Dr. W.A. Slaby
Seit nahezu bei jedem DSL-Anbieter z.B. mit iPhone kostenloses Telefonieren mit Computer und Headset über das Internet ermöglicht wird oder sich mit Skype weltweite Peer-to-Peer-Telefonverbindungen ohne weitere Gesprächsgebühren aufbauen lassen, ist Voice-over-IP (VoIP), das Telefonieren über die weltweiten Datennetze, zumindest im privaten Bereich unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Aber eignet sich diese Technologie auch für den Einsatz in einer Universität, wo hunderte von Telefonen als Nebenstellen zu betreiben sind und wichtige Telefoniefunktionen wie z.B. Chef-Sekretär-Funktionen in gewohnter Weise gewährleistet sein müssen? Dies herauszufinden ist Gegenstand eines Pilotprojekts, welches das Universitätsrechenzentrum seit Mitte 2005 durchführt.
VoIP-Server Asterisk
Auf der Basis der OpenSource-Software Asterisk, die auf einem gewöhnlichen Linux-Server aufsetzt, wurde dazu ein VoIP-Telefonserver eingerichtet, an den über das Hochschulnetz der KU inzwischen mehr als 60 IP-Telefone, überwiegend vom Typ Snom360 (siehe Abb. 1), angeschlossen sind. Über ein dem HTTP im WorldWideWeb vergleichbares Protokoll SIP (Session Initiation Protocol) kann zwischen zwei IP-Telefonen über den VoIP-Server eine Verbindung aufgebaut werden, über die anschließend via RTP (Real-time Transport Protocol) die digitalisierten Sprachdaten des Telefongesprächs in gewohnter ISDN-Qualität übertragen werden.
Abb. 1: IP-Telefon Snom360
Damit die IP-Telefone im Hochschulnetz der KU aber nicht nur für interne Gespräche untereinander verwendbar sind, sondern darüber hinaus aus dem normalen Telefon-Festnetz und den Mobilnetzen erreichbar sind bzw. zu Telefonen im Festnetz oder in den Mobilnetzen eine Gesprächsverbindung aufbauen können, verfügt der VoIP-Server über eine zusätzliche, von der Fa. Digium, dem Haupt-Entwickler von Asterisk, produzierte Interface-Karte mit zwei in der ISDN-Telefonie üblichen S2M-Schnittstellen. Über diese beiden S2M-Schnittstellen ist der VoIP-Server mit der Telefon-Nebenstellenanlage Siemens HiPath4000 der KU gekoppelt (siehe Abb. 2), so dass gleichzeitig bis zu 60 ein- oder ausgehende Gespräche mit Teilnehmern innerhalb der KU an Nebenstellen der HiPath4000-Anlage oder außerhalb im Festnetz oder in den Mobilnetzen geführt werden können.
Abb. 2: Kopplung zwischen Asterisk und HiPath4000
Die aus der ISDN-Welt gewohnten Funktionen wie Automatische Weiterleitung, Weiterleitung bei Besetzt oder nach einem Zeitintervall, Anklopfen, Makeln, Konferenzschaltung, etc. stehen selbstverständlich auch an den IP-Telefonen zur Verfügung. Darüber hinaus ist für jeden Teilnehmer an der IP-Telefonie auf dem VoIP-Server eine Sprachbox eingerichtet, in die eine IP-Nebenstelle entweder dauerhaft umgeleitet werden kann bzw. in die automatisch verzweigt wird, wenn sich der Teilnehmer der IP-Nebenstelle nicht innerhalb von 20 Sekunden meldet. Dort kann der Anrufende eine Sprachnachricht (VoiceMail) aufsprechen, die je nach den vom Besitzer der IP-Nebenstelle vorgegebenen Präferenzen in der Sprachbox abgelegt und/oder als Anhang einer E-Mail diesem zugestellt wird. Zur Verwaltung der Sprachbox stehen selbstverständlich umfangreiche, über ein Sprachmenü am Telefon auswählbare Funktionen zur Verfügung; eine Übersicht dazu finden Sie unter http://www.ku-eichstaett.de/Rechenzentrum/dienstleist/fax
VoIPbreakout
Hinter der Bezeichnung VoIPbreakout verbirgt sich ein neuer, von T-Systems im Auftrag des DFN-Vereins erbrachter Dienst, mit dem allen Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Deutschen Forschungsnetz, die über einen VoIP-Server verfügen, ermöglicht wird, ihren ausgehenden Telefonverkehr nicht vor Ort direkt ins Amtsnetz zu leiten, sondern zunächst über das deutsche Wissenschaftsnetz X-WiN zu einem zentralen Server der T-Systems in Frankfurt zu senden, der die Weiterleitung in das jeweilige Zielnetz (Festnetz, Mobilnetz) vornimmt.
Abb. 3: Einbindung in den Service VoIPbreakout
Neben dem Leibniz-Rechenzentrum München, der Universität Rostock und der Geschäftsstelle des DFN-Vereins in Berlin
gehörte das Universitätsrechenzentrum der KU zu den vier Pilot-Anwendern, die diesen neuen Dienst erproben konnten.
Inzwischen wird dieser Service VoIPbreakout von uns produktiv genutzt: nicht nur die von IP-Telefonen ins Fest-oder Mobilnetz
ausgehenden Telefonate werden statt direkt ins Eichstätter Amtsnetz zunächst
zum MSP-System nach Frankfurt geleitet, sondern auch alle von den Nebenstellen an der Siemens HiPath4000-Anlage ausgehenden Gespräche (mit
Ausnahme von Telefonaten zu gewissen Sondernummern 0800-, 0180-, 0190-, etc.). Neben der Entlastung des Amtsanschlusses der Hipath4000-Anlage
lässt sich für die KU als weiterer Vorteil eine Reduzierung der Telefonkosten erzielen, da sämtliche Ferngespräche ins deutsche
Festnetz zum rabattierten Ortstarif abgerechnet werden.
Darüber hinaus haben wir (siehe Abb. 3) eine direkte Kopplung unseres Asterisk-VoIP-Servers mit dem
entsprechenden Asterisk-VoIP-Server des Leibniz-Rechenzentrums München vorgenommen, so dass Telefonate ins Leibniz-Rechenzentrum oder in die
Münchener Universitäten kostenfrei geführt werden können.
Weitere Entwicklungen
In naher Zukunft soll dieser Service VoIPbreakout zu einem Dienst VoIPconnect weiterentwickelt werden, der es zusätzlich gestattet, IP-Telefonanlagen von DFN-Einrichtungen nicht bilateral (wie bei der Kopplung der beiden Asterisk-VoIP-Server von KU und LRZ) sondern über das MSP-Gateway der T-Systems in Frankfurt multilateral miteinander zu verbinden.
Desweiteren streben wir eine Vereinheitlichung im Bereich der Sprachboxen an, die derzeit für IP-Telefonteilnehmer auf dem Asterisk-VoIP-Server, für alle übrigen mit Nebenstellen an der HiPath4000-Anlage aber auf unserem Tobit Fax-/VoiceMail-Server verwaltet werden. Die Umstellung der Sprachboxen für den letztgenannten Nutzerkreis wird noch in diesem Jahr erfolgen, der Umstellungstermin wird rechtzeitig vorher bekanntgegeben. Hierdurch kann der Tobit-Server auf den Faxempfang und -versand beschränkt werden, was zu einer Lizenz- und damit Kostenreduzierung führen wird.
Derzeitige Defizite
Natürlich würden wir auch den Faxempfang und -versand gern über den Asterisk-VoIP-Server abwickeln, um auf diese Weise den Tobit-Server komplett einsparen zu können. Mit dem Fax-/Mail-Gateway Asterfax , welches als Software auf Asterisk aufsetzt, haben wir dazu bereits ausgiebige Versuche unternommen. Allerdings ließ sich die für den Fax-Service notwendige Stabilität mit dieser Lösung nicht gewährleisten, was insbesondere daran liegt, dass die übliche Faxübertragung besonders empfindlich gegen die bei der Übertragung von IP-Paketen unvermeidbaren Schwankungen (Delay + Jitter) ist. Hier wird erst die Nutzung des für die Übertragung von Faxdaten in IP-Netzen geeigneteren Protokolls T.38 Abhilfe schaffen können, dessen Implementierung in Asterisk sich allerdings noch im Entwicklungsstadium befindet.
Ein weiteres Problem mit Schwankungen in der Qualität der IP-Telefonie besteht derzeit noch in zwei vom Campus-Netz der KU abgesetzten Bereichen, deren Anbindung an das Hochschulnetz mit einer Übertragungsleistung von nur 2 Mbit/s sich trotz Priorisierung der VoIP-Datenpakete für die erforderliche Qualität und Stabilität von IP-Telefonie als unzureichend erwiesen hat. Dieses Defizit werden wir durch Anbindung der beiden Bereiche mit Richtfunkstrecken einer Übertragungsleistung von 54 Mbit/s in naher Zukunft beseitigen können.
Ansprechpartner im URZ: | Zimmer: | Telefon: | Mail: |
Dr. Wolfgang A. Slaby | EI: eO-109a | -1214/-1462/-1670 | wolfgang.slaby |