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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Colofon

Name (modern):

südl. von Degirmendere am Golf von Kuşadası an der Mündung des Avci Çayi

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XV     Lebedo     
Toponym nachher XX     Ephesum     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asia Minor

Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

8B5

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Kolophon 3; Notion 1

Barrington Atlas:

Colophon/Colophon ad Mare/Notion (61 E1)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Colofon

Levi:

 

Ravennat:

Colophon (p. 30,54; p. 91,20)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Κολοφών (5,2,6)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

Ab dem 1. Jh. n. Chr. begann der Name “Colophon (ad mare)” den alten Namen Notion zu verdrängen. Das passt zu den bisherigen Ausgrabungsergebnissen, nach denen eine intensive Besiedlung nach dem 1. Jh. n. Chr. bislang nicht nachgewiesen wurde, was (mit großer Vorsicht) erklären könnte, warum die zeitweise bedeutende Hafenstadt auf der TP nicht mir einer Vignette ausgezeichnet ist. Eine Datierung nach dem 1. Jh. n. Chr. erscheint daher am wahrscheinlichsten. Die Graphie “Colofon” ist seit dem 4. Jh. nachweisbar, könnte jedoch eher auf einen mittelalterlichen Kopisten zurückgehen (s. Kommentar).

Kommentar zum Toponym:

Auf der TP ist Colofon als Küstenstadt eingetragen; daher ist wohl Colophon ad Mare, ehemals Notion, gemeint, und nicht Alt-Kolophon (literar. belegt seit Mimnermos frg. 9 West, z. B. Aristot. pol. 4,1290 b15), das 13 km weiter nördl. im Landesinneren beim heutigen Değirmendere lag.

Die die hier abgebildete Hafenstadt Colophon ad mare / Κολοφῶν ἡ ἐπὶ θαλάσσῃ ist unter diesem Namen erstmals in auf einer Inschrift vom Ende des 3. Jh v. Chr. belegt (Text bei Robert 1962, 62 Anm. 5), wo deren Einwohner von denen Alt-Kolophons unterschieden werden. Auf dieses Neu-Kolophon beziehen sich sehr wahrscheinlich oder sicher (s. Keil, RE 1076) folgende Stellen:
- Colophon Cic. de imperio Gn. Pomp. 33 (es ist von Hafenstädten die Rede); Mela 1,88 unter den Küstenstädten Ionias: Colophon, quam Mopsus eiusdem Mantus filius statuit; Lucan 8,241 Ephesonque relinquens / et placidi Colophona maris; Rav 2,18 p. 30,54 Efesos – Caustro - Colophon – Levedon - Teon; ähnlich 5,9 p. 91,20 (auf der gemeinsamen Vorlage von Rav, Guido und TP, “Castorius” laut Rav p. 27,36, war also anscheinend noch eine weitere Station namens Caustros oder Cistros an der Mündung des Caystrus eingezeichnet, oder aber der Flussname war so nahe an der Küste eingetragen, dass er diesen Anschein erweckte.)
- Κολοφών Ptol. 5,2,6 (unter den Städten Ioniens am Ikarischen Meer); Ael. Arist. hier. log. 3,312 ἀπέχει δὲ ἡ Κολοφὼν τῆς Λεβέδου οὐ πολὺ.

Verschreibungen/graph. Varianten:
- Colophonea Guido 98 Cistron – Colophonea – Lebedon – Teum.
- Die auf der TP verwendete Graphie mit “f” ist belegt seit dem 4. Jh. n. Chr. (im Adjektiv resinae Colofoniae, z. B. Mulomedicina Chironis 9,828 u. ö.), dürfte auf der TP allerdings, wie die parallele Überlieferung bei Rav und Guido, die noch "Colophon" schreiben, vermuten lässt, zu Lasten eines mittelalterlichen Kopisten gehen.

Zur wahrscheinlich griech. Etymologie des Namens (“Spitze, Gipfel”) s. Zgusta 1984, 279.

Älterer Name:
- Νότιον literar. belegt seit Hekat. BNJ 1 F 233 = Steph. Byz. s. v. Νότιον· πόλις ᾽Ιωνίας. ῾Εκαταῖος ᾽Ασίαι, z. B. Hdt. 1,149,1 in Äolien (?); Ps.-Skyl. 98 Κολοφὼν ἐν μεσογαίᾳ, Νότιον καὶ λιμήν (als Hafen der Binnenstadt Kolophon); Thuk. 3,34 ἐς Νότιον τὸ Κολοφωνίων; Xenoph. 1,2,4 u. ö.; Polyb. 21,46,4; Strabo 14,1,35 εἶτα Νότιον, ὕφορμος αἰγιαλός (Strabo 14,1,27f über Gründungssage, Legenden und Geschichte von Alt-Kolophon).
- Notium Liv. 37,26,5 ad Notium … id oppidum Colophonium, mari imminens, abest a uetere Colophone duo ferme milia passuum (die Entfernungsangabe stimmt nicht); 38,39,8 Colophoniis qui in Notio habitant; Plin. nat. 5,116 fuit et oppidum Notium (nachdem Plin. Colophon unter den ionischen Binnenstädten aufgeführt hat)

Der Name Νότιον/Notion/Notium scheint ab dem 1. Jh. n. Chr. zu Gunsten von Κολοφών/ Colophon außer Gebrauch gekommen zu sein.

Von aiolischen Siedlern an einer heute versandeten Bucht des Kuşadası Körfezi an der Mündung des Avci Çayi angelegte Hafenstadt. In natürlicher Interessengemeinschaft mit Kolophon (Aristot. Pol. 5 1303 b7–10 erwähnt allerdings Spannungen) trat Notion bald aus dem Schatten dieser noch Anf. des 3. Jh. v. Chr. wohlhabenden (auf der TP nicht verzeichneten) Binnenstadt heraus, führte seither auch die Bezeichnung “Kolophon am Meer” (Κολοφῶν ἡ ἐπὶ θαλάσσῃ) und war durch sympoliteía mit der Altstadt verbunden (s. Robert 1962, 62; Olshausen/Engelmann DNP).
Gemeinsame Münzprägung beider Städte unter dem Namen Kolophon (s. Robert 1962, 62).
189 v. Chr. von den Römern zur freien Stadt erklärt (Polyb. 21,46,4; Liv. 38,39,8; s. Bürchner, RE 1118). Es wird angenommen, dass das nordwestl. gelegene Heiligtum des Apollon von Klaros besonders in der röm. Kaiserzeit den Wohlstand der Stadt förderte (Solin 40,13; s. Olshausen/Engelmann, DNP). Doch Ausgrabungen belegen eine intensive Besiedlung bislang nur für 3. Jh. v. – 1. Jh. n. Chr. (s. Ratté/Rojas/Commito).
Kolophon war 431 als Bistum beim Konzil von Ephesus vertreten (ACO 1,2,2 p. 5,37); bei Hierokl. 660,8 unter den Städten der Eparchie Asiens unter der Metropolis Ephesos aufgeführt.
Auf der TP ist Colofon nur als einfache Station ohne Vignette eingetragen.

Zahlreiche archäologl. Reste, z. B. Athenatempel, Heroon bzw. Apollontempel, Agora, Buleuterion, Stadtmauern, Steinbrüche in der Nähe.
Zu den Grabungen s. Büyükkolancı 1994; Bağdatlı Çam 2010; Laflı 2011; neue Grabungsberichte erscheinen u. a. regelmäßig in der Zeitschrift Araştırma Sonuçları Toplantısı, zuletzt Ratté/Rojas/Commito (im Erscheinen).
Zum 2014 begonnenen Ausgrabungsprojekt der University of Michigan und der Brown University s. https://sites.lsa.umich.edu/notionsurvey/.
Zur Forschungsgeschichte s. https://sites.lsa.umich.edu/notionsurvey/research/prior-research/.
Ausführliche aktuelle Bibliographie s. https://sites.lsa.umich.edu/notionsurvey/publications/.

Meilenangabe nach Ephesum: XX (20)
Kreuzender Fluss: Fl. Castur (river, no. 106).
Kommentar (Talbert):
Space is tight because the preceding (Lebedo) stretch is laid out at undue length; in consequence, the name Colofon is placed at its end.
-> Stretch to Ephesvm
River crossing: Fl. Castvr (river, no. 106)




Miller, Itineraria, Sp. 702:
Colofon, Colophon (Ra), Colophonea (Gu), Κολοφών (Hd, Xen, St, Vell, Ml, Pl, Hl, ne), ὁ δῆμος Κολοφωνίων (I: CIL VIII 7112 - gefunden in Rytri); am Flüßchen Hales in einem Hafen Notium, 2 mp entfernt; von Lysimachus wurden die Einwohner nach Ephesus verbannt; dann wurde der Name auf Notion übertragen, weshalb Liv Neu-Kolophon von Alt-Kolophon; St. nennt Notion nicht mehr; Pl sagt: Fuit et oppidum Notium; Neu-Colophon erhielt von den Römern die Immunität (Liv); die Stadt war berühmt durch ihre Reiterei, welche oft im Treffen den Ausschlag gab und sprichwörtlich war (Colophonem imponere: St), und durch sein Harz, die resina Colophonia, Kolophonium, welches heute noch von ihr den Namen hat. Oft hart mitgenommen, erholte es sich aber immer wieder. Vaterstadt des Mimnermos, Xenophanes, Hermesianax und Nicander; j. wenige Trümmer beim Flecken Zille. CIG 3031 ff.
20 (zu viel), 70 st, mit Umsegelung der Landzunge 120 st (St).

Literatur:

Bağdatlı Çam, Fatma: Notion´dan bir mezar steli, Anadolu 36 (2010), 179-198.

Bürchner, L.: Kolophon 2 und 3, RE 11,1 (1921), 1114-1119.

Büyükkolancı, M.: 1994 yılı Notion kazıları = Grabungen in Notion im Jahre 1994.], in: Eroğlu, İsmail (Hg.): VI. Müze Kurtarma Kazıları Semineri, Didim 24 - 26 nisan 1995 = 6. Seminar über Museums-Notgrabungen, Didim 24. - 26. April 1995, Ankara 1996, 371-381.

Keil, J.: Notion 1, RE 17,1 (1936), 1075-1077.

Laflı, Ergün: The Agoras of Notion in Ionia, in: Giannikourē, A. (Hg.): Η Αγορά στη Μεσόγειο από τους ομηρικούς έως τους ρωμαϊκούς χρόνους : Διεθνές επιστημονικό συνέδριο, Κώς 14-17 Απριλίου 2011 = The Agora in the Mediterranean from Homeric to Roman times: international conference Kos, 14-17 April 2011, Αθήνα 2011, 271-277.

Miller, Itineraria, Sp. 702.

Olshausen, Eckart (Stuttgart) and Engelmann, Helmut (Köln), “Notion”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 30 November 2021
First published online: 2006.

Ratté, C./Rojas, F./Commito, A.: Notion Archaeological Survey, 2017-2018, in: Araştırma Sonuçları Toplantısı 36, Çanakkale (im Erscheinen begriffen).
https://sites.lsa.umich.edu/notionsurvey/publications/

Robert, L.: Villes d´Asie Mineure. Études de géographie ancienne, Paris ²1962, 62.

Rubinstein, Lene: 848. Kolophon, in: Hansen, Mogens Herman/Nielsen, Thomas Heine: An inventory of archaic and classical poleis, Oxford 2004, 1077-1080.

Rubinstein, Lene: 858. Notion, in: Hansen, Mogens Herman/Nielsen, Thomas Heine: An inventory of archaic and classical poleis, Oxford 2004, 1089f.

Zgusta, Ladislav: Kleinasiatische Ortsnamen, Heidelberg 1984, 279.

Ziegler, Konrat † (Göttingen), Engelmann, Helmut (Köln) and Hunger, Hermann (Wien), “Kolophon”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 30 November 2021
First published online: 2006

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Letzte Bearbeitung:

27.05.2023 14:49


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=1334 [zuletzt aufgerufen am 25.11.2024]

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