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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Mare Hyrcanium

Name (modern):

Caspian Sea / Kaspisches Meer

Bild:
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Toponym nachher
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Bild (Barrington)
Pleiades https://pleiades.stoa.org/places/884130
Großraum:

Asien östl. d. Maiotis

Toponym Typus:

Wasser (ohne Flussname)

Planquadrat:

11A1 / 11A2

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Mare Caspium

RE:

Kaspisches Meer

Barrington Atlas:

Caspium/Hyrcanium Mare (3 F2 / 90 F2)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

[Mare Caspi]um, Mare Hyrcanium

Levi:

 

Ravennat:

Oceano Caspium (p. 21.08), Oceano Caspio (p. 24.21), Caspium (p. 32.13; 105.02)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

 

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Späthellenismus (nach 200)

Begründung zur Datierung:

Die Charakteristika der Darstellung des Kaspischen Meeres als eine pilzförmige Ausbuchtung des Weltozeans entsprechen den Vorstellungen von Eratosthenes, Diodor, Strabo, Pomponius Mela und Plinius.

Kommentar zum Toponym:

Die Größe des Kaspischen Meeres, seine pilzförmige Darstellung und die Verbindung mit dem nördlichen Ozean machen das Gewässer zu einer der auffälligsten Markierungen im Osten auf der Tabula Peutingeriana. Entsprechend dem von Strabo erwähnten Meridian, der durch das Hyrkanische Meer und den Persischen Golf gezogen sei (Strab. 11, 11, 7 [519]), liegen sich auf der Tabula Peutingeriana die beiden Ausbuchtungen des Weltozeans gegenüber. Auf der linken (westlichen) Ausbuchtung des pilzförmigen dargestellten Kaspischen Meeres war möglicherweise ursprünglich Mare Caspium eingetragen, die letzten beiden Buchstaben (-VM) sind noch lesbar; im rechten (östlichen) Teil ist noch Mare Hyrcanium zu lesen. Diese Darstellung spiegelt offenbar den geographischen Wissensstand der hellenistischen Zeit wieder, als unter Rückgriff auf die ionischen Naturphilosophen des 6./5.Jh. v.Chr. das Kaspische Meer als Bucht des nördlichen Ozeans angesehen wurde (Arr. an. 5, 26, 2; 7, 16, 2 = Aristobulos FGrHist 139 F 4; Strab. 2, 1, 16 [74]; 2, 5, 18 [121]; 11, 11, 6 [519]; Mela 1, 2; 3, 5) und nicht als ein Binnengewässer, wie von Herodot behauptet (Hdt. 1, 203). Ebenfalls für ein hellenistisches Zeitfenster spricht die auf Patrokles im 3.Jh. v.Chr. (FGrHist 712) zurückgehende Unterscheidung der zuvor miteinander verwechselten Flüsse Tanais und Jaxartes (Hekataios von Abdera FGrHist 264 F 13; Aristot. Meteor. 1, 13, 350a) sowie die synonyme Verwendung der Bezeichnungen Kaspisches Meer und Hyrkanisches Meer (vgl. z.B. Strab. 11, 6, 1 [507]; Plin. nat. 6, 15. 35, 58 [= Patrokles FGrHist 712 F 7b]. 112; Diod.17, 75, 3f.; Ptol. 5, 9, 7). Das Nebeneinander der beiden Hydronyme zeigt die antike Unsicherheit über die Geographie der nordöstlichen Oikumene. Der nördliche Teil des Kaspischen Meeres und somit auch dessen Binnenmeer-Charakter war erst Ptolemaios bekannt (7, 5, 4), der auch erstmals die Wolga (Rha) bezeugt (5, 9, 12f.; 6, 14, 1f. 4f. u.ö.). Die Vorstellung von dem Sund, der das Kaspische Meer mit dem Nordozean verbindet, hielt sich auch über die folgenden Jahrhunderte (Agathemerus 3, 13; Macrobius 2, 9; Isidor) bis ins Hochmittelalter, als Wilhelm von Rubruk 1253 auf seiner Reise an den Mongolenhof nach Karakorum das Kaspische Meer erkundete (um Isidor von Sevilla zu widerlegen) und es als Binnenmeer identifizierte (Münkler, 174f.; Schmieder, 68f.). Der Verlauf der Ostküste der Oikumene zwischen dem Vorsprung im äußersten Osten an der Nordostecke Indiens und am Gebiet der Skythen vorbei nach Westen bis zur Mündung des Kaspischen Meeres geht auf Eratosthenes zurück; er stützt sich dabei auf Patrokles, der zwischen 286 und 281 in seleukidischem Auftrag eine Expedition ins Kaspische Meer unternommen und von der Möglichkeit einer Fahrt von dort nach Indien gesprochen hatte (Strab. 11, 11, 6 [518] = FGrHist 712 F 4) - was seine Rezipienten zu der Vermutung führte, dass das Kaspische Meer ein Golf des nördlichen Okeanos sei.

Miller, Itineraria, Sp. 955:
[Mare Caspi]um (So Bt, Bg, Ve; alle anderen nur ... um; auf Segm. X ist nichts mehr erkennbar, auf XI deutlich / vm.), Mare Hyrcanium. "Hyrcanum quod et Caspium mare, lunato flexu sinuatum, et ut aliis placet oblongum" (Agath). Das Kaspische Meer war dem Herodot wohlbekannt mit seinen vielen Flüssen und den 40 Mündungen der Wolga, aber St, Ml, Pl gaben ihm eine ganz falsche Gestalt, von West nach Ost, statt von Nord nach Süd. St und Diod sehen es als Meerbusen an, Arrian verbindet es mit dem Schwarzen Meer. Diese Vorstellung vom Kaspischen Meer als Busen des Ozeans von pilzförmiger Gestalt ist von Eratosthenes auf die römische Weltkarte übergegangen und bleibt durch das ganze Mittelalter, obgleich Pt das Kaspische Meer als Binnensee darstellte. Der Rha (j. Wolga) fehlt außer Pt auf allen Karten; j. das Kaspische Meer, dessen ganze nördliche Hälfte im Altertum (abgesehen von Hd) nur sehr wenig und erst spät (Pt, Am) bekannt war. Man begreift dies, wenn man bedenkt, daß der nördliche Teil dieses Sees alljährlich während 6 oder mehr Monaten zugefroren und unzugänglich ist.

Str. (Meineke: Perseus) 11.6.1
BAtlas 90 F2 Caspium/Hyrcanium Mare
EncIran (online) Caspian
KlPauly 3, 144-45
New Pauly Caspian Sea
RE Kaspisches Meer
ToposText Hyrkanian Sea (Asia)
Wikipedia (English) Caspian Sea

Datierung (Barrington):
Caspium/Hyrcanium Mare – Classical/Hellenistic/Roman/Late Antique (RE Kaspisches Meer; KlPauly 3, 144-45; EncIran Caspian)

Literatur:

Miller, Itineraria, Sp. 955;

Albert Herrmann, in: RE X/2, 1919, 2275-2290 s.v. Kaspisches Meer;

Köhner, Nordafrika, S. 180;

Michael Rathmann, Wahrnehmung und Erfassung geographischer Räume im Hellenismus am Beispiel Asiens, in: Ders. (Hrsg.), Wahrnehmung und Erfassung geographischer Räume in der Antike, Mainz 2007, 81-102, hier 84-86; Klaus Geus, Die Geographika des Eratosthenes von Kyrene: Altes und Neues in Terminologie und Methode, ebd., 111-122, hier 117; Johannes Engels, Die Raumauffassung des augusteischen Oikumenebildes in den Geographika Strabons, ebd., 123-134, hier 133; Marina Münkler, Erfahrung des Fremden. Die Beschreibung Ostasiens in den Augenzeugenberichten des 13. und 14.Jahrhunderts, Berlin 2000; Felicitas Schmieder, „Den Alten den Glauben zu entziehen, wage ich nicht ...“ Spätmittelalterliche Welterkenntnis zwischen Tradition und Augenschein, in: Gian L. Potestà (Hrsg.), Autorität und Wahrheit. Kirchliche Vorstellungen, Normen und Verfahren (13.-15. Jahrhundert), München 2012 (= Schriften des Historischen Kollegs 84), 65-77.

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Letzte Bearbeitung:

01.03.2024 19:38


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=2419 [zuletzt aufgerufen am 01.10.2024]

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