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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Cyzico

Name (modern):

Belkiz Kale / Balkız im Osten von Erdek

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XLVIII     Cranico     
Toponym nachher XXIIII     Pylae     -     Phemenio     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asia Minor

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

8B2

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Kyzikos

Barrington Atlas:

Cyzicus (52 B4)

TIR / TIB /sonstiges:

Kyzikos (TIB 13, 705-720)

Miller:

Cyzico

Levi:

Cyzico (A,II,1)

Ravennat:

Cizicos (p. 31,1); Cycon (p. 91,33)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Κύζικος* (5,2,2; 8,17,8)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Archaik

Begründung zur Datierung:

Die Stadt war seit ihrer Gründung fast die gesamte Antike hindurch so bedeutend, dass die Auszeichnung mit der Doppelturmvignette gerechtfertigt wäre, abgesehen von den Einbrüchen unter Augustus und Tiberius. Seit Diocletian Metropolis.

Kommentar zum Toponym:

Die TP verwendet die übliche Namensform (in lat. Flexion):

- Cyzicus (von der idg. Wurzel geu- “biegen, krümmen”, s. Zgusta 1984, 271) häufig belegt seit Cic. Verr. 2,5,127, z. B. Sall. hist. frg. 4,69,14 Apud Cyzicum magno cum exercitu in obsidio moranti frumentum defuit; Prop. 3,22,1 Frigida tam multos placuit tibi Cyzicus annos, / Tulle, Propontiaca qua fluit isthmos aqua; Mela 1,98 trans amnem (sc. Granicum) sedet in cervice paene insulae Cyzicum; nomen Cyzicus indidit, quem a Minyis inprudentibus, cum Colchos peterent, fusum acie caesumque accepimus; Amm. Marc. 22,8,5 unde semiorbe turgescens altrinsecus lataque aperiens terrarum diuortia circumfluis spatiis Propontidos respergit ex eoo latere Cyzicum et Dindyma; Oros. 2,6,6
- Cyzicum Plin. nat. 5,142 ultra insulam continenti iunxit Alexander, in qua oppidum Milesiorum Cyzicum, ante vocitatum Arctonnesus et Dolionis et Didymis, cuius a vertice mons Didymus, mox oppida Placia, Ariace, Scylace … (334 v. Chr.).
- Κύζικος, ‑ου, ἡ, sehr zahlreiche Belege, vor allem in der Geschichtsschreibung
seit Hekat. BNJ 1 F 218 Σκυλάκη· πόλις περὶ Κύζικον; F 219 = Steph. Byz. s. v. Δολίονες· οἱ τὴν Κύζικον οἰκοῦντες, οὓς Δολιέας εἶπεν ῾Εκαταῖος, z. B. Ps.-Skyl. 94 καὶ πόλις Πλακία καὶ Κύζικος ἐν τῷ ἰσθμῷ ἐμφράττουσα τὸν ἰσθμόν, καὶ ἐντὸς τοῦ ἰσθμοῦ Ἀρτάκη; Hdt. 4,14,1; Thuk. 8,107,1ff οἱ ἐν τῇ Σηστῷ Ἀθηναῖοι ἔπλεον ἐπὶ Κύζικον ἀφεστηκυῖαν; Xenoph. anab. 7,2,5 Ἀποπλέοντι δὲ Ἀναξιβίῳ ἐκ Βυζαντίου συναντᾷ Ἀρίσταρχος ἐν Κυζίκῳ διάδοχος Κλεάνδρῳ Βυζαντίου ἁρμοστής; Apoll. Rhod. 1,949ff (Ursprungslegende) mit Schol. zu 1,954; Polyb. 22,20,8; Orac. Sibyll. 3,436 Κύζικε, καί σοι πόντος ἀπορρήξει βαρὺν ὄλβον.
Strabo 12,8,11 (als Name von Stadt und Halbinsel) ausführliche Beschreibung als einer der wichtigsten Städte Asias: Ἔστι δὲ νῆσος ἐν τῇ Προποντίδι ἡ Κύζικος συναπτομένη γεφύραις δυσὶ πρὸς τὴν ἤπειρον, ἀρετῇ μὲν κρατίστη μεγέθει δὲ ὅσον πεντακοσίων σταδίων τὴν περίμετρον· ἔχει δὲ ὁμώνυμον πόλιν πρὸς αὐταῖς ταῖς γεφύραις καὶ λιμένας δύο κλειστοὺς καὶ νεωσοίκους πλείους τῶν διακοσίων· τῆς δὲ πόλεως τὸ μὲν ἔστιν ἐν ἐπιπέδῳ τὸ δὲ πρὸς ὄρει· καλεῖται δ´ Ἄρκτων ὄρος· ὑπέρκειται δ´ ἄλλο Δίνδυμον μονοφυές, ἱερὸν ἔχον τῆς Δινδυμήνης μητρὸς θεῶν, ἵδρυμα τῶν Ἀργοναυτῶν. ἔστι δ´ ἐνάμιλλος ταῖς πρώταις τῶν κατὰ τὴν Ἀσίαν ἡ πόλις μεγέθει τε καὶ κάλλει καὶ εὐνομίᾳ πρός τε εἰρήνην καὶ πόλεμον etc.; Diod. 38,8,3; Cass. Dio 70,4,1; Aristeid. 27 Panegyricus auf Kyzikos (166 n. Chr.); Ptol. 5,2,2 Κύζικος*; 8,17,8
Hierokles, Synekdemos 661,15; Steph. Byz. Κύζικος· πόλις τῆς Προποντίδος κειμένη ἐπὶ χερρονήσῳ. ἐκαλεῖτο δὲ καὶ Ἄρκτων νῆσος. τὸ ἐθνικὸν Κυζικηνός καὶ Κυζικηνή. {ἡ
ποίησις} <Ἀπολλώνιος> δὲ τοὺς κατοικοῦντας Κύζικον Δολίονάς φησιν, ὡς Ὅμηρος τοὺς τὴν Ἴσμαρον Κίκονας; Not. episc. passim; Cat. Greek Coins Brit. Mus. Mysia 42f.

Alternative Namensformen:
- Cizicos Rav 2,18 p. 31,1
- Cycon Rav 5,9 p. 91,33 (Cycon Schnetz im Apparat)
- Kyzicon Guido 99

Weitere Namen:
- Arctonnesus (“Bäreninsel), Dolionis (nach dem dort siedelnden Volkstamm), Didymis Plin. nat. 5,142 (s. o.), vgl. die betreffenden Lemmata bei Steph. Byz.

Ortsgeschichten sind bekannt von Agathokles BNJ 472 (3. Jh. v. Chr.), Dei(l)ochos BNJ 471 (1. Jh. v. Chr.) und Neanthes BNJ 171 (2./3. Jh. n. Chr.).

Eigentlich eine Küstenstadt, vielleicht auf der TP ins Binnenland verschoben, weil der Zeichner des Straßennetzes sich mit dem Platz an der Küste verschätzt hat und mit dem bereits eingezeichneten Pylae kollidierte, so dass er ins Landesinnere ausweichen musste. Das wäre ein weiterer Hinweis darauf, wie wenig vorausschauend und großangelegt das Layout des Straßensystems auf der TP, und wie der Zeichner sehr kleinschrittig vorgeht.

Bedeutende Stadt im Mysien am Südabhang einer ins Meer nach Norden vorspringenden gebirgigen Halbinsel (Ἄρκτων νῆσος, heute: Kapıdağı Yarımadası), ursprünglich vielleicht eine Insel, die über Deiche ans Festland angebunden wurde, die später vielleicht als Verbindung zwischen den beiden Häfen durchstochen und dann überbrückt wurden (antike Quellen bei Ruge, RE 228; Forschungsliteratur zur Frage bei Avram 2004, 983). Auf der TP ist diese (Halb-)Insel nicht berücksichtigt. Die Stadt verdankte ihren Wohlstand dem Doppelhafen an der Propontis und dem großen Territorium (vgl. die Beschreibung mit Lage der Stadt bei Strabo 12,8,11; s. Drew-Bear, DNP).
Verkehrsanbindung auf dem Landweg durch die Straße an der S-Küste des Marmarameeres u. der Dardanellen nach W-Kleinasien (Route C 5), durch die Fortsetzung dieser Küstenstraße nach Osten mit Kios (Route C 4) sowie durch weitere durch das Inland nach Adramyttion und Pergamon führende Straßen (Routen D 4; s. TIB 706.

Der eponyme Gründer wurde der Sage nach von den Argonautai getötet (Apoll. Rhod. 1,949ff). In Wirklichkeit erfolgte die Gründung gegen Mitte 7. Jh. von Milet aus unter Übernahme einiger Institutionen, wie des Kalenders und der Phylen. Unter dem Einfluß von Athen hatte Kyzikos später einen hípparchos als eponymen Beamten. Regiert von Tyrannen unter pers. Herrschaft, dann Mitglied im Attisch-Delischen Seebund (Thuk. 8,107) und im 2. Attischen Seebund. Wiederholt belagert und umkämpft, schaffte es oft, seine Unabhängigkeit gegenüber dem Perserreich zu wahren. Dem Seleukidenreich einverleibt, dann mit den Attaliden befreundet (s. Drew-Bear, DNP).
Von Manlius Vulso im Vertrag von Apameia 188 v. Chr. für frei erklärt; unterstützte 154 v. Chr. Attalos II. im Krieg gegen Prusias II. zur See (Polyb. 33,13,1) und widersetzte sich Aristonikos (IGR IV 134). Obwohl von Fimbria erpresst (Diod. 38,8,3), blieb es mit Lucullus verbündet und widerstand der großen Belagerung durch Mithridates VI. 73 v. Chr. (Plut. Lucullus 9f; s. Drew-Bear, DNP). Von da an bis ins 1. Jh. n. Chr. größte Ausdehnung des Stadtterritoriums (s. TIB 706), Im J. 67 v. Chr. war der Ort mit Pompeius gegen Mithradates, dann mit Caesar (IGR IV 135) und schließlich mit Brutus (Plut. Brutus 28) gegen Sex. Pompeius verbündet (App. civ. 5,137). Unter Augustus vorübergehend Verlust der Freiheit (Cass. Dio 54,7; 23) (s. Drew-Bear, DNP) und endgültig 25 n. Chr., nachdem Tiberius die Stadt der Provinz Asia eingliederte (Tac. ann. 4,36; Cass. Dio 57,24,6). Gutes Verhältnis zu Caligula (Syll. 366); in dieser Zeit Förderung durch Antonia Tryphaina, die Gemahlin des Thrakerkönigs Kotys (s. Ruge, RE 231).
Nach einem Erdbeben half Kaiser Hadrianus 124 n. Chr. beim Bau des berühmten gewaltigen Zeustempels (Aristeid. 27) und richtet 138 die vierjährlich zelebrierten Hadrianeia Olympia ein (s. TIB 706). Weitere Erdbeben unter Antoninus Pius und Iustinianus. Gegen Ende des 2. Jh. wurde die pontische Flotte nach Kyziios verlegt. 257/58 bewahrte ein Hochwasser des Ryndakos die Stadt vor einer Plünderung durch die Goten, die auf ihrem Seezug 268/69 vergeblich versuchten, sie zu erobern, jedoch anscheinend die Umgebung verwüsteten. Unter Diocletianus Metropolis der Prov. Hellespontos (Hierokles, Synekdemos 661,15; Not. episc. passim). Seit der Gründung Konstantinopels Überführung von Kunstwerken und Monumenten in die Hauptstadt. 365 eroberten Truppen des Usurpators Prokopios die wegen der dort gelagerten Münzmetallvorräte interessante Stadt. 436 Besuch von Kaiser Theodosios II., der die Stadt förderte (s. TIB 706).
Bischöfe sind seit dem 3. Jh. belegt, teilweise arianische und semiarianische; Märtyrerkulte (dazu TIB 709-711).
Sitz einer Leinenfabrik (Soz. 5,15).
(s. Drew-Bear, DNP)

Archäolog. Funde: u. a. Reste der antiken Festungsmauer (vor allem röm. wenig hellenist), der Hafenanlagen und größerer Gebäude, eines Theaters und des großen Hadrianstempels (dazu Schulz/Winter 1990) und des Aquäduktes (s. TIB 715-717 mit Lit.)

Grabungsberichte in der Zeitschrift Kazı Sonuçları Toplantısı (KST): von A. Yaylali et al. in den Ausgaben 12/2 (1990 [1991]) - KST 19/2 (1997 [1998]) und von N. Koçhan et al 29/1 (2007 [2008]) - 36/1 (2014 [2015]).

Inschriften: Schwertheim (IK 18 und 26); Cremer 1991.

Münzen: Seit Aufkommen der Münzprägung bis zu Philippos II. und Alexander d. Gr. spielten die Elektron-Münzen (Kyzikener) im internationalen Handel eine wichtige Rolle (s. Drew-Bear, DNP). Eigene Münzprägung bis ins 7. Jh. n. Chr. (Lit. bei Avram 2004, 985f).

- Meilenangabe nach Pylae XXIIII (24)
Die XXIIII Meilen (etwa 36 km), die auf der Tabula Peutingeriana zwischen Cyzico und „Lamasco“ stehen, könnten sich (durch leichte Verschiebung nach oben) auf die Strecke Pylae–Cio beziehen (tatsächliche Entfernung 35 km; so schon Miller, Itineraria 694)
(s. TIB 294 Anm. 233).
- Meilenangabe nach Phemenio: fehlt.



Kommentar (Talbert):
-> Stretch to Pylae
On the ground this stretch makes no sense (see BAtlas 52). Perhaps it should be taken as ending at Cio instead, but that is not what the map shows, since the Cio stretch only begins at the chicane preceding the name. If this was indeed the mapmaker´s meaning, then he is undermined here by his own use of stretches for places. To go by sea, rather than by land, from Cyzico to Pylae would make sense. But again, if that is the mapmaker´s point, his layout conveys it poorly.

Literatur:

Alföldi, M. R: Zur Gründung von Kyzikos, Asia Minor Studien 3 (1991), 129–138.

Avram, Alexandru: 758. Priapos, in: Hansen, Mogens Herman/Nielsen, Thomas Heine: An inventory of archaic and classical poleis, Oxford 2004, 983-986.

Başaran, C.: Yeni Topoğrafik Gözlemler Işığında Kyzikos. Sanat Tarihi Araştırmaları
Dergisi 3/9 (1990), 29–34.

Cremer, M.: Hellenistisch-römische Grabstelen im nordwestlichen Kleinasien, I: Mysien, Asia Minor Studien 4,1, Bonn 1991.

Drew-Bear, Thomas (Lyon), “Kyzikos”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 04 September 2020
Erste Online-Erscheinung: 2006.

Ehrhardt, N.: Ktistai in den Argonautika des Apollonios Rhodios. Beobachtungen
zur Entwicklung von Gründungstraditionen in Kyzikos, Kios, Herakleia Pontike und
Sinope, in: Studien zum antiken Kleinasien III (Asia Minor Studien 16), Bonn 1995, 23–46.

Hasluck, F. W.: Cyzicus, Being Some Account of the History and Antiquities of that
City, and of the District Adjacent to it, with the Towns of Apollonia ad Rhyndacum, Miletupolis, Hadrianutherae, Priapus, Zeleia, etc., Cambridge 1910.

Külzer, Andreas: Zwischen Europa und Asien: Zur Darstellung der thrakischen Chersones und des westlichen Kleinasien auf der Tabula Peutingeriana, Orbis Terrarum 14 (2016), 49–68, hier:56f.

Lackner, W.: Eine unedierte Passion der neun Märtyrer von Kyzikos (BHG 2386), Jahrbuch der Österreichischen Byzantinistik 22 (1973), 37–48.

Miller, Itineraria, Sp. 695; 715.

Ruge, W.: Kyzikos, RE 12,1 (1924), 228–233.

Schulz, A./Winter, E.: Historisch-Archäologische Untersuchungen zum Hadrianstempel von Kyzikos, Asia Minor Studien 1 (1990), 33–81.

Schwertheim, E.: Die Inschriften von Kyzikos und Umgebung I. Grabtexte (IK 18),
Bonn 1980; II. Miletupolis. Inschriften und Denkmäler (IK 26), Bonn 1983.

Teichmann, J.: Das Territorium der Stadt Kyzikos zu Beginn der römischen Kaiserzeit, Asia Minor Studien 3 (1991), 139–150.

Zgusta, Ladislav: Kleinasiatische Ortsnamen, Heidelberg 1984, 270f.

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Letzte Bearbeitung:

12.12.2022 16:43


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=1299 [zuletzt aufgerufen am 27.09.2024]

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