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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Gangaris

Name (modern):

Çankırı

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XXXVI     Anadynata     
Toponym nachher XXXV     Pompeiopolis     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asia Minor

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

8A4

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Gangra 1; Germanikopolis 2

Barrington Atlas:

Gangra/Germanicopolis (86 D3)

TIR / TIB /sonstiges:

Gangra (TIB 9, 196-199)

Miller:

Gangaris

Levi:

Gangaris (A,II,2)

Ravennat:

Gangaris (p. 28,38)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Γερμανικόπολις (5,4,5)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Frühhellenismus (vor 200)

Begründung zur Datierung:

Datierung: Die Doppelturmvignette passt am besten in die Spanne die hellenistische Zeit (frühester literar. Beleg bei Eratosthenes) bis zu seiner Annexion 5. v. Chr., als Gangra der religiöse und polit. Hauptort Paphlagonias war, bis die Stadt vorübergehend von Pompeiopolis (8A5, ebenfalls mit einer Vignette ausgezeichnet) als Metropolis abgelöst wurde; oder aber für die Zeit ab den diokletian. Reformen, als Gangra diesen Status wiedererlangte. Die Namensform, falls aus Gangrais/Γάγγραις verschrieben (was allerdings sehr unsicher ist, s. Artikel), würde eher für die spätere Datierung sprechen (erstmals belegt bei Sozomenos, 1. H. 5. Jh.).

Kommentar zum Toponym:

Die gleiche Namensform, wohl vom Neutr. Plur. Gangra, mit eingeschobenem “a” (vielleicht als Schwa-Laut zur Ausspracherleichterung oder schlicht verschrieben aufgrund des vorangehenden und des folgenden “a”, eventuell auch ein Buchstabendreher aus dem seit Sozomenos in der 1. H. des 5. Jh.s belegten Fem. Plur. Gangrais/Γάγγραις) ist nur noch belegt bei:
Rav 2,16 p. 28,38.

Ähnlichste Namensform:
Neutr. Plural τὰ Γάγγρα
häufig belegt seit Eratosth. (fr. III B, 86, S. 335 Berger ap. Steph. Byz. (s. u.), z. B. Strabo 12,3,41 ὕστατος δὲ τῆς Παφλαγονίας ἦρξε Δηιόταρος … τὸ Μορζέου βασίλειον ἔχων τὰ Γάγγρα πολισμάτιον ἅμα καὶ φρούριον (Gemeinde und Festung); Athen. Deipn. 3,82c ἐν Γάγγροις πόλει Παφλαγονικῇ (dort Äpfel von guter Qualität); Not. episc. 1,22; 1,255; 2,17; 3,192 u. ö.; Sokr. Schol. hist. eccl. 2,43,6; Concilium universale Ephesenum anno 431 ACO vol. 1,1,2 p. 61 l. 5 Βοσπόριος ἐπίσκοπος Γαγγρῶν τῆς μητροπόλεως ἐπαρχίας Παμφυλίας u. ö.; OGIS (Orientis Graeci inscriptiones selectae) 532.

Seltener Femin. Plur. Γάγγραι
belegt ab Sozom. hist. eccl. 3,14,35 συνελθεῖν ἐν Γάγγραις τῇ μητροπόλει Παφλαγόνων u. ö.

Alternative Namensformen:
- Femin. Γάγγρα, ‑ας, ἡ
häufig belegt seit Alex. Polyhist., Peri Paphlagonias FGrHist 273 F 68 ap. Nikostrat FGrHist 778 F 1 ap. Steph. Byz. (Namensaition, s. u.); Iust. Nov. 29,1 p. 219 l. 30 Kroll/Schöll ἐν δὲ Παφλαγόσιν αὐτοῖς ἕξει δικαιοδοσίαν πόλεων ἑτέρων ἓξ τῶν ἄνωθεν ἐκείνῃ προσηκουσῶν τῇ χώρᾳ, φαμὲν δὲ Γερμανικοπόλεώς τε τῆς πρὸς Γάγγραν / dicimus autem Germanicopoleos circaque Gangram; ? Hierokl. synekd. 695,5; Steph. Byz. Γάγγρα· πόλις <Παφλαγονίας>, θηλυκῶς. ἣν Ἀλέξανδρος ἐν τῷ Περὶ Παφλαγονίας (Alexander Polyhistor FGrHist 273 F 68) ἀναγράφει λέγων οὕτως ὅτι „Νικόστρατός (Nikostrat FGrHist 778 F 1) φησιν αἰπόλον νέμειν περὶ τοὺς τόπους αἶγας. μίαν δὲ χωριζομένην, ἀπορῶν ὁ αἰπόλος, ὅτι ἐν μὲν τῷ οἴκῳ ἐνδεᾶ ηὕρισκεν, ἐπὶ τῆς νομῆς δὲ πλήρη, ὡμολόγησε τῷ δεσπότῃ. ὁ δ’ ἔφη ἐπιτηρῆσαι τὴν χωριζομένην. ἐπιτηρήσας οὖν εἶδεν ἐπί τινα ὑψηλὸν ὄχθον ἀναβαίνουσαν καὶ πρός τιν’ ἀπρόσβατον πέτραν πορευομένην, καὶ κάτωθεν ἐρίφων βληχὴν ἤκουσεν· ἐκεῖ συμβέβηκεν ἐντετοκέναι τὴν αἶγα. ἰδὼν οὖν ἐπιτήδειον <τὸν> τόπον πόλιν ἔκτισε καὶ Γάγγραν ὠνόμασεν, ὅτι τοῦτο ἦν ὄνομα τῇ αἰγί“. Ἐρατοσθένης (Eratosthenes fr. III B, 86, S. 335 Berger) δὲ οὐδετέρως τὰ Γάγγρα φησί, καὶ Ἀθήναιος ἐν Δειπνοσοφιστῶν γ´ (3,82c) οὕτως. τὸ ἐθνικὸν Γαγγρηνός; zum Feminum s. auch id. s. v. Ankyra.
- Gangra Acta Sanct. 29 Juli p. 41 E Gangram (in Verbindung mit dem Martyrium des Hl. Kallinikos).
- Gangre Plin. 6,6 als oppidum bezeichnet (in den Handschriften auf verschiedene Weise verderbt).

Alternativer Name seit der frühen Kaiserzeit:
- Γερμανικόπολις Ptol. 5,4,5 (unter den Ortschaften Paphlagonias); Iust. Nov. 29,1 Γερ-
μανικοπόλεώς τε τῆς πρὸς Γάγγραν / Germanicopoleos circaque Gangram (s. o.) und in mittelalterlichen Episkopatslisten.
- Γερμανικούπολις bei den Teilnehmern zum Concilium Chalcedonense von 451, Acta conciliorum oecumenicorum vol. 2,1,1 p. 58 l. 15 Schwartz Τυράννου Γερμανικουπόλεως u. ö.

Stadt in Paphlagonia (was auf der TP nicht gut erkennbar ist, wo der Schriftzug Pafalgonia erst einige cm weiter rechts in 8A5 beginnt) südl. des Olgassys (heute: Ilgaz-Dağları), am Zusammenfluss von Xanthos und Halmyros, die auch auf Münzen abgebildet wurden (zur Münzdarstellung eines dritten Flussgott, Podolimos, s. Delrieux 2018). In röm. und byz. Zeit über eine Zubringerstraße verbunden mit der wichtigen W-O-Verbindung A 1 Nikomedeia (8A/B2 Nicomedia – Klaudioupolis (8A/B3 symbol, no name, no. 52) – Amaseia (auf der TP fälschlich verdoppelt in 8A/B5 und 9A1). Dieser Zubringer setzte sich vermutlich über Katamon und Pomeiupolis nach Sinpoe (Route B 5) fort (s. TIB 196), die auch auf der TP eingetragen ist. Die Direktverbindung nach Ancyra (8B4 namenlose Hexagonalvignette, symbol, no name, no. 53) fehlt jedoch auf der TP.
Der Ort umfaßte nach Strabo 12,3,41 das alte Basileion der paphlagon. Dynasten, eine Festung sowie eine Siedlung (s. Marek, DNP).
Gründungssage und Namensaition referiert Steph. Byz. aus Alexander Polyhistor via Nikostrat (s. o.): Demnach stammt der Name Gangra von einer Ziege, die einen schwer zugänglichen Hügel als Rückzugsort für die Geburt ihres Zickleins erwählt hatte, was ein Hirte beobachtete, der dadurch die Eignung der Lokalität für die Gründung einer Siedlung erkannte.
In hellenist. Zeit der religiöse und polit. Hauptort Paphlagonias bis zur Annexion des binnenländischen Paphlagoniens 5. v. Chr. (s. TIB 196).
Hier kamen 3 v. Chr. die delegierten Paphlagonier zusammen, um den Kaisereid auf Augustus zu schwören (dazu Marek 2019), nachdem dieser Gangra 5 v. Chr. zur polis erhoben und die eparchía Paphlagonia eingerichtet hatte (s. Marek, DNP). Während die Akropolis den alten Namen bewahrte, wurde die Stadt wohl nicht viel später “Germanikopolis bei Gangra” benannt. Ab dem 2. Jh. löste Pompeiopolis (TP 8A5) Gangra als Metropolis von Paphlagonia vorübergehend ab, bis im Zuge der diocletianischen Reformen wiederum Gangra zur politischen (und kirchlichen) Metropole wurde (s. dazu TIB 196; zu den entstpre), worauf sich die Vignette auf der TP beziehen könnte.
Auf kaiserzeitlichen Münzen rühmt sie sich als ‘Älteste von Paphlagonia’. Die Münzlegende ἑστία θεῶν verknüpft ihre Ursprünge mit der griech. Mythologie, dem berühmten Götterbankett an dem Tantalos teilnahm, dessen Sohn Pelops als Urvater der Paphlagonier galt (dazu Robert 1980, 213-217). Gangra besaß ein ausgedehntes Territorium mit zahlreichen ländlichen Heiligtümern (Strabo 12,3,40; s. Marek, DNP).
Metropoliten sind von der 1. H. des 4. Jh.s bis in nachbyzantin. Zeit bezeugt. Bereits 325 war der Dionysios-Tempel in die Hauptkirche der Stadt umgewandelt worden, jedoch lebten dort immer noch Heiden. 343 Veranstaltungsort einer Synode. Märtyrerkulte der Hl. Mamas und Kalllinikos (s. TIB 197).

Antike archäolog. Reste sind kaum erhalten (s. TIB 198 mit Lit.)

Inschriften: Kaygusuz 1982; Marek 2016.
Münzen: eine Fülle von Münzfunden aus dem 3. Jh. n. Chr., s. Head HN 433 (Kaisermünzen von Caracalla); Robert 1980; Robertson 1981; Kaygusuz 1982; Bricault 2014; Dalaison, Julie et al. 2015.

Meilenangabe nach Pompeiopolis: XXXV (35),
in Wirklichkeit über 150 km.
Hier sind offenbar Stationen ausgefallen (s. ItMiller 670):
- Rav 2,16 p. 28,38 erwähnt dazwischen Viciu (nicht lokalisiert, s. TIB 281; zu lesen ist vielleicht Docia, s. Schnetz app. ad loc.).
- Wahrscheinlich fehlt auch Kastamonu (BAtlas 86 D2)
Trotz der Defizite wird die Aufnahme dieser Strecke auf der TP jedoch als Indiz für die Existenz für die Route von Sinope nach Asia Minor durch das Gebirge gewertet, das in der Forschung lange Zeit als unpassierbar galt (s. Dan 2009, 68).

Literatur:

Arslan, Melih: Paphlagonia Krallığı ve Gangra-Germanikopolis Sikkeleri, Höyük 2 (2010), 67-124.

Bricault, Laurent: Gangra-Germanicopolis de Paphlagonie "Foyer des Dieux": étude de numismatique et d´histoire (= Numismatica Anatolica 6), Bordeaux 2014.

Dan, Anca: Sinope, ville reine du monde pontique, in: Bru, Hadrien/ Kirbihler, François/Lebreton, Stéphane (Hgg.): L´Asie mineure dans l´Antiquité: échanges, populations et territoires: Regards actuels sur une péninsule, Rennes 2009.
https://books.openedition.org/pur/98385.

Dalaison, Julie et al.: Gangra/Germanikopolis, in: Sylloge nummorum Graecorum 7: Paphlagonie, Pont, Arménie mineure Paris 2015, 48-51.

Delrieux, Fabrice: Un nouveau cours d´eau dans la cité de Gangra-Germanicopolis en Paphlagonie, in: Dan, Anca/Lebreton, Stéphane (Hgg.): Études des fleuves d´Asie Mineure dans l´Antiquité, tome 2, Arras 2018, 179-202.

Kaygusuz, I: Deux inscriptions de Gangra-Germanicopolis (Çankırı), ZPE 49 (1982),
177-183.

Marek, Christian (Zürich), “Gangra”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 22 July 2020
First published online: 2006.

Marek, Christian: Territorium Gangra-Germanikopolis, in: Epigraphische Forschungen in Bithynien, Paphlagonien, Galatien und Pontos, Istanbul 2016, 69-74.

Marek, Christian: Der Kaisereid von Gangra - Neue Überlegungen zum Text, in: Schneider, Helmuth/Thomas, Louisa (Hgg.): Alte Geschichte und Epigraphik. Werner Eck zum 75. Geburtstag (= Philippika 131), Wiesbaden 2019, 77-86.

Robert, Louis: Les titres de Gangra sur les monnaies, in: A travers l´Asie Mineure. Poètes et prosateurs, monnaies grecques, voyageurs et géographie (= Bibliothèque des Ecoles Françaises d´Athènes et de Rome 239), Paris 1980, 203-219.

Robertson, Anne: A Rare Greek Imperial coin of Gangra in Paphlagonia, in: Casson, Lionel (Hgg.): Coins, culture, and history in the ancient world: numismatic and other studies in honor of Bluma L. Trell, Detroit, Mich. 1981, 77-84.

Ruge, W.: Gangra 1, RE 7,1 (1910), 707.

Ruge, W.: Germanikopolis 2, RE 7,1 (1910), 1258.

Zgusta, Ladislav: Kleinasiatische Ortsnamen, Heidelberg 1984, 132.

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Letzte Bearbeitung:

12.12.2022 15:37


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=1216 [zuletzt aufgerufen am 17.09.2024]

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