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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Tanchire

Name (modern):

 

Bild:
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asien östl. d. Maiotis

Toponym Typus:

Ethnikon

Planquadrat:

11A5

Farbe des Toponyms:

rot

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Tocharoi (DNP)

RE:

Tachoroi, Tocharoi

Barrington Atlas:

Tochari (6 B1); Tachoroi (6 B2)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Tanchire

Levi:

 

Ravennat:

Tapurion (p. 20.42), Tocarion (p. 20.42)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Τόχαροι μέγα ἔθνος (6,11,6); Τάχοροι (6,12,4); Τακοραῖοι (7,2,15)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

Nachrichten über die Tocharer setzt in der späteren hellenistischen Zeit ein, gelangten aber erst durch Strabo, Plinius und Ptolemaios in die geographische Literatur des antiken Mittelmeerraumes. Daher dürfte der Eintrag in die Kaiserzeit zu datieren sein.

Kommentar zum Toponym:

Strab. 11, 8, 2 (511). 4 (511): Τόχαροι; Plin. nat. 6, 55: Thocari; Ptol. 6, 11, 7: Τόχα�

Die Tabula Peutingeriana bietet mit dem Eintrag des Ethnonyms TANCHIRE weit im Osten von Baktrien eine aufschlussreiche Momentaufnahme der Geschichte Zentralasiens vor dem 2.Jh. v.Chr.: Tanchire bezeichnet das zentralasiatische Volk der Tocharer, das vielleicht identisch ist mit den in den chinesischen Quellen genannten Yüeh-chih (Olbrycht, Parthia et ulteriores gentes, 90-96; Mallory, The Problem of Tocharian Origins), „auch wenn formale Beweise dafür noch nicht ganz überzeugend sind“ (Olbrycht, Parthia et ulteriores gentes, 94). Skeptisch auf Grund neuerer archäologischen Untersuchungen Lanhai, Hui und Wenkan (The separate Origins). Zunächst lebten sie an den südlichen und nördlichen Rändern der Taklamakan-Wüste im Tarim-Becken. Bereits im 2.Jh. v.Chr. unterwarfen sie Gräko-Baktrien, setzten danach den Parthern am Amu Darya an der Nordgrenze ihres Reiches zu und siedelten sich auf sodgischem Gebiet an. Plinius erwähnt sie kurz nach den Serern (nat. 6, 55: Thocari), lokalisiert sie also in ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten im äußersten Osten der Oikumene oder hält eine frühe Phase ihrer Migrationsbewegung fest; die ebenfalls bei Plinius zwischen Maeotis und Kaspischem Meer bezeugten Tocharer (nat. 6, 22: Tagorae) erklären sich durch die Verwechslung von Tanais und Jaxartes. Auf die Verbindung der Tocharer mit der Serike verweist auch das für diesen Stamm namengebende Thaguron-Gebirge (Ptol. 6, 16, 2: Θάγουρον [Ἰθαγούρ] ὄρος) und eine Stadt (Ptol. 6, 16, 8: Θογάρα [Θογόρα]). Auf einen späteren Zeitpunkt bezieht sich Strabo, der die Tocharer am Jaxartes bezeugt (Strab. 11, 8, 2 ([511]). Einen ähnlichen Zeitraum hat offenbar Ptolemaios im Blick, dem zufolge die Tocharer in den Anrainergebieten des nördlichen Jaxartes leben (Ptol. 6, 12, 4: Τάχοροι); er hat hier also die politische Situation des 2.Jh. v.Chr. vor Augen, als die Tocharer bereits Sogdien erobert hatten. Der Bericht von Justin (42, 2, 2) über den Tod des Arsakidenherrschers Artabanos I. in einer Schlacht gegen die Tochari (124/3 v.Chr.) spiegelt eine weitere Phase der Westwanderung dieses Volkes wieder, das im Sog einer größeren Völkerverschiebung in den zentralasiatischen Steppen (129/8 v.Chr.) bis nach Baktrien gelangte und von dort aus die Nordostflanke des Partherreiches bedrohte. Der Eintrag auf der Tabula Peutingeriana dürfte die von Strabo und Ptolemaios beschriebene Konstellation widerspiegeln, wobei Letzterer die Stationen der Wanderungen der Tocharer vom „Land der Serer“ (Ptol. 6, 16, 2. 8) über Sogdien (Ptol. 6, 12, 4: Τάχοροι) nach Baktrien nachzeichnet, wo er sie „als „großes Volk“ (6, 11, 6: Τόχαροι μέγα ἔθνος) ausmacht. Die Tabula Peutingeriana bietet mit dem Eintrag des Ethnonyms Tanchire weit im Osten von Baktrien eine aufschlussreiche Momentaufnahme der Geschichte Zentralasiens vor dem 2.Jh. v.Chr.: Tanchire bezeichnet das zentralasiatische Volk der Tocharer, das vielleicht identisch ist mit den in den chinesischen Quellen genannten Yüeh-chih (Olbrycht, Parthia et ulteriores gentes, 90-96; Mallory, The Problem of Tocharian Origins), „auch wenn formale Beweise dafür noch nicht ganz überzeugend sind“ (Olbrycht, Parthia et ulteriores gentes, 94). Skeptisch auf Grund neuerer archäologischen Untersuchungen Lanhai, Hui und Wenkan (The separate Origins). Zunächst lebten sie an den südlichen und nördlichen Rändern der Taklamakan-Wüste im Tarim-Becken. Bereits im 2.Jh. v.Chr. unterwarfen sie Gräko-Baktrien, setzten danach den Parthern am Amu Darya an der Nordgrenze ihres Reiches zu und siedelten sich auf sodgischem Gebiet an. Plinius erwähnt sie kurz nach den Serern (nat. 6, 55: Thocari), lokalisiert sie also in ihren ursprünglichen Siedlungsgebieten im äußersten Osten der Oikumene oder hält eine frühe Phase ihrer Migrationsbewegung fest; die ebenfalls bei Plinius zwischen Maeotis und Kaspischem Meer bezeugten Tocharer (nat. 6, 22: Tagorae) erklären sich durch die Verwechslung von Tanais und Jaxartes. Auf die Verbindung der Tocharer mit der Serike verweist auch das für diesen Stamm namengebende Thaguron-Gebirge (Ptol. 6, 16, 2: Θάγουρον [Ἰθαγούρ] ὄρος) und eine Stadt (Ptol. 6, 16, 8: Θογάρα [Θογόρα]). Auf einen späteren Zeitpunkt bezieht sich Strabo, der die Tocharer am Jaxartes bezeugt (Strab. 11, 8, 2 ([511]). Einen ähnlichen Zeitraum hat offenbar Ptolemaios im Blick, dem zufolge die Tocharer in den Anrainergebieten des nördlichen Jaxartes leben (Ptol. 6, 12, 4: Τάχοροι); er hat hier also die politische Situation des 2.Jh. v.Chr. vor Augen, als die Tocharer bereits Sogdien erobert hatten. Der Bericht von Justin (42, 2, 2) über den Tod des Arsakidenherrschers Artabanos I. in einer Schlacht gegen die Tochari (124/3 v.Chr.) spiegelt eine weitere Phase der Westwanderung dieses Volkes wieder, das im Sog einer größeren Völkerverschiebung in den zentralasiatischen Steppen (129/8 v.Chr.) bis nach Baktrien gelangt und von dort aus die Nordostflanke des Partherreiches bedrohte. Der Eintrag auf der Tabula Peutingeriana dürfte die von Strabo und Ptolemaios beschriebene Konstellation widerspiegeln, wobei Letzterer die Stationen der Wanderungen der Tocharer vom „Land der Serer“ (Ptol. 6, 16, 2. 8) über Sogdien (Ptol. 6, 12, 4: Τάχοροι) nach Baktrien nachzeichnet. Die von Miller (Itineraria 797) hergestellte Verbindung zu Tazora, dem heutigen Maibūd in der Provinz Kermān, ist auf keinen Fall richtig. - Vgl. auch zu BACTRIANOE, Maxere· und Ta˙hoRa· (Tazora).

Literatur:

Franz H. Weissbach, in: RE IV A / 2, 1932, 1989 s.v. Tachoroi; Miller, Itineraria, 626. 797; Albert Herrmann, in: RE VI A / 2, 1937, 1632-1641 s.v. Tocharoi; William W. Tarn, The Greeks in Bactria and India, Cambridge 1966 (2. Aufl. 2010), 515-519; Franz F. Schwarz, in: KlP 5, 1975, 878f. s.v. Tocharoi; Moti Chandra, Traders and Trade in Ancient India, New Delhi 1977, 95. 96; Fridrik Thordarson, in: Encyclopaedia Iranica 2 / 7, 1987, 764f. s.v. Asii, http://www.iranicaonline.org/articles/asii-or-asiani-an-ancient-nomadic-people-of-central-asia-who-about-130-b (zuletzt aufgerufen am 26.3.2020); Marek J. Olbrycht, Parthia et ulteriores gentes. Die politischen Beziehungen zwischen dem arsakidischen Iran und den Nomaden der eurasischen Steppen, München 1998 (= Quellen und Forschungen zur antiken Welt 30), 89-94; K Enok i/ G.A. Koshelenko / Z. Haidary, The Yüeh-Chih and their Migrations, in: János Harmatta / Baij N. Puri / G.F. Etemadi (Hrsg.), History of Civilizations of Central Asia, Vol. II: The Development of Sedentary and Nomadic Civilizations: 700 B.C. to A.D. 250, Paris 1996 (2. Aufl.), 171-189, hier 171-182; Stefan Falter, Taprobane im Wandel der Zeit. Das Śrî-Laṅkâ-Bild in griechischen und lateinischen Quellen zwischen Alexanderzug und Spätantike, Stuttgart 2000 (= Geographica historica 14), 92f.; Hans Jörg Nissen, in: DNP s.v. Tocharoi, http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e1216430, 17.3.2018; Craig Benjamin, The Yuezhi, Origin, Migration and the Conquest of Northern Bactria, Turnhout 2007 (= Silk Road Studies 14); Étienne de la Vassière, The Triple System of Orography in Ptolemy’s Xinjiang, in: Werner Sundermann / Almut Hintze / François de Blois (Hrsg.), Exegisti Monumenta: Festschrift in Honour of Nicholas Sims-Williams, Wiesbaden 2009 (= Iranica 17), 527-535, hier 528-530; Schuol, Indien, 104f.; James P. Mallory, The Problem of Tocharian Origins: An Archaeological Perspective, in: Sino-Platonic Papers 259, 2015, http://sino-platonic.org/complete/spp259_tocharian_origins.pdf (zuletzt aufgerufen am 27.3.2020); Wei Lanha / Li Hui / Xu Wenkan, The separate Origins of the Tocharians and the Yuezhi: Results from recent Advances in Archaeology and Genetics, in: Melanie Malzahn / Michaël Peyrot / Hannes Fellner/Theresa-Susanna Illés (Hrg.), Tocharian Texts in Context: International Conference on Tocharian Manuscripts and Silk Road Culture, Held June 26-28, 2013 in Vienna, Bremen 2015, 277-299.

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Letzte Bearbeitung:

14.01.2023 14:36


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=2472 [zuletzt aufgerufen am 30.09.2024]

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