deutsch englisch spanisch französisch italienisch
Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Patavia

Name (modern):

Nijmegen

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington 2000)
Bild (Scheyb 1753) ---
Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Großraum:

Gallien/Germanien

Toponym Typus:

Region

Planquadrat:

1A1 / 1A2 / 1A3 / 1A4

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Batavia

Barrington Atlas:

Batavi (10 B5)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Patavia

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

 

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Spätantike (5. Jh. & danach)

Begründung zur Datierung:

Der Name Batavia wird erstmals in konstantinischer Zeit, die Bezeichnung Patavia etwas später von Julius Honorius benutzt. Daher ist dieser Eintrag am ehesten ins 5.Jh. n.Chr. zu datieren.

Kommentar zum Toponym:

PATAVIA ist eine Verschreibung für Batavia. Dieser Begriff bezeichnet die Wohngebiete der Bataver (Batavi, dazu weiter unten) im Mündungsgebiet des Rheins. Der Name Batavia wird erstmals im panegyricus VI/VII auf Konstantin von 310 benutzt: Constantius I. (Chlorus), der Vater Konstantins des Großen, habe die terra Batavia a diversis Francorum gentibus gesäubert und als Laeti auf römischem Boden angesiedelt (Paneg. lat. VI/VII, 5, 3); diese Auseinandesetzungen mit den Franken finden auch im panegyricus VII/VI Erwähnung: Multa ille (sc. Constantius) Francorum milia, qui Bataviam aliasque cis Rhenum terras invaserant, interfecit depulit cepit abduxit … (Paneg. lat. VII/VI, 4, 2; vgl. dazu Müller-Rettig, Der Panegyricus des Jahres 310, 96-99; Ewig, Die Franken und Rom, 4. 8; Nonn, Die Franken, 25f.; Greinke, Landschaft und Stadt, 117). Im 4. / 5.Jh. n.Chr. bezeugt erstmals Julius Honorius die Landschaftsbezeichnung Patavia (22 Riese 37; 23 Riese 38). Den letzten spätantiken Beleg bietet um 500 n.Chr. Zosimos mit der Angabe, dass Batavia zur Zeit des Constantius (II.) in der Hand der Salii (also der Franken oder eines fränkischen Teilstammes) gewesen sei (Zos. 3, 6, 2: Βαταβία). Zosimos, mit der Geographie dieser Region wenig vertraut, stellte sich hier offenbar eine „richtige“ Insel im Rhein vor (Zos. 3, 8, 1: Βαταβία νῆσος; vgl. Springer, Gab es ein Volk der Salier?, 63) und teilt mit, Batavia wäre durch den geteilten Rhein zu einer Insel gemacht worden, die größer sei als alle anderen Flussinseln (Zos. 3, 6, 3: τῆ Βαταβία ή διχή σχιζόμενος ό Ῥήνος νῆσον ποιεί πάσης ποταμίας μείζορα νήσου), vielleicht basierend auf der älteren Überlieferung mit der Benennung dieser Region als insula Rheni (Tac. Germ. 29, 1).
Die mit dem Ethnonym Batavi (vgl. z.B. Plin. nat. 4, 17; Tac. ann. 4, 12-32 passim; Germ. 29, 1. 3; Amm. 16, 12, 45) gebildete spätantike Landschaftsbezeichnung ist bedeutungsgleich mit der Bezeichnung insula Batavorum, die Caesar im 1.Jh. v.Chr. benutzte (Caes. bell. Gall. 4, 10, 2: insula Batavorum) und ist ab dem späteren 1.Jh. n.Chr. in verschiedenen Varianten vergleichsweise gut bezeugt (Tac. ann. 2, 6, 4: agri Batavi; Germ. 29, 1: insula Rheni; 29, 1. 3: Batavi; Plin. nat. 4, 15: insula Batavorum; 4, 101: Batavorum insula; Cass. Dio 54, 32, 2: Βατάουων νῆσος; 55, 24, 7: τὸ τῶν Βαταούων άπό της Βαταούας τῆς έν τω Ῥήνω νήσου όνομα). Der Hauptort ist oppidum Batavorum (Tac. hist. 5, 19), das heutige Nijmegen, ca. 11 v.Chr. (eventuell bereits 15 v.Chr.) gegründet. Tacitus (hist. 5, 19f.) und Ptolemaios (2, 9, 14: Βαταυόδουρον) bieten das Toponym Batavodurum. Während des Bataver-Aufstandes wurde der Ort zerstört und in der Nähe ein neues Legionslager auf dem Hunersberg, wo bereits das erste römische Lager gestanden hatte, errichtet; eine weitere ausgedehnte Zivilsiedlung (canabae legionis) entstand bei Nijmegen. Die außerhalb des Militärterritoriums gelegene zivile Siedlung wurde um 100 n.Chr. von Trajan unter dem Namen Ulpia Noviomagus an einem alten Flussübergang über den Waal neugegründet (z.B. CIL III 5918 b: Ulpia Noviomagi Bataus; AE 1976, 514: Ulpia Noviomagus Batavorum) und möglicherweise bereits zu diesem Zeitpunkt zum municipium Batavorum erhoben (Haalebos, Die wirtschaftliche Bedeutung, 464-466; van Enckevort / Heirbaut, Nijmegen). Um 270 wurde die Siedlung offenbar aufgegeben, also wohl zur gleichen Zeit geräumt wie Fectio, Nigro Pullum und Lugdunum Batavorum; eine Restbevölkerung blieb aber anscheinend vor Ort.
Dem Siedlungsgebiet der Bataver kam insbesondere für Drusus’ Germanien-Feldzug eine zentrale militärisch-strategische Rolle zu, denn dieser geographische Raum fungierte als Aufmarschgebiet der an den Niederrhein verlegten Legionen und später als Truppenstützpunkt in der Germania inferior. In der Batavia (bei Castra Herculis) befand sich auch der Ausgangspunkt für die fossa Drusiana (Tac. ann. 2, 8; Suet. Claud. 1; vgl. auch Tac. hist. 5, 19), die den Rhein mit dem Ijssel und dem Ijsselmeer verband. Bereits in der frühen Kaiserzeit war die Region Rekrutierungsgebiet: Die Bataver waren bekannt als tapfere Krieger und hervorragende Reiter (Tac. Germ. 29, 1: Omnium harum gentium virtute praecipui, Batavi; Cass. Dio 55, 24, 7: ξένοι τε ἱππῆς ἐπίλεκτοι, οἷς τὸ τῶν Βαταούων), sie galten als „elite troops“ (van Rossum, The End of the Batavian Auxiliaries, 124). Batavische Auxiliareinheiten standen in römischen Diensten, wie zahlreiche epigraphische Zeugnisse der Kaiserzeit (z.B. CIL XVI 55, Militärdiplom 107 n.Chr.: Cohors III Batavorum milliaria equitata; zu den Quellen vgl. Derks / Teitler, Batavi in the Roman Army; Sancho-Gómez, Semaforus: An Elusive and Mysterious Roman Standard-Bearer, 288-290) und die Notitia Dignitatum im 4./5.Jh. n.Chr. bezeugen (Not. Dign. Occ. 5, 19. 39: Bataui; 5, 58. 186; 6, 9; 7, 72: Bataui iuniores; 5, 163; 7, 14: Bataui seniores; 6, 51: Equites Bataui iuniores; 6, 47; 7, 167: Equites Bataui seniores; 169: Equites Batavi iuniores; 42, 34. 40f: Praefectus laetorum Batauorum; vgl. Mirkovič, Ein Tribunus Batavorum, 362-364; Simpson, Laeti in the Notitia Dignitatum, 80f.; Scharf, Seniores-iuniores, 269f.).
Für den Eintrag auf der Tabula Peutingeriana zieht Runde eine Verwechslung mit Patavium in Betracht, jenem in Vergils Aeneis (1, 247) durch Antenor gegründeten Ort im nördlichen Teil der Adria (Runde, Troia sive Xantum). Ausgehend von den spätantiken Belegen ist es meines Erachtens jedoch näherliegend, Patavia als spätantike Bezeichnung der insula Batavorum zu erklären. Der Eintrag Batavia ist dann also ins vierte, Patavia auf der Grundlage des Belegs bei Julius Honorius ins fünfte Jahrhundert zu datieren und daher ebenso einer spätantiken Aktualisierung der Karte zuzuweisen wie das Toponym Gesogiaco quod nunc Bononia. - Vgl. auch Nouiomagi· (Ulpia Noviomagus Batavorum), Castra· Herculis·, Fletione· (Fectio/Fectium) und Lugduno (Lugdunum Batavorum), Nigropullo (Nigro Pullum) und Gesogiaco qvod nunc Bononia· (Gesoriacum).

Literatur:

Maximilian Ihm, in: RE III / 1, 1897, 118-121 s.v. Batavi; Ders., ebd., 121 s.v. Batavia; Miller, Itineraria, Sp. 137; Horst Callies/Günter Neumann, in: RGA 2, 1976 (2. Aufl.), 90f. s.v. Bataver; Willem J.H. Willems, Romans and Batavians. A Regional Study in the Dutch Eastern River Area I, in: Berichten van de Rijksdienst voor het Oudheidkundig Bodemonderzoek 31, 1981, 7-217, hier 124-126 (nos. 398-419); Miroslava Mirkovič, Ein Tribunus Batavorum in Mediana bei Naissus, in: Gerhard Wirth (Hrg.), Romanitas - Christianitas. Untersuchungen zur Geschichte und Literatur der römischen Kaiserzeit. Johannes Straub zum 70. Geburtstag am 18. Oktober 1982 gewidmet, Berlin 1982 (ND 2011), 360-366; Karl Strobl, Anmerkungen zur Geschichte der Bataverkohorten in der Hohen Kaiserzeit, in: ZPE 70, 1987, 271-292; Chris J. Simpson, Laeti in the Notitia Dignitatum: „Regular“ Soldiers versus „Soldier-Farmers“, in: Revue belge de Philologie et d’Histoire 66/1, 1988, 80-85; Brigitte Müller-Rettig, Der Panegyricus des Jahres 310 auf Konstantin den Grossen. Übersetzung und historisch-philologischer Kommentar, Stuttgart 1990 (= Palingenesia 31); Ralf Scharf, Seniores-iuniores und die Heeresteilung des Jahres 362, in: ZPE 89, 1991, 265-272; Tilman Bechert/Harry van Enckevort / Willem J.H. Willems, Von der Lippe zur Waal, in: Tilman Bechert / Willem J.H. Willems (Hrg.), Die römische Reichsgrenze zwischen Mosel und Nordseeküste, Stuttgart 1995, 63-76, hier 65-72; Karlheinz Dietz, in: DNP 2, 1997 / 1999, 491f. s.v. Batavi; Matthias Springer, Gab es ein Volk der Salier?, in: Dieter Geuenich / Wolfgang Haubrichs / Jörg Jarnut (Hrg.), Nomen et gens. Zur Aussagekraft frühmittelalterlicher Personennamen, Berlin 1997 (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Ergänzungsband 16), 58-63; Jan K. Haalebos, Die wirtschaftliche Bedeutung des Nijmegener Legionslagers und seiner canabae, in: Thomas Grünewald / Hans-Joachim Schalles (Hrg.), Germania Inferior. Besiedlung, Gesellschaft und Wirtschaft an der Grenze der römisch-germanischen Welt, Berlin 2000 (= Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Ergänzungsband 28), 464-479; Rainer Wiegels, in: DNP 8, 2000, 1033f. s.v. Noviomagus 6; Nico Roymans, Ethnic Identity and Imperial Power: The Batavians in the Early Roman Empire, Amsterdam 2004 (= Amsterdam Archaeological Studies 10); Ingo Runde, Troia sive Xantum. Zu der Entstehung einer (ost-)fränkischen Troiasage und ihrer Bedeutung für die Kontinuitätsproblematik im Xantener Raum, in: Uwe Ludwig / Thomas Schilp (Hrg.), Mittelalter an Rhein und Maas: Beiträge zur Geschichte des Niederrheins. Dieter Geuenich zum 60. Geburtstag, Münster 2004 (= Studien zur Geschichte und Kultur Nordwesteuropas 8), 9-25, hier 11; Jan A. van Rossum, The End of the Batavian Auxiliaries as „National“ Units, in: Luuk de Ligt / Emily A. Hemelrijk / H.W. Singor (Hrg.), Roman Rule and Civic Life: Local and Regional Perspectives. Proceedings of the Fourth Workshop of the International Network Impact of Empire (Roman Empire, c. 200 B.C. - A.D. 476), Leiden June 25-28, 2003, Amsterdam 2004, 113-131; Gerhard Rasch, Antike geographische Namen nördlich des Rheins. Mit einem Beitrag von Hermann Reichert „Germanien in der Sicht des Ptolemaios“, Berlin 2005 (= Reallexikon der germanischen Altertumskunde, Ergänzungsband 47), 25; Dieter Timpe, Tacitus und der Bataveraufstand, in: Tassilo Schmitt/Winfried Schmitz/Alois Winterling (Hrg.), Gegenwärtige Antike - antike Gegenwarten. Kolloquium zum 60. Geburtstag von Rolf Rilinger, München 2005, 151-187, wiederabgedruckt in Ders., Römisch-germanische Begegnung in der späten Republik und frühen Kaiserzeit. Voraussetzungen - Konfrontationen - Wirkungen: Gesammelte Studien, München / Leipzig 2006 (= Beiträge zur Altertumskunde 233), 318-356; Eugen Ewig, Die Franken und Rom (3.-5. Jahrhundert), in: Rheinische Vierteljahresblätter 71, 2007, 1-42; Nico Roymans, Die Bataver. Zur Entstehung eines Soldatenvolkes, in: Landschaftsverband Lippe (Hrg.), 2000 Jahre Varusschlacht. Mythos, Stuttgart 2009, 85-98; Harry van Enckevort / Elly N.A. Heirbaut, Nijmegen, from Oppidum Batavorum to Ulpia Noviomagus, civitas of the Batavi: Two successive civitas-capitals, in: Gallia 72 / 1, 2015, 285-298, https://doi.org/10.4000/gallia.1577; Miguel P. Sancho-Gómez, Semaforus: An Elusive and Mysterious Roman Standard-Bearer, in: Classica et Christiana 12, 2017, 281-291; Ulrich Nonn, Die Franken, Stuttgart 2010; Sven Greinke, Landschaft und Stadt als literarisierte Räume in den Panegyrici Latini der Tetrarchie, Berlin 2017 (= Berlin Studies of the Ancient World 42), 117. 181; Ton Derks / Hans Teitler, Batavi in the Roman Army of the Principate: An Inventory of the Sources, in: BJ 218, 2018, 53-80.

   [Standard-Literatur-Liste im PDF-Format]

Letzte Bearbeitung:

02.01.2023 17:39


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=1994 [zuletzt aufgerufen am 27.11.2024]

Impressum Datenschutzerklärung