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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Anticirra

Name (modern):

Kastro tou Stenou

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XV     Euanthia oder eher: Evamzia oder Evamhia     
Toponym nachher XII     Crusa     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington 2000)
Bild (Scheyb 1753) ---
Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Großraum:

Balkanraum südlich

Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

6B5

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Antikyra 2 (DNP); Anticyra (ThlL 2,168,26)

RE:

Antikyra 1

Barrington Atlas:

Antikyra (55 D4)

TIR / TIB /sonstiges:

Antikyra (TIB 1, 123; TIR J 34 Athens – Achaia, 108-111)

Miller:

Anticirra

Levi:

 

Ravennat:

Anticera (anticira C) (p. 94,27; Anticara Rav (52,10)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Ἀντίϰυϱα (Ptol. 3,15,4)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Klassik (5./4. Jh.)

Begründung zur Datierung:

Ort belegt seit Herodot, in der Namensform Ἀντίϰυϱα seit Ps.-Skyl. (in der Form ἀντίκιρρα seit den Handschriften zu einigen Strabo-Stellen, aber s. dazu den Kommentar).

Kommentar zum Toponym:

Die Namensform (verschrieben aus Anticyra) ist nur hier überliefert.
Es ist möglich, dass die Verschreibung durch eine Kontamination von „Anticyra“ mit der nach Vermutung von ItMiller 564 ausgefallenen vorangehenden Station „Cirrha“ enstanden ist, und zwar bereits in der gemeinsamen Vorlage von TP und Rav. Cirrha erscheint auch in der sehr ähnlichen Aufzählung bei Mela 2,53 (vgl. auch Ptol. 3,15,4), s. u. Denkbar wäre allerdings auch der Deutungsvorschlag von Sideris 2014, 182, dass es sich bei Anticirra/Ἀντίκιῤῥα oder Ἀντίκυῤῥα (d. h.: die Stadt gegenüber von Kirra) um den ursprünglichen Namen gehandelt habe. Lat. „Anticirra“ ist allerdings nur auf der TP belegt (anticira erscheint als var. lect. bei Rav 5,13 p. 94,27, der aus derselben Quelle schöpft, s. u.). Ἀντίκιρρα erscheint in den Hss. zu Strabo 9,3,1 und 9,4,14 (und als var. lect. in 9,5,10), wo es sich aber evtl. auch um eine sekundäre, volksetymolog. Schreibweise handeln könnte.

Reguläre Namensform:
- Ἀντίϰυϱα, belegt seit Ps.-Skyl. 37 Ἀντίκυρα πόλις, οὗ βέλτιστα ἑλλεβορίζονται (Stadt in Phokis mit den besten Nieswurzkuren), z. B. Polyb. 18,45,7 u. ö.; Demetrios von Kallatis BNJ
85 F 5 ap. Steph. Byz. s. v.; Diod. 16,59f; Paus. 10,1,3 καθήκουσιν ἐπὶ θάλασσαν; οἱ Φωκεῖς, τῇ μὲν ἐς Κίρραν τὸ ἐπίνειον Δελφῶν, τῇ δ´ ἐπὶ Ἀντίκυραν πόλιν (Kirrha und Antikyra als wichtige Hafenstädte der Phoker); 10,36,5-10,37,1 ausführliche Beschreibung der Sehenswürdigkeiten (s. u.), der Lage und der Umgebung; Erwähnung des Nießwurzes; Plut. Ant. 68; Dion. perieg. 77 mit Eustath. ad loc.; Ptol. 3,15,4 Κίρρα - Κρίσα - Ἀντίκυρα (zu Phokis); Hierokl. synekd. 644,4
- Ἀντικύρα Strabo 9,3,1 καὶ Κίρρα καὶ Ἀντικύρα (so Meineke und Radt; ἀντίκιρρα codd.; Eustath.), zu Phokis gezählt; 9,3,3 (berühmt für Nieswurz); 9,5,10 versehentlich als westlokrische Stadt bezeichnet (Lit. s. TIR 108)
- BCH 66–67 (1942–43), 69 Nr. 1 (Mitte 2. Jh. v. Chr.)
- ion. Ἀντικύρη, belegt seit Hdt. 7,198,2; 7,213,2: ältester Beleg des Ortes!
- Anticyra, -ae, belegt seit Hor. sat. 2,3,83, z. B. Liv. 26,26,1 sita Anticyra est in Locride laeua parte sinum Corinthiacum intranti; breue terra iter eo, breuis nauigatio ab Naupacto est; 32,18,4 Anticyra in Phocide in Corinthium uersa sinum ad id opportunissime sita u. ö.; Mela 2,53 at in adversis (sc. litoribus) Pagae, Creusis, Anticyra, Oeanthia, Cirrha et notior aliquanto nomine Calydon; Plin. nat. 4,8 cum Bulensibus Anticyra; 22,133 (elleborus); CIL II.I 567, 14; 16.
Von Plin. nat. 25,52 fälschlich für eine Insel gehalten, so auch Gell. 17,15,6 und Porph. ad Hor. serm. 2,3,83 (aus Claranus);

Andere (spätantike) Namenformen:
- Anticera (anticira C) Rav 5,13 p. 94,27 Antheton – Anticera – Evantia –
- Anticara Rav 4,10 p. 52,10 Antheon – Anticara – Isantia – Naupatas
- Dioscor. 4,141 in antiquiram; 157 in antiquira.

Von Paus. 10,36,5f mit dem homerischen Kyparissos (Il. 2,519) identifiziert.

Phokische Stadt in strategisch günstiger Lage in der gleichnamigen Bucht im Golf von Korinth (Strabo 9,3,1; 9,3,13; Ps.-Skyl. 37), ca. 1,5 km südwestl. des heutigen Antikyra. Große chora, angrenzend an Delphoi, die hierá chorá des Apollon und an Ambryssos (Grenzstreitigkeiten vom 4. Jh. v. Chr. bis in die röm. Kaiserzeit: FdD 3,4, 276-283, 290-296; Lit. in TIR 108).
Besiedelt wohl seit frühhellad. Zeit (s. Sideris 2014, 234).
346 v. Chr., von Philippos II. zerstört (Paus. 10,3,1; s. Daverio Rocchi DNP).
211/10 v. Chr. von M. Valerius Laevinus erobert, 208/7 von Philipp V. zurückerobert, 198 v. von T. Quinctius Flamininus eingenommen. 191 erreichte Manius Acilius Glabrio die Stadt nach Vertreibung der Aitolier aus Phokis. Antikyra blieb unter römischem Einfluß; 170 v. segelte A. Hostilius Mancinus von hier aus nach Thessalien (TIR 108; Polyb. 27,16,6; Liv. 32,18; Paus. 7,7,9; 10,36,6, s. Hirschfeld, RE 2427f).
In hell. und röm. Zeit ein sicherer und wichtiger Hafen (Liv. 32,18,3-5; Plut. Ant. 68), was auf der TP nicht erkennbar, wo der Ort keine Vignette hat. Zentrum der Pflanzenheilkunde (berühmt für elleborus, Nieswurz, z. B. Paus. 10,36,7; Ps.-Skyl. 37; Medizinschriftsteller; sprichwörtlich als Heilmittel für Geistseskrankheiten z. B. Hor. Ars 300; Ov. Pont. 4,3,5; Pers. 4,16 u. v. m., Lit. s. TIR 109).
Wohlhabend in der Spätantike (s. Fossey 1986, 23). Bischofssitz im 5. Jh.; Funde einer fünfschiffigen Basilika (TIR 110 mit. Lit.). Polis noch im 6. Jh. n. Chr. (Hierokl. synekd. 644,4, s. Daverio Rocchi DNP), wie auch Funde luxuriöser Häuser, Läden und Bäder sowie reiche röm. Münzfunde belegen, bevor im selben Jh. der Niedergang infolge von Erdbeben einsetzte (s. TIR 110 mit Lit.).

Pausanias (10,36,8f) erwähnt u. a. eine mit Broncestatuen geschmückte Agora, ein Grabmal der Söhne des Iphitos, zwei Gymnasien und am Hafen ein kleines Heiligtum des Poseidon aus Feldsteinen mit einer Broncestatue, zwei Stadien südl. der Stadt an einem hohen Felsen ein Heiligtum der Artemis (s. Hirschfeld, RE 2428). Viele dieser Sehenswürdigkeiten konnten inzwischen anhand von Ausgrabungen verifiziert werden (s. TIR 109 mit Lit.).
Weitere Funde: Häuser im Megaron-Stil aus MH, Gräber (geom. und archa. Zeit), Keramik. Öffentliche und Grabinschr. aus hell. und röm. Zeit. Spätröm. und frühchristl. Überbauung früherer Anlagen; Basilica 5.-6. Jh. n. Chr. (s. Daverio Rocchi DNP; bibliograph. Überblick s. TIR 110f).

Zur Geschichte und Archäologie ausführlich Sideris 2014.

Inschriften: IG XI.1, 1-9, 1062-1064; weitere Lit. zu den Inschriften s. auch Fossey 1986, 23; A. Sideris, Εμβόλιμον 43-44 (2001), 121 und Sideris 2013, 68-70.

Münzen: A. Longpérier, Revue Numesmatique (1843), 247-249, p. 10,3; J. Friedländer, Zeitschrift für Numesmatik 6 (1879), 15. Weitere Lit. s. Oulhen 2004, 410.

Meilenangabe nach Crusa: XII (12),
mit umgerechnet 17,8 km viel zu kurz, da die Luftlinie bereits 32 Meilen beträgt; möglicherweise ist der Seeweg gemeint, der laut Paus. 9,37,2 80 Stadien (knapp 15 km) beträgt, wobei Pausanias bezweifelt, dass eine Straßenverbindung durch das rauhe Gebirgsgebiet überhaupt existierte. Doch Pritchett verweist auf Leake 2,523f, der den Marsch des Kleombrotos als Beleg für eine Landroute anführt, von dem Xenoph. Hell. 6,4,3 und Diod. 15,53,1 berichten, wobei allerdings, wie Pritchett bemerkt, nicht von einer befahrbaren Straße die Rede ist (Pritchett 1980, 277f mit weiterer Lit.).







Miller, Itineraria, Sp. 564:
15.
Anticirra, Anticara und Anticera (Ra), Ἀντίκυρα oder griech. häufiger Ἀντικίῤῥα (Pt, autores), Hafenstadt auf einer Halbinsel (nach Pl und Gell. irrig auf einer Insel), an der Westseite des Sinus Anticyranus; j. beim heutigen Aspraspitia (unbedeutende Mauerreste); die Dampfbootstation heißt heute wieder Antikyra.
12. Die wirkliche Entfernung beträgt 32 mp: es fehlt nämlich eine Station [Ra nennt Antheton, was aber am Eoböischen Meere liegt und von wo die Entfernung nach Creusa 20 mp beträgt].

Datierung (Barrington):
Antikyra - Arachaic, Classical, Hellenistic, Roman, Late Antique (Fossey 1986, 23-24; NPauly 2).

DNP:
Antikyra
[2] Phokische Stadt an gleichnamiger Bucht im Golf von Korinth
Phokische Stadt an gleichnamiger Bucht im Golf von Korinth (Strab. 9,3,1; 3,13; Ps.-Skyl. 37) auf der Höhe des Kastron tou Stenou, ca. 1,5 km süswestl. vom h. A. Große chora, angrenzend an Delphoi, die hierá chorá des Apollon und an Ambryssos (Grenzstreitigkeiten vom 4. Jh. v. Chr. bis in die röm. Kaiserzeit: FdD 3,4, 276-283, 290-296). Von Philippos II. zerstört (346 v. Chr., Paus. 10,3,1), in hell. und röm. Zeit wichtiger Hafen. Zentrum der Pflanzenheilkunde (Ernte von helleborus , Paus. 10,36,5; Ps.-Skyl. 37). Polis noch im 6. Jh. n. Chr. (Hierokles, Synekdemos 643,6-644,8). - Häuser im Megaron-Stil aus MH, Gräber (geom. und archa. Zeit), Keramik. Öffentliche und Grabinschr. aus hell. und röm. Zeit. Spätröm. und frühchristl. Überbauung früherer Anlagen; Basilica 5.-6. Jh. n. Chr.
Daverio Rocchi, Giovanna

Literatur:

Daverio Rocchi, Giovanna (Mailand), “Antikyra”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 05 January 2019
First published online: 2006

Fossey, J. M.: The ancient topography of eastern Phokis, Amsterdam 1986, 23f.

Hirschfeld, Gustav: Antikyra 1, RE I,2 (1894), 2427–2428.

Marchand, Fabienne: Recent epigraphic research in central Greece: Euboea, Phokis & Lokris, Archaeological Reports 61 (2015), 65-74.

Miller, Itineraria, Sp. 564.

Oulhen, Jacques: Antikyra (Antikyreus), in: Hansen, Mogens Herman/Nielsen, Thomas Heine: An inventory of archaic and classical poleis, Oxford 2004, 410.

Pritchett, William Kendrick: Studies in Ancient Greek Topography. Part III, Berkley u. a. 1980, 277f.

Schober, Friedrich: Phokis, Crossen a. d. Oder 1924, 24.

Sideris, Athanasios: A Dekaprotos in Antikyra of Phokis, Eirene. Studia Graeca et Latina 49 (2013), 54-74.

Sideris, Athanasios: Αντίκυρα: ιστορία & αρχαιολογία = Antikyra. History & Archaeology, Athen 2014.

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Letzte Bearbeitung:

09.01.2023 20:15


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=962 [zuletzt aufgerufen am 28.11.2024]

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