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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Castabola

Name (modern):

? Kanlıkavak bei Göksun ?

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XXIIII     Asarino     
Toponym nachher XX     Pagrum     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington) ---
Großraum:

Asia Minor

Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

9B4

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Kastabala

Barrington Atlas:

Castabola (64 false)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Castabola

Levi:

 

Ravennat:

? = Nastavera (p. 28,16)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

 

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

Belegt seit Strabo.

Kommentar zum Toponym:

Namensform nur hier belegt. Es handelt sich wohl um eine mittelalterliche Verschreibung aus “Castabala” (Minuskel “a” zu “o”).

Gebräuchliche Namensformen:
- τὰ Καστάβαλα Strabo 12,1,4 Gebiet um Kastabala wurde von den Römern von Kilikia nach Kappadokia den Königen vor Archelaos übertragen; 12,2,7 Strabo 12,2,7 οὐ πολὺ δ’ ἄπωθεν ταύτης ἐστὶ τά τε Καστάβαλα καὶ τὰ Κύβιστρα, ἔτι μᾶλλον τῷ ὄρει πλησιάζοντα πολίσματα· ὧν ἐν τοῖς Κασταβάλοις ἐστὶ τὸ τῆς Περασίας Ἀρτέμιδος ἱερόν, ὅπου φασὶ τὰς ἱερείας γυμνοῖς τοῖς ποσὶ δι’ ἀνθρακιᾶς βαδίζειν ἀπαθεῖς· κἀνταῦθα δέ τινες τὴν αὐτὴν θρυλοῦσιν ἱστορίαν τὴν περὶ τοῦ Ὀρέστου καὶ τῆς Ταυροπόλου, Περασίαν κεκλῆσθαι φάσκοντες διὰ τὸ πέραθεν κομισθῆναι: Ort in Kappadokia, nicht weit von Tyana (heute: Kemerhisar, südl. von Niğde, s. BAtlas 66 F1), zu dessen Stadtgebiet es später kam, und näher am Taurus-Gebirge, mit einem Kult der Artemis Perasia, bei dem die Priesterinnen über glühende Kohlen laufen; manche erzählen dieselbe Geschichte über Orestes und die Tauropolis und behaupten der Kultname “Perasia” komme daher, dass sie πέραθεν, von jenseits/Übersee herbeigebracht worden sei).
- Castabala (codd. castali-) Plin. nat. 6,8 im Inneren Cappadocias nahe am Euphrat: reliqua sui parte Melitam … haud procul Euphrate Diocaesaream, Tyana, Castabala, Magnopolim, Zelam et sub monte Argaeo Mazacum (Plin. nat. 5,93 kennt ein weiteres Castabala in Cilicia)
= ? Nastavera bei Rav 2,16 p. 28,16 laut ItMiller 737 und Schnetz ad loc.

Betreffs der Korrektheit der Placierung von 9B4/5 Castabola auf der TP werden zwei Erklärungsansätze diskutiert:
1) Es handelt sich um das vom Kartographen fälschlich hierhin verschobene Hierapolis/Kastabala in Lycaonia oder Cilicia (so BAtlas S. 993), einem Kultzentrum der Artemis Peraia / Kybaba, das beim heutigen Bodrum Kalesi, Kesmeburun lokalisiert wird (BAtlas 67 C2), also viel weiter südlich (so etwa auch Ruge, RE 23356).
2) Castabola auf der TP ist zu unterscheiden von Kastabala in Kilikia (s. ItMiller 737, der es bei Kanly Kavak lokalisiert, “wo der Meilenstein 120 und östlich die 2 Meilensteine mit der Zahl 118 (PIH) — CIL III 12176. 12177, dann weitere mit 115 und 114 folgen”; auch Radt comm. ad Strab. 12,1,4, S. 332 nimmt zwei verschiedenen Orte an).

Umfassende Übersicht über antike Erwähnungen von Orten namens Kastabala bei Imhoof-Blumer 1883, 279-282, kritisch diskutiert von Hicks 1890.

Für Möglichkeit 2, also die Annahme zweier verschiedener Kastabala sprechen die beiden oben zitierten Stellen aus Strabo und Plinius, die beide ein Kastabala in Kappadokia, wie es auf der TP zu sehen ist, bezeugen. Nastavera bei Rav 2,16 p. 28,16, das mit Castabola identifiziert wird von ItMiller 737 und Schnetz ad loc., ist zu stark verderbt, um als Zeugnis herangezogen zu werden.
Dass es einen Ort Castabola/Kastabala in Kappadokia gegeben hat, ist der Quellenlage nach also sehr wahrscheinlich.
Mit Blick auf Strabo bieten sich zwei Möglichkeiten der Erklärung an: Entweder teilte sich Kastabala/Hierapolis am Pyramus in Kilikien mit ihrer kappadokischen Namensschwester 9B4/5 Castabola/Kastabala den von Strabo erwähnten Kult der Artemis Perasia (ähnlich wie z. B. die beiden Komana in Pontos und Kappadokia den Oresteskult, s. Hicks 1890, 245) oder Strabo übertrug den Artemis-Perasia-Kult von Hierapolis/Kastabala in Kilikia versehentlich auf den homonymen Ort in Kappadokia (so auch Magie 1950; Casabonne 2001; Andrade 2011, 128, der erwägt, dass sich das kilikische Kastabala den Beinamen Hierapolis in Unterscheidung zum kappadokischen zugelegt hat; zur Forschungsdiskussion hinsichtlich Identität oder Verschiedenheit der beiden Orte s. auch Cohen 1995, 367).

Castabola ist laut TP 24 Meilen von der vorangehenden Station Asarino (wohl heute: Keklikoluk) und 20 von der Folgestation Pagrum (heute: östl. von Elbistan) entfernt. (Auf der modernen Straße über Göksum beträgt die Distanz zwischen Keklikoluk und Elbistan knapp 92 km, auf Fußwegen ca. 86 km). Der Abstand zwischen Asarino und Pagrum ist somit auf jedem Fall zu groß für eine einzige Etappe, folglich muss es eine Zwischenstation, wie Castabola, gegeben haben. Das von ItMiller vorgeschlagene Kanlıkavak bei Göksun mit seinen zahlreichen Meilensteinfunden in der Nähe würde von der Entfernung her für eine Lokalisierung gut passen.

Fazit:
- Wahrscheinlich sind 9B4/5 Castabola/Kastabala in Kappadokien und Kastabala/Hierapolis am Pyramos in Kilikia verschiedende Orte.
- Millers Lokalisierung von Castabola bei Kanlıkavak ist plausibel.

Meilenangabe nach Pagrum: XX (20).





Miller, Itineraria, Sp. 737:
120. Castabola (so Dj oder auch Castabala, irrig Castabula (Ve)), Nastavera (Ra), Castabala (St, l), mit einem Artemistempel; zu unterscheiden von Castabala in Zilizien; j. Kanly Kavak, wo der Meilenstein 120 und östlich die 2 Meilensteine mit der Zahl 118 (PIH) — CIL III 12176. 12177, dann weitere mit 115 und 114 folgen.

Literatur:

Andrade, Nathanael: Local authority and civic Hellenism: Tarcondimotus, Hierapolis-Castabala and the cult of Perasia, Anatolian Studies 61 (2011), 123-132.

Casabonne, O.: La notion de ville-sainte en Anatolie et les deux Kastabala, Le Muséon 114/3-4 (2001), 246-250
Cohen, Getzel M.: The Hellenistic settlements in Europe, the Islands and Asia Minor, Berkeley u. a. 1995, 366-368.

Hicks, E. L.: Inscriptions from Eastern Cilicia, Journal of Hellenic Studies 11 (1890), 236-254, hier: 243-245.
https://www.jstor.org/stable/pdf/623430.pdf?refreqid=excelsior%3A83ce663070102c72088705b111c0a9df&ab_segments=&origin=&acceptTC=1

Imhoof-Blumer, F.: Die Münzen von Hieropolis-Kastabala und über die geographische Lage der verschiedenen Kastabala, Zeitschrift für Numismatik 10 (1883), 267-298.
https://numismatics.org/zfn/38060000321786/115579.pdf

Magie, David: Roman Rule in Asia Minor to the End of the Third Century after Christ, Princeton 1950, Ndr. 1975, 1181f.

Miller, Itineraria, Sp. 737.

Ramsay, W. M.: A Historical Geography of Asia Minor, London 1890, 66; 336; 342f.
https://archive.org/details/historicalgeogra01rams/page/342/mode/2up?view=theater

Ruge, W.: Kastabala, RE 10,2 (1919), 2335f.

Täuber, Hans (Wien), “Kastabala”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 29 September 2022
First published online: 2006

Zgusta, Ladislav: Kleinasiatische Ortsnamen, Heidelberg 1984, 237; 318.

   [Standard-Literatur-Liste im PDF-Format]

Letzte Bearbeitung:

18.12.2022 10:52


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=1422 [zuletzt aufgerufen am 27.09.2024]

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