Multimedia und E-Learning als Dienstleistung - Vom Rechnen zu den Sinnen

P. Ihrler


Wie bei so vielen Ausdrücken scheint auch das Wort "Computer" oder "Rechner" nicht mehr viel von seiner ursprünglichen Bedeutung behalten zu haben. Die Vorstellung, dass ein Computer dazu da ist, Zahlen zusammen zu rechnen, gehört fast der Vergangenheit an. Heute ist ein Computer zum Teil ein Gerät, mit dem der Mensch Texte verfasst, im Internet Informationen liest - oder anhört oder sich gar anschaut - und seine Beschaffungen für das tägliche Arbeits- und Privatleben erledigt. So gibt es auch am Rechenzentrum der Kath. Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) Programme auf einigen Computern, die zwar immer noch rechnen, aber zunehmend sind ganz andere Aufgaben zu erledigen, die sich immer mehr der Multimedia-Techniken bedienen. Rechner helfen heute einer Universität, dass sie sich verwalten kann, dass Forscher ihre Daten erfassen und auswerten können, dass Studenten den Umgang mit dem Rechner lernen und sich Informationen aus dem Internet beschaffen. Rechner helfen aber heute auch, das Lehren und das Lernen an einer Universität durch E-Learning unter Zuhilfenahme der Multimedia-Technologie zu unterstützen.

Der Weg bis heute

"Von der Lochkarte zum riechenden Computer" so könnte man die Geschichte der Computertechnologie beschreiben. In den Anfangszeiten gab man dem Computer die Daten über Lochkarten und Lochstreifen zum Verarbeiten und nachdem er die Daten verarbeitet hatte, wurden die Ergebnisse auf ein Endlospapier ausgedruckt. Eine wesentliche Änderung ergab sich durch Einführung der Tastatur zur Eingabe und des Bildschirms zur Ausgabe - von da an sprach man von einem "Dialog-Computer". Unter Dialog verstand man, dass durch Eingabe auf der Tastatur nahezu sofort etwas auf dem Bildschirm erschien. Immer raffinierter wurde versucht, die Sinne des Menschen nachzuahmen, um die Mensch-Maschine-Kommunikation zu verbessern. Heute ermöglicht die Multimedia-Technologie, dass Computer hören, sprechen, sehen, tasten und fühlen - zum Riechen und zum Duften (zum Glück?) reicht es noch nicht. Zum einen ahmen Computer heute also möglichst die Sinne des Menschen nach und versuchen außerdem, die Welt, die wir wahrnehmen, über den Computer zu erzeugen. So (er)schaffen wir eine virtuelle Welt, die z.B. für Lehr- und Forschungszwecke leichter darstellbar und manipulierbar ist als die reale Welt.

E-Learning, also elektronisches Lernen, Lernen am Computer, ist fast so alt wie der Computer selbst. Zumindest Forscher setzten den Computer schon seit langem ein, um z.B. physikalische Vorgänge besser verstehen zu können. Bereits in den 80er Jahren des vorigen Jahrhunderts wurden im Bereich der künstlichen Intelligenz so genannte Expertensysteme entwickelt - Programme, die Expertenwissen repräsentierten, um es einem Laien zu ermöglichen, dieses fallweise abzufragen oder eben damit zu lernen. Besonders Diagnosesysteme wurden zum Lernen in der Medizin verwendet. Die später entwickelten Lernprogramme wurden auf CD verbreitet und stellten zunehmend auch die Möglichkeit zur Verfügung, für die Recherche von aktualisierten Inhalten online zu gehen. Der Begriff E-Learning ist noch relativ jung. Die modernen Lernprogramme sind heute von vorneherein online zugreifbar und eine ganze elektronische Bildungsinfrastruktur ermöglicht die Kommunikation und die Kooperation zwischen Lernenden und Lehrenden. E-Learning bedient sich fast immer der Multimedia-Technologie und ist damit neben der Unterhaltungselektronik einer ihrer wichtigsten Anwendungsbereiche.

Die Geschichte von Multimedia in unserem kleinen Universitätsrechenzentrum möchte ich kurz und prägnant als den Weg des "early adaptor" bezeichnen. Gemeint ist damit, dass wir neue Technologien gleich aufgegriffen und bei Bedarf zur Verfügung gestellt haben. Im Bereich des E-Learning bewegen wir uns eher am Ende des "Mainstreams", jedoch gehören wir nicht zu den Skeptikern, der erst reagieren, wenn es keine Alternative mehr gibt. 1997 gab das Universitätsrechenzentrum einem neuen PC-Pool den Namen "Multimedia-Pool ", weil die PCs damals ein CD-ROM-Laufwerk und eine Soundkarte installiert hatten. Ein Jahr zuvor hatten wir jedoch schon die Möglichkeit, mit Kamera und Mikrofon Videokonferenzen über das Internet durchzuführen. Bereits 2001 konnten wir in derINKUERZE eine noch relativ komplexe Lösung für IP-Telefonie vorstellen. Seit wenigen Monaten ist im Rechenzentrum eine IP-Telefonanlage mit eigenen IP-Telefonen im Einsatz. Bis heute hat sich ein differenziertes Angebot von verschiedenen Multimedia-Diensten entwickelt, das weiter unten dargestellt werden wird.

E-Learning hat am Universitätsrechenzentrum eine weniger kontinuierliche Geschichte. Eines der ersten Projekte war 1999 ein Teleseminar zwischen Mainz, Karlsruhe, Freiburg und Eichstätt, das vom Lehrstuhl für Angewandte Informatik durchgeführt wurde und in dem die Videokonferenz-Technik des Rechenzentrums zum Einsatz kam. Durch die Einführung des Lernmanagementsystems ILIAS im Herbst 2004 kam es zum ersten ständigen Dienstangebot im Bereich E-Learning. Im Vergleich zu anderen deutschen Hochschulen ist das Angebot von E-Learning an der KU vermutlich unterrepräsentiert. An vielen Hochschulen gibt es außer verschiedenen Einzelaktivitäten an Fakultäten, Bibliotheken und Rechenzentren eine organisatorische Verankerung eines E-Learning-Angebots. Diese Aufgabe, zu der zum einen ein Entwicklungsplan und zum anderen ein operativer Betrieb gehören, ist an der KU noch zu meistern. Laut einer Erhebung der HIS GmbH (www.his.de/Abt2/Hisbus/HISBUS_E-Learning10.02.2005.pdf) lernten im Wintersemester 2004/2005 rund 1,47 Mio. deutsche Studierende zum Teil mit E-Learning-Angeboten (dazu zählt die Studie auch digitale Bibliotheks- und Recherchedienste), das sind etwa 83%. Studierende wenden durchschnittlich ein Achtel ihrer studienbezogenen Arbeitszeit für E-Learning auf. An der KU ist der Anteil sicherlich nicht so hoch. Nachdem die ersten Schocks wegen vieler Misserfolge um das Jahr 2001 vorbei sind und sich gezeigt hat, dass E-Learning keine "Killerapplication" geworden ist, werden heute realistischere Wege, u.a. als Mischform mit der Präsenzlehre (Blended Learning) gegangen. Dass Hochschullehre ohne E-Learning keine Zukunft hat, bezweifelt heute niemand mehr, denn im Hinblick auf das schnell wachsende Wissen, gesellschaftliche Veränderungen (lebenslanges Lernen, verschiedene Lernvoraussetzungen, Mobilität, Studenten als aktive Lern-Individuen), Internationalisierung, wachsenden Wettbewerb zwischen den Hochschulen und Bologna-Prozess ist E-Learning unabdingbar.

E-Learning-Nutzung in Prozent des Zeitbudgets

"Besonders intensiv wird E-Learning - gemessen am Gesamtzeitaufwand - in den Fächergruppen Mathematik/Informatik/Naturwissenschaften, Wirtschaftswissenschaften und Sozialwissenschaften/-wesen genutzt. Im Studienverlauf nimmt der zeitliche Aufwand für E-Learning zu." (Quelle: www.his.de/Abt2/Hisbus/HISBUS_E-Learning10.02.2005.pdf)

Die Dienste des Rechenzentrums

Das Rechenzentrum stellt den Hochschulangehörigen Räume, Hardware, Software und Beratungsleistungen zur Verfügung, um die Anforderungen im Bereich Multimedia und E-Learning zu bewältigen.

Die folgende Liste gibt einen Überblick über die angebotenen Dienste. Weitere Informationen finden sich auf den Webseiten des Rechenzentrums, www.ku-eichstaett.de/Rechenzentrum/. Dienste im Bereich Multimedia und E-Learning, die von der Bibliothek, dem Technischen Dienst, dem Sprachenzentrum und den einzelnen Fakultäten angeboten werden, sind hier nicht aufgeführt, außer sie werden vom Rechenzentrum in Zusammenarbeit mit diesen Stellen angeboten.

Projektion im Hörsaal KGA-201

Projektion im Hörsaal KGA-201, auf der rechten Leinwand ist ein Metallkäfig zu sehen, der die beiden Projektoren beinhaltet

Aus dem Nähkästchen geplaudert

Eine wesentliche Erfahrung der letzten Jahre war, dass fast jede Anfrage zu Multimedia anders war als alle vorhergehenden und deshalb eine Lösung nicht nach einem vorgegebenen Schema geliefert werden konnte. Es war deshalb auch schwierig, ein allgemeines Angebot zu machen, ohne den konkreten Bedarf zu kennen. Andererseits erwartet jedoch derjenige, der die Beratung aufsucht, eine schnelle Lösung und damit verbunden das Vorhandensein von Equipment und Knowhow.

Unter den Werbeslogans wie "Plug&Play" und "alles easy" haben sowohl Anbieter als auch Nachfrager von Multimedia- und E-Learning-Leistungen zu leiden. In der Realität sind wir leider noch nicht soweit, dass z. B. das Schneiden von Filmen einfach und schnell geht. Es gibt aber oft auch die positive Erfahrung, dass Dinge sehr viel schneller und leichter zu lösen sind, als der um Rat Suchende sich dachte (z.B. die Einrichtung eines Forums oder eines Online-Tests).

Ein weiterer positiver Aspekt für den Anwender ist, dass die der Multimedia-Technologie zu Grunde liegende Hard- und Software billiger wird und deshalb heute viele Arbeiten auf einem normalen Desktop-PC erledigt werden können.

Auszug aus einem Lernmodul

Auszug aus einem Lernmodul über die Bedienung von Videoprojektoren

Was bringt die Zukunft?

Eines ist leider sicher: Die Informationstechnologie und damit verbunden auch die Multimedia-Technologie wird nicht einfacher zu bedienen sein. Auf jeden Fall nicht dann, wenn man die zukünftigen Neuerungen mit einbezieht. Das heißt letztlich, dass sich der Anwender Zeit nehmen muss, seine e-Competence zu erwerben und auf dem aktuellen Stand zu halten.

Ein zweites ist ebenfalls voraussehbar. Immer mehr Anwendungen migrieren auf den Web-Browser als Benutzeroberfläche. Der Web-Browser hat jedoch viele bedienerfreundliche Funktionen noch nicht (standardmäßig) implementiert, die andere Programmoberflächen längst haben. Ein technischer Grund dafür liegt in den unzureichenden Kommunikationsmöglichkeiten über das verbindungslose Protokoll http zwischen Browser und Web-Server. Das ist vor allem für Multimedia-Anwendungen besonders schmerzhaft.

E-Learning muss im Kleinen beginnen, wie einige Aktivitäten in der jüngeren Vergangenheit zeigen. Kleine Schritte, wie z.B. ein Seminar begleitendes Online-Forum oder Online-Tests während des Semesters, kosten wenig Arbeitsaufwand, machen beim Lernen Spaß und es lernen Studierende und Dozenten dazu. Diese "Bottom-Up"-Strategie muss im Dialog stehen mit einer "Top-Down"-Strategie, die von der Hochschulleitung her kommt.

Wie es um den Entwicklungsstand an der KU bezüglich des Einsatzes Neuer Medien in der Lehre derzeit steht, wird die Auswertung einer Erhebung zeigen, die voraussichtlich noch dieses Jahr veröffentlicht wird. Ob die KU mit ihren Mitgliedern im Umfeld von Multimedia und E-Learning in Zukunft Mittelmaß oder ein besonderes Profil haben wird, soll die Zukunft zeigen. Die Chancen für eine positive Entwicklung stehen jedenfalls nicht schlecht.