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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Constantinopolis

Name (modern):

Istanbul

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher -     Melantiana     XII     Regio     
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington 2000)
Bild (Scheyb 1753) ---
Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Großraum:

Balkanraum nördlich

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

8A1 / 8B1

Farbe des Toponyms:

rot

Vignette Typus :

F Großvignette

Itinerar (ed. Cuntz):

ItAnt Bizantio (230,11 u. ö.); Bizantio [qui et Constantinopoli] (138,5); ItBurg civitas Constantinopoli (570,8 u. ö.), s. Kommentar

Inschriften (EDCS-ID):
   
Alternativer Name (Lexika):

Konstantinopolis /Constantinopolis

RE:

Constantinopolis

Barrington Atlas:

Constantinopolis (52 D2 / 53 A2)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Constantinopolis

Levi:

Constantinopolis (F)

Ravennat:

Constantinopolis (4,6 p. 48,5 u. ö.), s. Kommentar

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Βυζάντιον* [(βασίλειον)] (3,11,5; s. auch den Kommentar)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Spätantike (ab Diokletian & 4. Jh.)

Begründung zur Datierung:

Terminus post quem: 324 Umbenennung von Byzantion in Constantinopolis.
Seit Theodosius I. ständige Residenz, seit Theodosius II. echtes Gegengewicht zu Rom, als das es auf der TP gekennzeichnet ist. Zur theodosischen Zeit passt auch die Ikonographie der Vignette (s. Kommentar).

Kommentar zum Toponym:

Namensformen:

- Βυζάντιον*[(βασίλειον)] Ptol.3,11,5. von Ptol. öfters genannt, z. B. 1,11,6; 1,12,8; 1,15,8f, da durch diese Stadt nach Marinos von Tyros einer der Parallelkreise verlief.
- ItAnt hat noch Bizantium: 230,11 Bizantio; 317, 4 und 7 Byzantium m. p. DCCLIIII; 323,8 Bizantio; 332,9 Bizantio, bzw. 138,5 Bizantio [qui et Constantinopoli (om. P)]
- ItBurd verwendet schon Constantinopolis: 570,8 civitas Constantinopoli; 571,1 a Constantinopoli; 571,3 und 7 -im; 571,9 A Constantinopoli transis Pontum, venis Calcedoniam; 572,8 a Constantinopoli; 601,1 a Constantinopoli, vgl. 231,1
- Rav Constantinopolis: 4,6 p. 48,5 Constantinopolis nobilissima; 4,6 p. 48,17; 4,6 p. 48,32 civitatem Constantinopolim; 5,12 p. 93,24; 140,43.
- Guido 27 ab urbe Constantinopolitana; 106 Bizantion quae nunc Constantinopolis est, urbs regia et insignis, nova Roma, vestiens diadema totius cum purpura orbis; 124 angustum quod de Ponto in Propontidem iuxta urbem Constantinopolim ingreditur.

- Die amtliche Benennung lautete Κωνσταντινούπολις oder Κωνσταντίνου πόλις, zuweilen durch das kürzere ἡ Κωνσταντίνου ersetzt; sie findet sich allgemein bei den Geschichtschreibern seit Priskos und Zosimos, soweit nicht noch der alte Name Βυζάντιον benutzt wird, ebenso in den kirchlichen Verzeichnissen, wo der θρόνος Κωνσταντινουπόλεως den Mittelpunkt der griechischen Hierarchie bildet.
- Manche byzantinische Schriftsteller verwendeten den alten Namen Βυζάντιον neben Κωνσταντινούπολις oder auch nur ersteren; Βυζάντιοι bleibt (neben Ῥωμαῖοι) die gebräuchliche Benennung für die Einwohner der Stadt (vgl. 7A5-8A1).
- häufig auch einfach ἡ πόλις, die Stadt (schlechhin), zuweilen mit schmückenden Beiwörtern, wie βασιλίς, βασιλεύουσα πόλις, besonders θεοφύλακτος καὶ βασιλὶς πόλις Theoph. 384f. de Boor, ἡ πρώτη καὶ βασιλὶς τῶν πόλεων πόλις Nikeph. Patr. 142 de Boor, ἡ βασιλὶς μεγαλόπολις ebd. 200, τὸ βασίλειον ἄστυ ebd. 6, βασιλὶς τῶν πόλεων Theophyl. Sim. VIII 11, 2 de Boor u. s. w.
- Die amtliche Bezeichnung Antonia (Antoninia), welche die Stadt nach der Wiederherstellung durch Severus unter ihm und seinem Sohn Caracalla führte, setzte sich nicht durch
- Wenig volkstümlich, aber ein politisch bedeutsames Signal für die Abgrenzung vom paganen Griechentum waren die offiziellen Bezeichungen als Nova Roma, Νέα Ῥόμη oder auch δευτέρα Ῥώμη, Βυζαντιὰς Ῥώμη, ἡ εῷα Ῥώμη u. ä. Sokr. 1,16; Theoph. 28.69 de Boor
- priesterlicher Geheimname Ἀνθοῦσα (Eustath. Dion. Perieg. 803; Steph. Byz. s. Συκαί), analog dem römischen Flora, und mit Bezug auf die Göttin Τύχη, welcher Constantin die Stadt schon im J. 328 weihte.
- Alter Name Lygos: Plin. nat. 4,46 Chryseon Ceras, in quo oppidum Byzantium liberae
condicionis, antea Lygos dictum; Auson. Ordo urbium nobilium 2,12.

S. Oberhummer, RE 964f mit weiteren Quellen und Literatur.

Lage:

Am Eingang des auf der TP überproportional breiten Bosporus auf der europ. Seite, im Süden des auf der TP ebenfalls überdimensional groß eingezeichneten Goldenen Horns. Die wichtigsten Verkehrsadern waren die beiden Uferstraßen an der Propontis bzw. dem Goldenen Horn und die Mese, die sich, vom Osten vom Augusteion herführend, in der Stadtmitte gabelte (s. von Bredow, DNP). Auf der TP sind die Stationen und Meilenzahlen eingetragen, jedoch wurde die rote Straßenlinie vergessen, vielleicht weil die raumgreifende Vignette die Aufmerksamkeit des Kopisten in Anspruch nahm.

Geschichte:

Ursprünglich hieß die Stadt Byzantion, eine Megarische Gründung des 7. Jh.s, der Legende nach auf Initiative Apolls (antike Quellen bei Oberhummer, RE 1127f ).
Von Konstantin I. bald nach seinem Sieg über Licinius von 324 n. Chr. I. in großem Stil ausgebaut zu einer Hauptstadt überwiegend christlichen Charakters, um seine Stellung als Alleinherrscher durch diese repräsentative Neugründung zu untermauern. Das pagane Rom war dazu ungeeignet, behielt jedoch Rang und Privilegien. Feierliche Einweihung am 11. Mai 330 (s. von Bredow, DNP; Oberhummer, RE 963).

Ständige Residenz seit Theodosius I. (379-395 n. Chr.), der (nach Kaiser Valens) ein weiteres Aquädukt errichten ließ; Aus- und Neubau von Häfen sowohl im Goldenen Horn als auch an der Propontis-Küste zur Versorgung der Stadt (s. von Bredow, DNP).

Erweiterung des Stadtrings unter Theodosius II. (402-450 n. Chr.); jetzt erst ist ein Vergleich mit der Siebenhügelstadt Rom angebracht (so von Bredow, DNP). Diesen Zustand spiegelt m. E. die TP.
Einteilung in 14 regiones mit 322 vici; eine Beschreibung der Topographie mit Liste der wichtigsten Gebäude der Stadt bietet die in dieser Zeit entstandenen Notitia urbis Constantinopolitanae.

Vignette:

Constantinopolis wird durch zwei verschiedene Symbole hervorgehoben, nämlich eine Säule und eine thronende Gestalt; diese Kombination kommt auf der TP nur noch ein weiteres Mal vor, nämlich bei der korrespondierende Vignette auf von 8A1 Chrisoppolis (https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/admin/einzelanzeige.php?id=1180)
Zum vertikalen Ensemble der Syce-Vignette (8A1, s. Art. dort!) als wichtigem Versorgungszentrum und Heiligtum und der Constantinopolis-Darstellung tritt somit in der Diagonalen die ungewöhnliche Vignette von Chrisoppolis mit Leuchtturmsymbol.

Außer 4B5 Roma und 9B4 Antiochia ist Constantinopolis die einzige Stadt mit einer derartig aufwändigen Vignette. Durch sie wird Constantinopolis zu einem Gegengewicht zu Rom, das, wohlgemerkt, nicht im Zentrum der Karte steht!, und es ist sogar ein wenig höher placiert als dieses. Das erinnert an Gewichtung der beiden Reichshälften in der um 400 entstandenen Notitia Dignitatum, in der die Beschreibung der Osthälfte des Reiches an erster Stelle erfolgt.

Constantinopolis, Roma und Antiochia werden mit bedeutenden christlichen Heiligtümern dargestellt: Rom mit der Peterskirche (ad sanctum Petrum) vom Betrachter aus links, also zur Rechten der thronenden Figur, Constantinopolis mit Sycae mit Tempelvignette zu Häupten, die wohl fdie frühe Kirche der Hl. Irene, ehemals Schrein des Amphiaraos repräsentiert, Antiochia, hat zu ihrer Rechten ein Tempelsymbol, das, wie Schuol zu Recht bemerkt, für die Märtyrer-Verehrungsstätte in Daphne beim ehemaligen Apollo-Heiligtum steht (s. Art. dort).

Wie Rom ist auch die Constantinopolis-Figur dargestellt mit Speer und Schild in der Linken, jedoch nicht mit der Weltkugel in der Rechten; diese zeigt auf die Gestalt auf der Säule neben ihr, welche die Weltkugel in ihrer Rechten trägt (die korrespondierende Personifikation von Antiochia hat bezeichnenderweise einen Speer, aber keine Weltkugel). Offenbar leitet die thronende Gestalt also ihren Anspruch auf Weltherrschaft von der auf der Säule dargestellten Figur her, sehr wahrscheinlich Kaiser Konstantin, der den Sitz der Herrschaft von Rom nach Konstantinopel gebracht hatte (s. u.).
Auffallend ist die große Ähnlichkeit der thronenden Gestalt mit der Rom-Personifikation in der ebenfalls spätantiken Notitia urbis Romae (Codex München CLM 10291 p. 81r und, näher am Original und androgyn wie auf der TP, p. 177r); dort figuriert die Stadt ebenfalls als thronende Gestalt mit Schild, Speer und einer Kopfbedeckung mit drei Helmbüschen. Diese wie auch zahlreiche ähnliche spätantike Darstellungen legt nahe, dass es sich auf der TP analog um eine Konstantinopel-Personifikation handelt, in Modifkation der paganen Ikonographie der Stadttyche (s. dazu den Art. zu 8A1 Antiochia), ähnlich wie sie auch auf der Basis der Konstantinssäule (s. u.) zu sehen war, eher als um einen Kaiser oder Feldherrn (zur dieser Forschungsdiskussion s. ausführlich Kochanek 2019, 489-496).
Mit Anpassungen an mittelalterlichen Zeitgeschmack durch Kopisten muß man zwar rechnen,
aber die starke Ähnlichkeit mit den erwähnten anderen personifizierenden Darstellungen Roms und Konstantinopels in der Spätantike (s. dazu Grig 2012, 10-14 mit Abbildungen) lassen erkennen, dass die Wiedergabe recht originalgetreu ist. Interessant an diesen Bildquellen ist, dass sich schon ab dem 4. Jh. die Konstantinopel-Personifikation in ihrer Ikonographie von einer konventionellen Stadt-Tyche weg immer mehr an Rom angleicht, etwa durch das Tragen eines Helmbuschs statt einer Mauerkrone und eines Speers statt eines Füllhorns. Diese Annäherung, die ja auch auf der TP erkennbar ist, wird auch augenfällig in den Doppelbildnissen der beiden Städte auf Münzen, die unter Constantius II. und Theodosius II. geprägt wurden: Auf ersterer (355-7 n. Chr., HCR 8021) schaut Rom noch nach vorne und Konstantinopel auf Rom, auf letzterer (415 n. Chr.) blicken beide einander an (s. Grig ibd. mit Lit.). Auf der TP sieht Rom nach vorne, Constantinopolis auf die Konstantinssäule mit der Weltkugel (s. Grib 2012 ibd.).
Denn dass die Säule links, auf welche die thronende Figur weist, die (heute weitgehend zerstörte) Konstantinssäule andeutet, kann als gesichert gelten. Sie stellt den Kaiser, der die Säule hatte errichten lassen, mit Speer und Weltkugel dar. (Es ist eindeutig kein Leuchtturmpiktogramm, wie vereinzelt behauptet wurde, denn diese sehen auf der TP anders aus, s. z. B. 8A1 links oben von Chrisoppolis; zu dieser Forschungsdiskussion s. Kochanek 2019, 476-483). Als Wahrzeichen der Stadt war diese Porphyr-Säule ein wichtiger Versammlungsort für die Bürgerschaft (s. von Bredow, DNP); daß auf der TP der Namenszug Constan-tino-polis um die beiden Seiten der Säule herum gruppiert ist, mag daher vielleicht kein Zufall sei. Die Notitia urbis Constantinopolitanae führt das eindrucksvolle Monument, das von Theodosius II. mit Eisenbändern befestigt worden war, nicht zufällig als erstes unter den Bauwerkern der regio sexta auf (brevi peracta planitie, reliqua in devexo consistit; a foro namque Constantini scalam usque sive traiectum Sycenum porrigitur spatiis suis. Continet in se: Columnam purpuream Constantini ...; Quellen und Forschungsdiskussion zu ihrem mutmaßlichen Aussehen bei Kochanek 2018, 497ff).

Zu den ganz anders gestalteten Konstantinopel-Vignetten auf mittelalterlichen Karten s. Kochanek 2018 (zur TP S. 435-437).


Ende der Strecke.








Miller, Itineraria, Sp. 540:
Constantinopolis,_ [...], 650 v. Chr. von Milesiern am sog. goldenen Horn, auf zwei Hügeln, gegründet, a. 330 n. Chr. von Constantin mit Hinzufügung von mehreren weiteren Hügeln bis zum Umfang von drei Stunden erweitert, mit hohen und festen Mauern umgeben, als die neue Residenz des Reiches Constantinopolis (Eutr, Am, Hi, Cedren, Iss: III 3969 - gefunden in Kroatien; 7000 gefunden in Alikel), auch nova Roma (Paul, Steph) genannt; j. Konstantinopel oder Istambol. Iss: CIL III 732-745. 7405. 7407. CIG 2034-2045; cf. Mordtmann, Esquisse topographique de Constantinopel. Eugen Oberhummer, Constantinopolis 1899.

Datierung (Barrington):
Constantinopolis - Late Antique (RE; PECS Byzantium).

DNP:
Konstantinopolis

(Constantinopolis).

I. Lage

Residenzstadt, 324 n.Chr. von Constantinus [1] d.Gr. an der Stelle von Byzantion gegr. Im Norden vom Goldenen Horn, im Osten vom Bosporos [1] und im Süden vom Hellespontos begrenzt, war K. nur von einer Landseite her angreifbar. Durch seine Lage beherrschte K. Handel und Verkehr zw. Europa und Asien, zw. der Ägäis und dem Schwarzen Meer (Pontos Euxeinos; Herodian. 3,1,5; Pol. 4,38-45).

von Bredow, Iris

II. Topographie

Die Stadtplanung folgte nicht dem üblichen kaiserzeitlichen Schema, sondern schuf durch fächerartig angelegte Haupt- mit einigen Querstraßen größere Flächen zur freien Bebauung [1]. Die wichtigsten Verkehrsadern waren die beiden Uferstraßen an der Propontis bzw. dem Goldenen Horn und die Mese, die sich, vom Osten vom Augusteion herführend, in der Stadtmitte gabelte. Seit der Erweiterung des Stadtrings unter Theodosius II. (402-450 n.Chr.) - jetzt erst ist ein Vergleich mit der Siebenhügelstadt Rom angebracht - war K. in 14 regiones mit 322 vici aufgeteilt. Eine Beschreibung der Top. und eine Liste der wichtigsten Gebäude in theodosianischer Zeit überl. die Notitia urbis Constantinopolitanae [2].

Die Innenstadt war durch große Plätze gegliedert: Das Augusteion (s. Lageplan Nr. 5) [2. 232] war ein frei zugänglicher Bereich an der Mese, in dem die staatliche und kirchliche Macht residierte: Kaiserpalast (Nr. 5b) und Senatsgebäude (Nr. 5c) im SO (Zos. 3,11,3; Prok. aed. 1,10,5-9; Ioh. Mal. 321,8-12), die Basilika (Nr. 5d) im NW (Prok. aed. 1,11,12), die Zeuxipposthermen (Nr. 5e) im SW (Ioh. Mal. 321,12f.) und die Hagia Sophia (Nr. 5a) mit Patriarchensitz im NO. Hier waren zahlreiche Statuen der kaiserlichen Familie aufgestellt [3. 158ff.]. Ab etwa 500 n.Chr. ist hier auch Handelstätigkeit nachgewiesen. Seit dem 7. Jh. verlor das Augusteion immer mehr den Charakter einer agorá und wurde zum Vorhof der Hagia Sophia [4. 44ff.]. Das Konstantin-Forum (Nr. 8) [2. 234, 236] - dies war die eigentliche agorá, als Mittelpunkt des städtischen Lebens und Marktplatz schon von Constantinus d.Gr. konzipiert - erhob sich auf dem zweiten Stadthügel und stellte einen kreisförmigen, von zweistöckigen Arkaden mit Reiterstatuen eingefaßten und gepflasterten Platz mit zwei Torbauten dar (Zos. 2,30,4). In seiner Mitte erhob sich die Konstantin-Säule (Nr. 8a) [3. 173ff.], im NW befand sich der Senat, im Süden ein Nymphaion (Nr. 8b), im Osten das Tribunal (Nr. 8c). Die Gewölbesubstruktion im Sockel der Konstantin-Säule wurde im 9. Jh.n.Chr. evtl. in eine Kapelle des Hl. Constantinus umgewandelt (Nr. 8d; vgl. [5]). In allen Beschreibungen von Festzügen werden das Konstantin-Forum und v.a. die Säule und Kapelle des Constantinus als Station erwähnt. Auch war es der Ort, an dem sich die Einwohner von K. spontan versammelten (z.B. bezeugt für das große Erdbeben vom J. 533: Chr. pasch. 629,10-15).

Das Theodosius-Forum (Nr. 9) [2. 235] im Süden des dritten Stadthügels an der Mese (auch Taurus-Forum gen.) diente in frühbyz. Zeit als Empfangsort. Erst seit dem 8. Jh. sind auch kommerzielle Funktionen belegt. Das Arcadius-Forum (auch Xerolophos) gegenüber dem Lykostal an der Mese liegt ebenfalls auf einer Anhöhe. Ob es nach dem Erdbeben von 740 neu aufgebaut wurde, ist unbekannt. Der Hippodrom (Nr. 6), der bereits von Septimius Severus (193-211 n.Chr.) gestiftet worden war (Ioh. Mal. 292,12), wurde von Constantinus nach dem Vorbild des röm. Circus Maximus (Circus C.; Zos. 2,31,1; Ioh. Mal. 321f.; Chr. pasch. 528) für 30000 Zuschauer ausgebaut. Außer zu Wettkämpfen diente der Hippodrom polit. Zusammenkünften und der Propaganda der “blauen” und “grünen” Parteien ( factiones ). K. stand zu Beginn unter einem proconsul, ab 359 unter einem praefectus urbi (éparchos), dessen Sitz sich ganz in der Nähe des Konstantin-Forums befand. Der Mangel an Bauland wurde durch eine spezielle Gesetzgebung, die Bauformen, Höhe und Hausabstand u.a. verbindlich vorgab, geregelt. Zur Einsparung von Grundstücken und zu billiger Unterbringung der armen Bevölkerung gab es fünf- bis sechsstöckige Wohnhäuser. Wenn die Einwohner von K. auch theoretisch keinen Einfluß auf die Politik des Reiches ausüben konnten, so war der Druck der beiden Hauptparteien, der “Blauen” und der “Grünen”, auf Stadt- und sogar Reichsverwaltung manchmal nicht unerheblich. Mit der Vereinigung dieser sonst im Streit liegenden Parteien kam es 532 zum Nika-Aufstand.

Die Versorgung der riesigen Hauptstadt mit genügend Trinkwasser aus dem Hügelland nordwestl. von K., oft über große Entfernungen, stellte eine enorme Leistung dar (Wasserversorgung, Wasserleitungen). Constantius [2] II. ließ eine Fernleitung anlegen und mehrere große Zisternen ausbauen. Kaiser Valens errichtete 363-373 einen Aquädukt, von dem große Teile h. noch erh. sind; bald danach ließ Theodosius I. (379-395 n.Chr.) ebenfalls einen Aquädukt von Norden her anlegen. Dennoch mußte der Wasserverbrauch immer wieder durch Erlasse eingeschränkt werden. Dazu kamen riesige offene Zisternen und überdeckte Wasserbehälter unter öffentlichen und privaten Bauten, die außer zur Wasserversorgung durch ihre statischen Eigenschaften auch zur Sicherung der Gebäude bei Erdbeben beitrugen (z.B. Yerebatan Sarayı). Um die Versorgung der Einwohner von K. mit Waren zu gewährleisten, war der Aus- und Neubau von Häfen sowohl im Goldenen Horn als auch an der Propontis-Küste (Getreidehäfen) erforderlich (Lebensmittelversorgung, Landwirtschaft). Das Handwerk war hauptsächlich im Manganenviertel und nördl. der Mese konzentriert. Eine bes. Bed. für die Staatswirtschaft erlangte die Produktion von Seide, nachdem 551 n.Chr. lebende Seidenraupen heimlich aus China nach K. gebracht worden waren. Außer den großenKirchen der Stadt entstanden gegen 380 auch außerhalb der Stadtmauern Klöster und mehrere Kirchen. Im 5. Jh. nahm dann die Zahl der innerhalb der Stadtmauern liegenden Klöster, v.a. im nicht so dicht bebauten SW und im Lykos-Tal, erheblich zu.

Schon Constantinus d.Gr. konzipierte K. auch als einen kulturellen Mittelpunkt. Immer waren ästhetische Kriterien als Träger kaiserlicher Ideologie für Stadtplanung und -ausstattung von größter Bed. Dazu gehörten das Aufstellen unzähliger Denkmäler und Statuen auf den öffentlichen Plätzen, Anlage von Säulenstraßen, Bau und Ausstattung der öffentlichen Gebäude und Kirchen mit Mosaiken, Wandmalereien, Skulpturen u.a., teilweise durch weltweiten Kunstraub. In der Basilika neben der 357 gegründeten Bibliothek wurde eine Universität geschaffen, die 425 in das Capitol verlegt wurde. Sie wurde zum wichtigsten Bildungszentrum sowohl der Stadt als auch des gesamten Reiches. Hier wurden nicht nur Rechtswiss., Gramm., Rhet. und Philos. gelehrt, sondern auch das klass.-ant. Erbe tradiert.

von Bredow, Iris

III. Geschichte

Constantinus beabsichtigte nach seinem Sieg von 324 n.Chr., Byzantion zunächst als Monument auszubauen, gestaltete es dann jedoch als Hauptstadt, um seine Stellung durch eine repräsentative Neugründung zu untermauern. Das “heidnisch” geprägte Rom war dazu ungeeignet, behielt jedoch Rang und Privilegien. Ältere Kunstwerke und Bauteile wurden, wie in der Spätant. üblich, aus allen Reichsteilen in die überdimensioniert konzipierte Stadt integriert. K. wurde mit Capitolium, Münze, Praetorium, Hippodrom, Fora (Hauptplatz: Augusteion, Forum Constantini mit noch erh. Säule), Hauptverkehrsachse (miliareum aureum, μίλιον) und Palast ausgestattet. Die Umbenennung der Stadt in K. erfolgte wahrscheinlich bereits 324, die Einweihung am 11. Mai 330. Das stadtröm. Vorbild beeinflußte K. eher indirekt über Tetrarchenresidenzen wie Thessalonike und Nikomedeia. Die Neugründung ging zwar mit dem Ende der Christenverfolgungen einher und hatte von Anf. an christl. Charakter, war aber dennoch nicht als Versinnbildlichung der neuen Religionspolitik konzipiert. Die bedeutendsten Kirchenbauten der Stadt waren zwar konstantinische Gründungen, wurden jedoch erst später vollendet: Hagia Eirene (s. Lageplan Nr. 10), Hagia Sophia (Nr. 5a), die später zum spirituellen Zentrum der orthodoxen Welt wurde, und die 1462 wegen Baufälligkeit abgerissene Apostelkirche, die Grabstätte der Kaiser.

Das Areal wuchs seit 412 durch den Bau einer neuen, noch h. erh. Landmauer mit 96 Türmen (Nr. 4), von ca. 6 km2 unter Constantinus auf etwa 12 km2. Die Bevölkerung von Stadt und Umland, die im 6. Jh. mehr als eine halbe Million betrug, ging bis zur Mitte des 8. Jh. zurück, stieg dann wieder und ereichte im 11. Jh. mit über einer halben Million den Höhepunkt. Um 1300 hatte K. um die 100000, vor der türk. Eroberung (1453) nicht mehr als 40000 Einwohner.

Seit seiner Gründung kontinuierlich Regierungssitz des ungeteilten, dann des Oström. Reiches und seit Theodosius I. ständige Residenz, blieb K., trotz periodisch wiederkehrender Stadtbrände, Seuchen und Erdbeben, im MA Großstadt modernen Ausmaßes und Reichshauptstadt, die das Reich polit., wirtschaftlich, rel. und kulturell prägte. Weder wiederholte Angriffe noch Belagerungen (durch Perser, Avaren, Araber, Bulgaren, Rus´) konnte die Mauern überwinden - bis 1204, als K. durch die Ritter des vierten “Kreuzzugs” unter Führung Venedigs erobert wurde. Die Zerstörung und gründliche Plünderung erfaßte auch zahlreiche Monumente und bedeutete das Ende von K.s Blüte und Reichtum. Größere polit. Bed. war der Stadt nach der Regierung Michaels VIII. (bis 1282) nicht mehr beschieden. Sultan Mehmed II. eroberte nach langer Belagerung K. am 29.5.1453.

Makris, Georgios

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   [Standard-Literatur-Liste im PDF-Format]

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04.03.2024 14:57


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