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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Abyos cythae (Abyo Scythae)

Name (modern):

 

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asien östl. d. Maiotis

Toponym Typus:

Ethnikon

Planquadrat:

11A3

Farbe des Toponyms:

schwarz/rot

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Abioi

Barrington Atlas:

Abii (6 A1)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Abio Scythae

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Ἄβιοι Σκύθαι (6,15,3)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Archaik

Begründung zur Datierung:

Die Abier sind seit der archaischen Zeit (Homer) in der griechischen Welt bekannt; als eine konkretere Größe, ein tatsächlich existierendes Volk, werden sie jedoch erst durch Strabo und Curtius Rufus in die Literatur eingeführt. Letzterer greift auf Werke des 4. und 3.Jh. v.Chr., z.B. die Alexandergeschichten von Kleitarchos und Ptolemaios (I.) zurück. Daher kann dieser Eintrag auf der Tabula Peutingeriana einer sehr frühen, vielleicht archaischen Rezeptionsstufe zugewiesen werden.

Kommentar zum Toponym:

Die Abier sind schon bei Homer (Il. 13, 6 Ἄβιοι) bezeugt und gelten (neben den Galaktophagen) als ein ideales und gerechtes Volk, das am Rand der Oikumene beheimatet ist; diese Beschreibung stellt Eratosthenes allerdings in Frage (Strab. 7, 3, 7, 1-10 [300]). Auch in der nachhomerischen Literatur finden die Abier immer wieder Erwähnung, vgl. Strab. 7, 3, 2 (296); 7, 3, 6 (298); 7, 3, 9 (302) = Ptolemaios FgrHist 138 F 2; 13, 2, 26 (553): Ἄβιοι; Arr. an. 4, 1, 1f.: Ἄβιοι; Curt. 7, 6, 11: Abii Scythae; Itin. Alex. 81; Ptol. 6, 15, 3: Ἄβιοι Σκύθαι; Amm. 23, 6, 53: Abii; Steph. Byz., Ethnica 8: Ἄβιοι. Wahrscheinlich waren Homers Abier namengebend für die Beschreibung von westkasachischen Nomaden, die ebenso wie Homers mythisches Volk als mobile Gruppe im äußersten Norden präsentiert werden (Ptol. 6, 15, 3). Alexander der Große soll den Abiern verboten haben, den Jaxartes (Syr Darya) zu überschreiten. In der Zeit Alexanders waren die Vorstellungen über die Skythen und ihre Siedlungsgebiete jedoch sehr vage. Für die Alexander-Historiker bildete der Tanais (Don) die Grenze zwischen Asien und Europa, allerdings wurde dieser Fluss mit dem Jaxartes verwechselt. Aus diesem Grund wurden die in Turkestan beheimateten Saken bzw. Skythen - beide Ethnonyme werden bei den antiken Autoren synonym verwendet - mit den nordpontischen Skythen in Verbindung gebracht. In seinen konkreteren Beschreibungen der asiatischen Nomaden bezeichnet Curtius die Völkerschaften jenseits des Tanais als Sacae (7, 9, 17); dieses Ethnonym verwendet er auch für die Nomaden in den Grenzregionen Baktriens und Sogdiens, die Alexander angriff (Curt. 8, 4, 20). Daher sind auf der Tabula Peutingeriana wie auch auf anderen mittelalterlichen Karten (Hereford-Map, Ebstorfer Weltkarte) die Sarmaten westlich des Tanais, die Saken hingegen im zentralasiatischen Raum östlich des Kaspischen Meeres eingezeichnet. Auf der Tabula Peutingeriana sind - entsprechend der homerischen Tradition - die Abier im äußersten Norden eingetragen. Zu erwägen wäre, die Abier mit den bei Plinius (nat. 6, 38) genannten Abzoae gleichzusetzen. Dieses Ethnonym umfasst als Sammelbezeichnung alle an der Verbindung zwischen dem Kaspischen Meer und dem Ozean lebenden Stämme. Die ebenfalls im äußersten Norden gedachten Abier hingegen kommen bei Plinius nicht vor. - Vgl. auch OTios· cyTHae· (OTIO SCYTHAE) und SaGae· Scyt˙Hae· (SAGAE SCYTHAE).

Literatur:

Johannes Toepffer, RE I / 1, 1893, 100 s.v. Abioi; Miller, Itineraria, 625; Marek J. Olbrycht, Die Beziehungen der Steppennomaden Mittelasiens zu den hellenistischen Staaten (bis zum Ende des 3. Jahrhunderts vor Chr.), in: Bernd Funck (Hrg.), Hellenismus. Beiträge zur Erforschung von Akkulturation und politischer Ordnung in den Staaten des hellenistischen Zeitalters. Akten des Internationalen Hellenismus-Kolloquiums, 9.-14. März 1996 in Berlin, Tübingen 1986, 147-170, hier 157; Askold Ivančik, Die hellenistischen Kommentare zu Homer II. 13, 3-6 - Zur Idealisierung des Barbarenbildes - Ephoros und die Philologen der alexandrinischen Schule, ebd., 671-692, hier 678. 688-690; Albert B. Bosworth, A Historical Commentary on Arrian’s History, Oxford 1995, 13f.; Marek J. Olbrycht, Parthia et ulteriores gentes. Die politischen Beziehungen zwischen dem arsakidischen Iran und den Nomaden der eurasischen Steppen, München 1998 (= Quellen und Forschungen zur antiken Welt 30), 40f. 119f.; Hermann Sauter, Studien zum Kimmerierproblem, Bonn 2000, 113. 183. 187ff.; Konstantin Boshnakov, Die Thraker südlich vom Balkan in den Geographika Strabons, Stuttgart 2003, 118f.; Charlotte Schubert, Anarchasis der Weise. Nomade, Skythe, Grieche, Tübingen 2010, 29. 41f. 106; Dies., Amazonen und Transvestiten. Zur Konstruktion von Mythen, Riten und Krankheiten, in: Dies. (Hrg.), Amazonen zwischen Griechen und Skythen. Gegenbilder in Mythos und Geschichte, Berlin 2013, 89-110, hier 96.

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Letzte Bearbeitung:

11.01.2023 16:23


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=2445 [zuletzt aufgerufen am 30.09.2024]

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