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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Mileopoli

Name (modern):

Melde / Hamamli

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XXII     Appollonia     
Toponym nachher XXXIII     Hadrianuteba     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asia Minor

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

8B3

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Miletupolis, Miletopolis (DNP)

RE:

Miletopolis 1

Barrington Atlas:

Miletopolis (52 C4)

TIR / TIB /sonstiges:

Milētupolis (TIB 13, 782f)

Miller:

Mileopoli

Levi:

Mileopoli (A,I,2)

Ravennat:

Militropolis (p. 31,10)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

 

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

Datierung: Die Vignette verweist wohl am ehesten auf die Zeit des Wohlstands zwischen Mitte 1. und Mitte 3. Jh. n. Chr. Auch die seit Plin. d. Ä. (nur im Lat.) belegte Namensform passt in dieses Zeitfenster.

Kommentar zum Toponym:

Die Zweiturmvignette, etwas schmaler als üblich, vielleicht nachträglich von anderer Hand ergänzt. Die rote Straßenlinie verläuft ungewöhnlicherweise durch die Vignette hindurch. Es sieht so aus, als sei die Vignette beim Kopierprozess zunächst vergessen und dann nach Einzeichnung des Straßenzuges nachgetragen worden.

Ein Fleck auf dem Pergament stört die Lesbarkeit des Namens, der am deutlichsten auf der Photographie von 1888 erkennbar ist (s. http://www.cambridge.org/us/talbert/talbertdatabase/TPPlace2200.html).

Die Namensform ist nur hier belegt, offenbar verschrieben aus Miletopolis/Μιλητόπολις was laut Ruge, RE 1583 die ältere Form des Ortsnamens darstellt, was bezweifelt wird von Radt, comm. ad loc. S. 510, der umgekehrt annimmt, Μιλήτου πολις (verschmolzen zu Μιλητούπολις) sei die ursprüngliche Form gewesen und Μιλητόπολις sei eine (vom Ethnonym Μιλητοπολίτης beeinflusste) spätere Rückbildung, wie bei diesen Toponymen häufig zu beobachten.

- Die der Namensform auf der TP zugrundeliegende Form Μιλητόπολις ist in der griech. Lit. jedenfalls nicht belegt.
- In der lat. Literaur kommt dagegen nur Miletopolis vor, und zwar seit Plin. nat. 5,142 amnes Horisius et Rhyndacus, ante Lycus vocatus; oritur in stagno Artynia iuxta Miletopolim; Oros. 6,2,10 ac mox arrepto exercitu Mithridatis filium ex Asia ad Miletopolin fugat, stationem regis inuadit ipsumque Pergamo pellit, so das hier vielleicht eine lateinische Quelle anzunehmen ist.
- verschrieben zu Militropolis Rav 2,18 p. 31,10.

Übliche Form:
- Μιλητούπολις Apollodor gramm. FHG I frg. 178 Müller; Strabo 13,1,58 (aus Demetrios, 2. Jh. v. Chr.) Ἀσσίων γάρ ἐστι κτίσμα τὰ Γάργαρα (οὐκ εὖ συνοικούμενα· ἐποίκους γὰρ οἱ βασιλεῖς εἰσήγαγον ἐκ Μιλήτου πόλεως ἐρημώσαντες ἐκείνην, ὥστε ἡμιβαρβάρους γενέσθαι φησὶ Δημήτριος αὐτοὺς ὁ Σκήψιος (Demetrios von Skepsis FGrHist 2013 F 36) ἀντὶ Αἰολέων; 12,8,10 zur Lage am Miletopolitis-See: πρὸς δὲ τῇ Μιλητοπολίτιδι Μιλητούπολις (Μιλήτου πολις Radt); Steph. Byz. Μιλητούπολις· πόλις μεταξὺ Κυζίκου καὶ Βιθυνίας περὶ τὸν Ῥύνδακα.

Späte Formen:
- Μελιτούπολις, z. B. Not. Episc. 1,160 u. ö.
- Μειλητόπολις CIG III 5944.
- Verkürzt zu Μόλις bei Hierok. synekd. 663,1 (Stadt in Hellespont).

Stadt in Mysia am nach ihr benannten (heute verlandeten) See (Μιλητοπολῖτις λίμνη), der auf der TP fehlt. Miletopolis lag im Gebiet des Flusses Rhyndakos (Strabo 2,8,10; Steph. Byz.); bei dem Fluss, auf der TP links von der Ortsvignette verläuft, dürfte es sich jedoch eher um den Caicus handeln (zur mutmaßlichen antiken Hydrographie von Miletopolis und Umgebung s. Schwertheim 1983, 91-95). Über den See und einen Fluss (den Rhyndakos?) Zugang zum Meer und damit bis in röm. Zeit zum Seehandel. Zu unterscheiden vom nahegelegenen, vielleicht zeitweise abhängigen Miletuteichos (s. Schwertheim 1983, 95-99; TIB 782).
Lag an der röm. Straße von Prusa (8B3 Prusad Olympum) und Apollonia (8B3 Appollonia) nach Pergamon (8B3/4 Pergamo, s. TIB 782f), in Wirklichkeit wsw. der vorangehenden Station Apollonia. Diese Straße verläuft auf der TP schon von 8B2/3 Cio/Kios an in die falsche Richtung.

Einige Münzen seit Hadrian mit der Legende ΜΕΙΛΗΤΟΣ ΚΤΙΣΤΗΣ behaupten eine Gründung der Stadt nach einem (wohl milesischen) Heros namens Miletos (s. Schwertheim 1983, 81, Nr. 28f; 102f; Avram 2004, 988), der laut Nikolaos von Damaskos FGrHist 90 F 63 in die lydische Herrscherfamilie einheiratete, jedoch ins Exil getrieben wurde (s. Avram 2004, 988).
Tatsächlich 7./Anf. 6. Jh. v. Chr. gegründet, wohl entweder von der milesischen Kolonie Kyzikos oder von Athen (zur Forschungsdiskussion s. Schwertheim 1983, 103f).
Vielleicht seit 410/409 v. Chr. Mitglied im Attisch-Delischen Seebund (ATL 1,342f.; 520; ATL 2,81; 86; 25; 204, skeptisch TIB 782), prägte seit dem 4. Jh. v. Chr. Münzen. Im 3./2. Jh. v. Chr. verwüstet, Teilumsiedlung der Bewohner nach Gargara (Strabo 13,1,58).
85 v. Chr. Schauplatz der Schlacht zwischen Mithradates´ Sohn und Flavius Fimbria (Oros. 6,2,10).
Gehörte zu Gerichtsbezirk von Andramyttion (von Plin. nat. 5,123 unter den bedeutenderen Städten aufgezählt). Nach einer Zeit des Niederganges und vermutlich der Unterstellung unter Kyzikos offenbar Wiedererlangung von Unabhängigkeit und wirtschaftlichem Wohlstand im 1. Jh. n. Chr., der wohl auf Handel und Landwirtschaft basierte, wie inschriftliche und numismatische Zeugnisse sowie die Errichtung eines Errichtung eines Tychetempels nahelegen, wohl auch aufgrund der Förderung durch Hadrian, der auf Inschriften als Retter gefeiert wird (s. Schwertheim 1983, 126-131).
Diese Blütezeit endete offenbar in der Mitte des 3. Jh.s; die letzen Münzen wurden unter Philippus II (247 – 249 n. Chr.) geprägt; der Bedeutungsverlust steht wohl auch im Zusammenhang mit den Goteneinfällen von 257/58 u. 268/69 (s. Schwertheim 1983, 131 und id., DNP). Auf der TP ist Mileopoli noch mit einer Zweiturmvignette augezeichnet, die den Ort als recht bedeutend herausstellt.
Ab dem 4. Jh. als Bistum in Hellespont nachgewiesen, Suffragan von Kyzikos (s. Schwertheim 1983, 131f; TIB 782).

Dass Miletopolis, wie Schwertheim 1983, 102 vermutet, immer im Schatten von Kyzikos (8B2 Cyzico) stand, schlägt sich auf der TP nicht nieder, da die Orte beide mit einer Zweiturmvignette ausgezeichnet sind.

Die Lokalisierung bei Melde 5 km nw. von Mustafa Kemalpaşa gilt heute als gesichert aufgrund von Strabo 12,8,10, Münzfunden und Namenskontinuität (s. Schwertheim 1983, 89f; Avram 2004, 988), was auch zu der Distanzangabe von 20 Meilen von Apollonia auf der TP passt.

Archäolog. Reste: Seit den Rettungsgrabungen von 1975 und 2008 verstärkte Grabungsaktivität.
In Melde und Umgebung Funde von Bauspuren, Inschriften, Skulpturen u. Architekturfragmenten; Teile eines Bruchsteinfundamentes mit Hypokaustenpfeilern
(Thermen?) sowie Quadermauerwerk; Reste von Gebäuden, auch am Fuße einer kleinen
Hügelkette. Die sich von hier nach W hin erstreckenden Hügel sind mit antiker u. byz. Keramik übersät, hier auch zahlreiche Kleinfunde. Im vermuteten Stadtareal antike Inschriften. Tempelreste, wohl der Agathe Tyche von Miletopolis schließen und viele
aus hadrianischer Zeit, vielleicht von einem Heiligtum für den Kaiser selbst. Verschleppte Inschriften in den umliegenden Dörfern.

Zu den Funden zuletzt Gündüz – Dumankaya 2016. Ältere Lit. bei TIB 783.

Inschriften und Stadtgeschichte: Schwertheim 1983 (IK 26) und 1985.

Meilenangabe nach Hadrianuteba: XXXIII (33),
in Wirklichkeit ca. 75 km.

Literatur:

Avram, Alexandru: Miletoupolis, in: Hansen, Mogens Herman/Nielsen, Thomas Heine: An inventory of archaic and classical poleis, Oxford 2004, 988f.

Gündüz, S. Dumankaya, O.: Liman Kenti Miletopolis, in: S. Sevım/M. Eren/M. Çubukçu/H. Ersöz (Hgg.): Uluslararası III. Mustafakemalpaşa Sempozyumu.13-14-15 Mayıs 2016 / Bursa-Mustafakemalpaşa, Bursa 2016, 101–116.

Miller, Itineraria, Sp. 713.

Ruge, W.: Miletopolis 1, RE 15,2 (1932), 1583-1585.

Şahin, Mustafa: Figürliche Grabstelen und Weihreliefs aus Miletupolis, Istanbuler Mitteilungen 47 (1997), 179-197.

Schwertheim, Elmar: Die Inschriften von Kyzikos und Umgebung. Teil 2: Miletupolis (= IK 26), Bonn 1983, 89–132.

Schwertheim, Elmar: Neue Inschriften aus Miletupolis, Epigraphica Anatolica 5 (1985), 77–88.

Schwertheim, Elmar (Münster), “Miletupolis, Miletopolis”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 23 November 2020
First published online: 2006.

Zgusta, Ladislav: Kleinasiatische Ortsnamen, Heidelberg 1984, 383.

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Letzte Bearbeitung:

12.12.2022 16:25


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=1306 [zuletzt aufgerufen am 26.09.2024]

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