Bildschirm eines Dozenten bei der Erstellung eines Lernmoduls. Auch Seiten können einen Namen bekommen, der im Lernmodul optional angezeigt werden kann. Über die Links in einer der oberen Zeilen kann man in die Funktionen "Persönlicher Schreibtisch", "Magazin" usw. wechseln. Das Magazin oder Repository enthält alle Lernmodule, Foren, Übungen etc., die der eingeloggte Benutzer ansehen oder bearbeiten darf. Hier ist auch der Ort, in dem neue Module erstellt werden können. Im rechten unteren Teil ist das eigentliche Arbeitsfeld, in dem Text, Bilder und andere Medien eingegeben werden können. Die Oberfläche erinnert an das Content Management System ZOPE, das der Erstellung der WWW-Seiten der KU dient.

Ausschnitt aus der Autorenumgebung: Erstellung eines Lernmoduls

Abb. 2: Ausschnitt aus der Autorenumgebung: Erstellung eines Lernmoduls

Unter einer Kategorie (Abb. 3) können mehrere inhaltlich zusammengehörige Dinge gesammelt werden. Es kann z.B. Sinn machen, als oberste Kategorieebene die einzelnen Fakultäten zu definieren und als zweite Ebene die Lehrstühle oder die Themenbereiche.

Ausschnitt aus der Autorenumgebung: Erstellung eines neuen Moduls

Abb. 3: Ausschnitt aus der Autorenumgebung: Erstellung eines neuen Moduls, einer (Seminar-) Gruppe ...

Der Dozent kann über das Fenster der Abb. 4 die Mitglieder einer Gruppe benennen und er kann definieren, wie restriktiv der Anmeldevorgang ist. Der Dozent kann also genau bestimmen, wer seine von ihm erstellten Module überhaupt sehen darf. Die Gruppe bildet eine Verwaltungseinheit und damit automatisch eine E-Mail-Gruppe und eine Gruppe, die an einem Forum mitmachen darf und Übungsaufgaben erhält.

Ausschnitt aus der Autorenumgebung: Erstellung von Gruppen

Abb. 4: Ausschnitt aus der Autorenumgebung: Erstellung von Gruppen

Der letzte Bildschirmauszug (Abb. 5) zeigt eine der Aufgaben des Administrators. Der Administrator definiert verschiedene Rollen, die er dann konkreten Personen zuweisen kann. Darf ein Autor oder Dozent z.B. bei einem Forum Rechte-Einstellungen ändern , so kann er selber seinen Seminarteilnehmern erlauben, ein Forum zu eröffnen. Ein Dozent könnte auch das Recht bekommen (in Abb. 5 nicht sichtbar), dass er einem Seminarteilnehmer erlaubt, als Seminararbeit ein Lernmodul zu erstellen.

Ausschnitt aus der Administratorumgebung: Rollenvergabe

Abb. 5: Ausschnitt aus der Administratorumgebung: Rollenvergabe

Ein paar kleinere Lernmodule können Sie sich auf den Webseiten des Rechenzentrums unter Dienstleistungen oder direkt über den Link www1.ku-eichstaett.de/urz/ilias ansehen. Bitte geben Sie bei der Registrierung die gleiche 6- oder 7-stellige Kennung an, die Sie für Ihre Anmeldung im Netz verwenden, z.B. sla214. Das Passwort, das Sie zu vergeben haben, hat jedoch - zumindest in der Einführungsphase von ILIAS - nichts mit Ihrem Novell-Passwort zu tun. Sie sind durch die Registrierung zwar nur Gast, dürfen aber bei den freigegebenen Modulen einiges aktiv tun. Nachdem Sie sich erfolgreich registriert haben, können Sie sich in ILIAS einloggen. Klicken Sie bitte als erstes Magazin an. Es öffnet sich eine Seite, die bereits angebotene Kategorien anzeigt. Gehen Sie zur Kategorie Neue Medien in der Lehre . Dort können Sie sich das kleine Lernmodul Einsatz von Projektoren ansehen. Wenn Sie ein bisschen als Autor arbeiten möchten, klicken Sie wieder auf Magazin und dann auf die Kategorie Spielwiese . Bei dem Lernmodul mit dem Titel Lernmodul zum Ausprobieren sehen Sie die Option Bearbeiten . Die Option Bearbeiten bekommen Sie nur deshalb, weil der ILIAS-Administrator allen Gast-Benutzern das Recht gegeben hat, Autor zu sein. Dieses Recht wird am 17.12.2004 wieder zurückgenommen. Nach dem Klick auf Bearbeiten gelangen Sie in den Autorenmodus und dürfen dem Lernmodul Inhalte hinzufügen. Am einfachsten klicken Sie zuerst auf Kapitel und suchen dann Ihren Weg weiter ... Bitte löschen Sie nichts, was Sie nicht selber erzeugt haben!

Wenn Sie sich als Dozent mit ILIAS versuchen möchten, sind Sie herzlich eingeladen, zu experimentieren und natürlich auch richtig produktiv zu arbeiten, das heißt Studierende auch wirklich an Ihre ersten Produkte heranzulassen. Bitte wenden Sie sich dazu direkt an Peter Ihrler.

Veranstaltungshinweis:
Am 24. November 2004 um 15.00 Uhr trifft sich der Arbeitskreis Neuen Medien in der Lehre im Raum KGE-006. Im Focus dieser ersten AK-Sitzung des laufenden Wintersemesters steht das Thema Lernplattformen / eLearning . Alle interessierten Dozenten aus Professorenschaft und Mittelbau sind zu dieser Arbeitskreissitzung herzlich eingeladen.


Quellen:
Homepage von ILIAS: www.ilias.uni-koeln.de/ios/index.html
Kurzer Überblick über E-Learning: de.wikipedia.org/wiki/E-Learning
e-teaching@university: www.e-teaching.org
Schulmeister, Rolf: Lernplattformen für das virtuelle Lernen. Evaluation und Didaktik, München 2003


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