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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Derbicce

Name (modern):

 

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington) ---
Großraum:

Asien östl. d. Maiotis

Toponym Typus:

Ethnikon

Planquadrat:

11A2

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Derbikes, Derbikkai

Barrington Atlas:

 

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Derbicce

Levi:

 

Ravennat:

Derbiceon (p. 20.38), Dercibeon (p. 22.50)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Δρίβυκες (6,2,5); Δερβίκκαι καὶ οἱ Δερκέβοι (6,10,2)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Frühhellenismus (vor 200)

Begründung zur Datierung:

Die Lokalisierung des Derbikker auf der Tabula Peutingeriana entspricht am ehesten den Beschreibungen dieser Region bei Strabo, Pomponius Mela und Plinius.

Kommentar zum Toponym:

Die Derbicce sind identisch mit den Derbikkern, deren Siedlungsgebiete östlich vom Kaspischen Meer liegen. Auf der Tabula Peutingeriana sind die Derbikker östlich des Kaspischen Meeres zwischen den Unterläufen der Flüsse Nigrinus und Oxus eingetragen. Erstmals von Herodot erwähnt (Hdt. 1, 125: Δροπικοί), sind sie bis in die Spätantike und ins Frühmittelalter belegt, so etwa bei Diod. 2, 2. 3. 11 und Ail. var. 9, 7f. = Ktesias FGrHist 688 T 9, 7: Δέρβικες; Curt. 3, 2, 7; Porph. 4, 21; Eus. Pr. Ev. 1, 4, 7; Jul. Hon. 13 A (p. 31 GLM Riese): Derbiccae; 38 A (p. 45 GLM Riese): Derbiccae gens; 38 A (p. 46 GLM Riese): Derbiccae gens; Steph. Byz. (Apollodoros) s.v. Δερβίκκαι (in einigen Handschriften Δελβίκκαι) sowie Δερβισσοί und Τερβισσοί (die er auf Ktesias zurückführt); Cosm. Ravennatus, p. 20, 38: Derbicion (provincia); 22, 50: Dercibeon (provincia).
In der antiken Mittelmeerwelt waren sie seit dem 5.Jh. v.Chr. bekannt: Der persischen Variante der Kyrossage zufolge, wie sie Ktesias in seiner Persika überliefert, rebellierten die Derbikker gemeinsam mit Indern gegen Kyros und wurden ca. 530 v.Chr. vernichtend geschlagen, Kyros selbst wurde in diesen Kämpfen tödlich verwundet (Diod. 2, 2. 3. 11 und Ail. var. 9, 7f. = Ktesias FGrHist 688 T 9, 7); in anderen Fassungen der Kyrossage waren es die Massageten unter der Führung ihrer Königin Tomyris (Hdt. 1, 214, 3) bzw. die Daher, die gegen die Achämeniden kämpften (FGrHist 11 Berossos bei Euseb. Chron., p. 15, 11-20 ed. Karst; vgl. dazu Verbrugghe / Wickersham). Nach Eratosthenes (Strab. 11, 8, 8 [514] = fr. III B 63 Berger; vgl. auch 11, 9, 1 [514]: Δερβίκαι; 11, 11, 8 [520]: Δέρβικες) siedelten sie östlich der Hyrkanier und westlich von Baktrien, Pomponius Mela und Plinius zufolge am unteren Oxos/Usboi und an der Ostküste des Kaspischen Meeres (Plin. nat. 6, 48: Dribyces; Mela 3, 39: Derbices). Nach Dionysius Periegetes waren die Derbikker ein Volk in Hyrkanien am Fluss Mardos (Dion. Per. 732-734. 738: Δερκέβίοι). Ptolemaios zufolge wohnten sie an zwei Stellen (am Unterlauf des Oxos zwischen den Dahern, Massageten und den mit den Tocharern gleichzusetzenden Tapuren (Ptol. 6, 14, 7. 12: Τάπουραι, Ταπουραῖοι) sowie im nördlichen Steppengebiet der Margiane am Amardos (Ptol. 6, 2, 5: Δρίβυκες; 6, 10, 2: Δερβίκκαι).
Offenbar bestand also bei den antiken Autoren eine gewisse Unsicherheit über die Lokalisierung der Derbikker, was zum einen mit Völkerverschiebungen in diesem geographischen Raum zu erklären sein könnte, zum anderen aber auch (so Nagel und Jacobs) auf eine Verwechslung der Derbikker mit den sogdischen Dyrbäern (vgl. Ptol. 6, 12, 4: Δρυβάκται; Steph. Byz. [Apollodoros] s.v. Δυρβαῖοι) bei Ktesias zurückzuführen sein dürfte. Die Belege beim Geographen von Ravenna Belege sind keine Ethnonyme, sondern bezeichnen mit dem Begriff provincia eine Region, d.h. das Siedlungs- bzw. Herrschaftsgebiet der einzelnen Volksstämme mit nomadischer Lebensweise (Cosm. Ravennatus, p. 60, 13: Derbicion; 70, 2: Dercibeon). Diese ethnischen Gruppen im nordiranischen Raum sind nicht zu verwechseln mit den Derbikkai, einem Volksstamm im libyschen Hinterland (Ptol. 4, 6, 16. 22: Δερβίκκαι), die vielleicht mit den Garamantenstädten Dedris oder Debris zu verbinden sind (vgl. dazu Fischer). Der Eintrag auf der Tabula Peutingeriana dürfte einer hellenistischen Rezeptionsstufe zuzuordnen sein, da die Platzierung des Ethnonyms am ehesten den Angaben von Eratosthenes (bei Strabo) und auch den späteren Beschreibungen von Pomponius Mela und Plinius entspricht. - Vgl. auch zu Tanchire (Tocharer).

Literatur:

Wilhelm Tomaschek, in: RE V / 1, 1903, 237f. s.v. Derbikes; Curt Th. Fischer, in: RE V / 1, 1903, 238 s.v. Derbikkai; Miller, Itineraria, 625; Felix Atenstädt, [Apollodoros] ΠΕΡΙ ΓΗΣ. Zur Quellen- und Echtheitsfrage, in: RhM 82, 1933, 115-144, hier 124f.; Wolfram Nagel, Ninus und Semiramis in Sage und Geschichte: Iranische Staaten und Reiternomaden vor Darius, Berlin 1982 (= Berliner Beiträge zur Vor- und Frühgeschichte N.F. 2), 63-67; Muhammad A. Dandamaev, A Political History of the Achaemenid Empire, Leiden 1989, 67; Marek J. Olbrycht, Parthia et ulteriores gentes. Die politischen Beziehungen zwischen dem arsakidischen Iran und den Nomaden der eurasischen Steppen, München 1998 (= Quellen und Forschungen zur antiken Welt 30), 28. 43f. 58. 60; Gerald P. Verbrugghe / John M. Wickersham (Hrg.), Berossos and Manetho, Introduced and Translated: Native Traditions in Ancient Mesopotamia and Egypt, Ann Arbor 2001, 61f.; Bruno Jacobs, Historische Geographie des Steppenraums zur Achämenidenzeit, in: Ursula Hackl / Bruno Jacobs / Dieter Weber (Hrg.), Quellen zur Geschichte des Partherreiches. Textsammlung mit Übersetzungen und Kommentaren, Band 1: Prolegomena, Abkürzungen, Bibliographie, Einleitung, Indices, Karten, Tafeln, Göttingen 2010 (= Novum Testamentum et Orbis Antiquus / Studien zur Umwelt des Neuen Testaments 83), 1-7, hier 6; Ders., Achaemenid Satrapies, in: Encyclopaedia Iranica, online edition 2011 (http://www.iranicaonline.org/articles/achaemenid-satrapies) s.v. 7.2 und 7.2.2 (abgerufen am 8.1.2018); Andrew Nichols, Ctesias on India, London / New York 2013, 141; Daniel Potts, Nomadism in Iran. From Antiquity to the Modern Era, New York 2014, 99-102.

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Letzte Bearbeitung:

11.01.2023 16:20


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=2433 [zuletzt aufgerufen am 30.09.2024]

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