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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Haci

Name (modern):

 

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington 2000)
Bild (Scheyb 1753) ---
Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Großraum:

Oberhalb Rhein/Donau

Toponym Typus:

Ethnikon

Planquadrat:

1A1 / 1A2

Farbe des Toponyms:

schwarz/rot

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

 

Barrington Atlas:

Chauci (10 D3)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

[C]Haci

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Καῦχοι οἱ Μικροί (2,11,11; 2,11,16); Καῦχοι οἱ Μείζους (2,11,11; 2,

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

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Begründung zur Datierung:

 

Kommentar zum Toponym:

Nach Strabo (7, 1, 3 [291]. 4 [292]), Plinius (nat. 4, 96-100) und Tacitus (Germ. 30-36) würde man in einer Aufzählung der Germanenstämme die Chatti, Chauci, Chasuarii, Chamavi, Angrivarii, Dulgubnii, Frisii, Cherusci erwarten, wobei der Entstehungsgeschichte der Tabula Peutingeriana entsprechend immer auch spätere Überarbeitungen in Form von Zusätzen oder Tilgungen von nicht mehr existierenden oder unbedeutend gewordenen ethnischen oder miteinander verbündeten Gruppen in Betracht zu ziehen sind.
Kommentar: Das erstgenannte Ethnonym ist wahrscheinlich mit den Chauci zu gleichen. Auf der Tabula Peutingeriana wird das Ethnonym (scheinbar?) falsch mit HACI wiedergegegeben, Talbert hat offenbar das ganz dicht an der Küstenlinie platzierte C nur zu der dritten, direkt oberhalb des Rheins platzierten Zeile gezogen und liest daher HACI (https://www.cambridge.org/us/talbert/talbertdatabase/TPPlace2839.html). Meines Erachtens und wie bereits von Miller erwogen (ItMiller 612) kann es aber zugleich mit dem ersten Ethnonym in der obersten Zeile verbunden werden, was von dem Schreiber vielleicht sogar als besondere graphische Finesse gedacht ist (wenn man hier nicht einfach nur Platzgründe in Anschlag bringen will).
Plinius (nat. 4, 96) und Tacitus (Germ. 2) zählen die Chauci zusammen mit den anderen Germanenstämmmen (Kimbern, Teutonen, Angeln, Sachsen, Friesen) zur gens Inguaenonum. Strabo kennt sie unter dem Ethnoym Καῦκοι (Strab. 7, 1, 3 [291]), andere Varianten sind z.B. Καῦχοι (Ptol. 2, 11, 11), Cauchi (Vell. 2, 106; Tac. ann. 11, 18. 19: Chauci; hist. 4, 79. Suet. Claudius 24; SHA Did. Iulian. 1, 7) und Cauci (Hist. Aug. Did. Iulian. 1, 7; hierher wohl auch Claudian cons. Stilich. 1, 225 und Eutrop. 1, 379). Nach der Unterwerfung der Chauci durch Drusus 11 v.Chr., vgl. Cass. Dio 54, 32) führten die Römer gegen sie mehrere Feldzüge (z.B.nach deren Beteiligung am Bataver-Aufstand). Die Chauken lebten beidseitig der unteren Weser und mussten dem neuen politischen Oberherrn Hilfstruppen stellen (Tac. ann. 1, 60: Chauci); sie waren im 1. Jh. n.Chr. also östlich der Frisii ansässig, wo sie ein riesengroßes Territorium (immensum terrarum spatium) besessen hätten (Tac. Germ. 35: Chauci). In der Spätantike dehnten sie sich aber offenbar viel weiter nach Westen bis an den Rhein aus (Claudian cons. Stilich. 1, 225).
Das zweite Element in dieser ersten von insgesamt drei Zeilen mit der Nennung verschiednener Gruppierungen dürften die Chattuarii sein. Sie waren ein rechtsrheinischer Stamm im Maas-/Rheingebiet. Über die Wohnsitze der Chauci, Chatti und Chatuarii scheint bereits in der Antike Unsicherheit bestanden zu haben (Ihm, Chatti). Wie z.B. auch die Chamavi und Bructeri, Amisvarii usw. zählten sie zur Stammeskonföderation der Franken und lebten in Südfriesland (Strab. 7, 1, 3 [291]. 4 [292]: Χαττουάροι; Vell. Pat. 2, 105: Attuarii; Tac. Germ. 34: Chasuarii; Ptol, 2, 11, 22: Κασουάριοι; Cass. Dio: Χαττουάροι 54, 32?; Veroneser Völkertafel 13, 21 Seeck 251: Gallovari; vgl. auch 15, 6 Seeck 253: Casuariorum). Ebenso wie gefangene Bructeri, Usipi und Cherusci wurden sie 17 n.Chr. im Triumph des Germanicus mitgeführt (Tac. hist. 2, 41; vgl. Strab. 7, 1, 4 [292]: Χαττουάροι). Im 4.Jh. nennt Ammianus Marcellinus sie als Teilverband der Sueben (Amm. 20, 10, 2: Atthuarii).
Das dritte Element in dieser Zeile ist wohl eine verstümmelte Form des Ethnonyms Angrivarii bzw. Agrivarii (Tac. ann. 2, 8. 19. 22. 24. 41: Angrivarii; Ptol. 2, 11, 16: Ἀνγριουάριοι [Ἀγριουάριοι]; Veroneser Völkertafel 13, 13 Seeck 251: Angri Angriuari) oder - weniger wahrscheinlich, da die Existenz dieses in Tacitus’ Germania nicht genannten und ab dem 4.Jh. zu den Franken gerechneten Volkes ab dem späteren 1.Jh. n.Chr. sehr fraglich ist - Amsivarii bzw. Ampsivarii (Strab. 7, 1, 3 [291]. 4 [292]: Καμψ[ι]ανοί / Ἀμψ[ι]ανοί [vgl. zusammenfasssend zur Problematik dieser Gleichsetzung vgl. Reichert, in: RGA 16, 215; Radt, Strabons Geographika, Kommentar, 235]; Tac. ann. 13, 55. 56: Ampsivarii; Iul. Hon. 26A [Riese 40]: Amisvari gens; Veroneser Völkertafel 13, 12 Seeck 251: Amsiuari; Not. Dign. Occ. 5, 40. 188; 6, 70: Ampsiuarii; Sulpicius Alexander im Zitat in Greg. Tur. 2, 9: Ampsivarii). Die Agrivarii und die Chamavi seien, so Tacitus (Tac. Germ. 33), zu seiner Zeit die direkten Nachbarn der Chatten; ihre Wohnsitze hätten sie beidseitig der mittleren Weser und seien Nachbarn der Chauken, Am(p)sivarier und Cherusker. Als Elemente der ersten Zeile dürften also die Ethnonyme Cha(u)ci, (Chas)uarii, (Angri)varii oder (Am[p]si)varii zu rekonstruieren sein.
Die Chatti, von Strabo zusammen mit den Chattuarii und Cherusci genannt (Strab. 7, 1, 3 [291]. 4 [292]: Χάττοι), von Tacitus „jenseits“ (ultra) der Bataver platziert (Germ. 30f.) und von Ptolemaios (2, 11, 23: Χάτται [Λάτται] / Χαῦτται) als benachbarte Stämme die Sueben und Chattuarier geführt, sind auf der Tabula Peutingeriana offenbar nicht eingetragen. Das ist angesichts der vergleichsweise guten Bezeugung dieser Gruppe erstaunlich (vgl. z.B. auch Vell. 2, 109; Plin. nat. 4, 28; Tac. ann. 13, 56f.: Chatti; Cass. Dio: Χάττοι; Oros 6, 21, 15; Chatti; Veroneser Völkertafel 13, 16 Seeck 251: Cati; Sulpicius Alexander im Zitat in Greg. Tur. 2, 9: Catthi), zumal Tacitus sie noch einmal ausführlich in seinem Chatten-Exkurs (Germ. 30-35) beschreibt. - Vgl. auch CHAMAVI· QVIe˙LPRANCI· (Chamavi), BVRCTVRI· (Bructeri) und CRHe˙PSTINI· (Cherusci).

Kommentar (Talbert):
Note that Haci (and Vapii after it), both names in red, are each followed by a stop in black. By contrast, the third name in succession (Varii) and its stop are both in red.

Miller, Itineraria, Sp. 612:
[C]Haci (Es heißt Haci, aber c könnte auch doppelt zu nehmen sein, so dass Chaci zu lesen wäre) statt Chauci (Ho und LV, Tac), Cauchi (Pt (siehe Abh. von Haupt in Haupts Zeitschr. f. D. Altertum. III. Bd. S. 189 ff. Leipzig 1843)). Während des Markomannenkrieges unter Markus musste der Legat der Belgica den Landsturm gegen die Chauci aufbieten (es war wohl ein Piratenzug); sie haben die Nordküste früher oder später oft heimgesucht.

Datierung (Barrington):
Chauci - Roman (RGermAlt)

Literatur:

Miller, Itineraria, Sp. 612;

Zu den Chauci vgl. Maximilian Ihm, in: RE III / 2, 1899, 1899, 2201f. s.v. Chauci; Karlheinz Dietz, in: DNP 2, 1997, 1112 s.v. Chauci. - Zu den Chattuarii vgl. Maximilian Ihm, in: RE III / 2, 1899, 2196 s.v. Chasuari(i); Friedrich Kauffmann, Deutsche Altertumskunde, 245f. 393; Gerhard Mildenberger / Günter Neumann / Harald von Petrikovits, in: RGA 4 (2. Aufl.), 1981, 391-393 s.v. Chattwarier, Wiederabdruck in: Günter Neumann, Namensstudien zum Altgermanischen. Herausgegeben von Heinrich Hettrich / Astrid van Nahl, Berlin 2008, 323f.; Karlheinz Dietz. in: DNP s.v. Chattuarii; Michael Schmauder, The Relationship between Frankish gens and regnum: A Proposal based on the Archaeological Evidence, in: Hans-Werner Goetz/Jörg Jarnut/Walter Pohl (Hrsg.), Regna et Gentes. The Relationship between Late Antique and Early Medieval Peoples and Kingdoms in the Transformation of the Roman World, Leiden 2013 (= Transformation of the Roman World 13), 271-306, hier 276; Frans Theuws, ‚terra non est‘: Zentralsiedlungen der Völkerwanderungszeit im Maas-Rhein-Gebiet, in: Heiko Steuer/Volker Bierbrauer (Hrsg.), Höhensiedlungen zwischen Antike und Mittelalter von den Ardennen bis zur Adria, Berlin 2008 (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 58), 765-793. - Zu den Angrivarii vgl. Maximilian Ihm, in: RE I / 2, 1894, 2192f. s.v. Angrivarii; Reinhard Wenskus, in: RGA 1, 1973 (2. Aufl.), 333 s.v. Angriwarier; Karlheinz Dietz. in: DNP s.v. Angrivarii; Morten Hegewisch, Von Leese nach Kalkriese. Ein Deutungsversuch zur Geschichte zweier linearer Erdwerke, in: Ernst Baltrusch/Morten Hegewisch/Uwe Puschner/Christian Wendt (Hrsg.), 2000 Jahre Varusschlacht. Geschichte - Archäologie - Legenden, Berlin/Boston 2012, 177-210, 179f.; Reinhard Wolters, die Römer in Germanien, ???. - Zu den Ampsivarii vgl. Maximilian Ihm, in: RE I / 2, 1894, 1982f. s.v. Amsivarii; Theodor von Grienberg, in: RE S 3, 95???; Reinhard Wenskus, in: RGA 1, 1973 (2. Aufl.), 257 s.v Amsivarier; Karlheinz Dietz. in: DNP s.v. Am(p)sivarii; Hermann Reichert, in: RGA 16, 2000 (2. Aufl.), 215 s.v. Kampsianoi; Klaus-Peter Johne, Die Römer an der Elbe. Das Stromgebiet der Elbe im geographischen Weltbild und im politischen Bewusstsein der griechisch-römischen Antike. Berlin 2006, 193; Stefan Rad (Hrsg.), Strabons Geographika. Mit Übersetzung und Kommentar, Band 6: Buch V-VIII, Kommentar, Göttingen 2007, 235; Klaus Tausend: Im Inneren Germaniens. Beziehungen zwischen den germanischen Stämmen vom 1. Jh. v. Chr. bis zum 2. Jh. n. Chr., Stuttgart 2009 (= Geographica Historica 25), 34. - Zu den Chatten vgl. Maximilian Ihm, in: RE III/2, 1899, 2199-2201 s.v. Chatti; Wolfgang Jungandreas/Günter Neumann/Harald von Petrikovits, in: RGA 4 (2. Aufl.), 1981, 377-381, s.v. Chatten, Wiederabdruck in: Günter Neumann, Namensstudien zum Altgermanischen. Herausgegeben von Heinrich Hettrich/Astrid van Nahl, Berlin 2008, 322f. - Zu den Ripuarii vgl. Hans Kuhn, Das römische Kriegswesen im germanischen Wortschatz, in: Zeitschrift für deutsches Altertum und deutsche Literatur 101, 1972, 13-53, hier 23-26, Wiederabdruck in: Ders., Kleine Schriften. Aufsätze und Rezensionen aus den Gebieten der germanischen und nordischen Sprach-, Literatur- und Kunstgeschichte, herausgegeben von Dietrich Hoffmann. Vierter Band: Aufsätze aus den Jahren 1968-1976, Berlin 1978 (= Kleinere Schriften zur Sprach-, Literatur- und Geistegeschichte), 23-60; Ders., Das Rheinland in den germanischen Wanderungen II, in: Rheinische Vierteljahresblätter 38, 1974, 1-31, hier 20-23, Wiederabdruck in: Ders., Kleine Schriften. Aufsätze und Rezensionen aus den Gebieten der germanischen und nordischen Sprach-, Literatur- und Kunstgeschichte, herausgegeben von Dietrich Hoffmann. Vierter Band: Aufsätze aus den Jahren 1968-1976, Berlin 1978 (= Kleinere Schriften zur Sprach-, Literatur- und Geistesgeschichte), Berlin 1978, 489-522; Matthias Springer, Gab es ein Volk der Salier?, in: Dieter Geuenich / W. Haubrichs / J. Jarnut (Hrsg.), Nomen et Gens. Zur Aussagekraft frühmittelalterlicherPersonennamen, Berlin 1997 (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 16), 58-63, hier 60; Ders., Riparii - Ribuarier - Rheinfranken nebst einigen Bemerkungen zum Geographen von Ravenna, in: Dieter Geuenich (Hrsg.), Die Franken und die Alemannen bis zur „Schlacht von Zülpich“ (496/497), Berlin 1998 (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 19), 200-269; Ders., in: RGA 24 (2. Aufl.), 2003, 569-573 s.v. Ribuarier; Horst W. Böhme, Gallische Höhensiedlungen und germanische Söldner im 4./5. Jahrhundert, in: Heiko Steuer / Volker Bierbrauer (Hrsg.), Höhensiedlungen zwischen Antike und Mittelalter von den Ardennen bis zur Adria, Berlin 2008 (= Ergänzungsbände zum Reallexikon der Germanischen Altertumskunde 58), 71-104.

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Letzte Bearbeitung:

02.01.2023 17:31


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=1989 [zuletzt aufgerufen am 27.11.2024]

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