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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Baratha

Name (modern):

Kızılkale? oder Binbir Kilise?

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XXXIX     Tyana     
Toponym nachher L?     Yconio     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asia Minor

Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

9B2

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Barata

Barrington Atlas:

Barata (66 C1)

TIR / TIB /sonstiges:

Barata (TIB 4, 138-143)

Miller:

Barathe

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Βάρατθα (Βάραχθα) (5,6,16)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Kaiserzeit (2. Jh.)

Begründung zur Datierung:

Erster literar. Beleg bei Ptol., zugleich der letzte Beleg für die aspirierte Schreibweise (die spätantiken und mittelalter. Quellen schreiben Βαρατ-).

Kommentar zum Toponym:

Talbert liest in seinem Kommentar korrekt: „Baratha“ (ItMiller 728 versehentlich Barathe).
Das "B" am Wortanfang scheint aus einem „O“ korrigiert worden zu sein (s. Talbert
https://www.cambridge.org/us/talbert/talbertdatabase/TPPlace2321.html).

Die Namensform „Baratha“ ist nur hier belegt, wahrscheinlich eine Haplographie aus Barattha = Βάρατθα (Ptol. 5,6,16) oder, weniger wahrscheinlich, eine hyperkorrekte Schreibweise für die gleichfalls überlieferte Graphie „Barata“

Weitere Namensformen:
- Βάρατθα (Βάραχθα) Ptol. 5,6,16
- Βαρατή Hierokl. synekd. 675,10 als Ort in der Hyparchie Lykaonia, unter der Metropolis Ikonion; auf Münzen das Ethnonym im Gen. ΒΑΡΑΤΕΩΝ z. B. Head HN 595
- Βάρατα Notit. Episc. 1,362; 2,426 ὁ Βαρατων u. ö.; Sokr. Schol. hist. eccl. 1,13
- Βάρετα z. B. Notit. Episc. 3,500 ὁ Βαρέτων (weitere Belege s. TIB 142)
- wohl = (Ain, Uyun) Burgut, Station in den arab. Itineraren (s. TIB 138).

Stadt in Lykaonien, zwischen 9B2 Tyana und Ikonion (9B2 yconio), das jedoch in Wirklichkeit westl. von Tyana liegt, also auf der TP deutlich zu weit rechts eingetragen ist. Baratha ist daher, anders als auf der TP zu sehen, östl. bzw. südöstl. von Ikonion zu suchen.
Der TP zufolge liegt Baratha 39 (XXXIX, French 1996, 100 emendiert zu LXXXIX) Meilen von Tyana (heute: Kemerhisar, südl. von Niğde) und 50 (L) Meilen bis yconio (heute: Konya).

Die Lokalisierung ist umstritten. Aktuell stehen zwei Hypothesen zur Diskussion:

- Die Ruinen von Binbir Kilise bei Madenşehir, nahe westl. von Degle, 30 km nnw. von Laranda, am Nordrand des Karadağ-Vulkangebiets in einem Talkessel zwischen dem Göz Daği, dem Madenşehir İkilisi Daği und dem zentralen Kara Dağ-Massiv hält TIB 138 (mit Ramsay 1890, 337f) für wahrscheinlich (auch in der TP ist der Ort zwischen Gebirgssymbolen eingebettet). Die Entfernung von Niğde beträgt auf moderner Straße 187 km, die nach Konya 88 km (auf der TP [L?]XXXIX (89) bzw. L Meilen).

Falls der Ortsname etymolog. mit dem Wort βάραθρον (= Abgrund) zusammenhinge, würde dies gut zu dem riesigen Krater nördl. von Madenşehir passen (s. Hild 1977, 62).
Zahlreiche antike Denkmäler, heute teilweise zerstört, vor allem Kirchen, wurden dort im 19. und frühen 20. Jh. beobachtet (s. die Zusammenstellung TIB 139-142 mit Literatur ibd. 142f).
In der Oberstadt spätminoisch-myken. Keramik. Wohl in spätröm.-frühbyzantin. Zeit enstand die Unterstadt mit dem größten Teil der Kirchenbauten (s. TIB 142).
Zur Grabungsgeschichte s. https://arkeologer.blogspot.com/2018/09/karamanda-dogu-roma-bizans-cagi.html.
Hild 1977, 62 sieht in einem in der Nähe von Madenşehir gefundener Meilenstein mit der Distanzangabe von 58 Meilen zwischen Ikonion und „Γαειανοῦ (πόλις)“ einen Hinweis darauf, dass letzteres ein zusätzlicher Name von Baratra sein könnte (anders French 1996, 99).
- ca. 10 km weiter nw in Kızılkale (Kızıldağ), ca. 2,25 km sw von Adakale (s. French 1996; BAtlas; Stückelberger/Grasshoff ad Ptol. 5,6,16, S. 521), auf moderner Straße 179 km wsw. von Niğde, 76 km sö. von Konya.
Kızılkale war ein befestigter Hügel, wie die dortigen luwischen Felsinschriften bezeugen, schon unter König Hartapu, d. h. spätestens im 8. Jh. v. Chr. Am Hang und rund am Fuß des Hügels reichlich Keramikreste aus spätklass., hellenist. und röm. Zeit. 5 km sw von Kızılkale befindet sich die Quelle Pınarbaşı, welche die Darstellung eines Flussgottes auf den kaiserzeitl. Münzprägungen von Baratthra erklären könnte (dort Spuren prähistorischer, römischer, wohl auch noch spätantiker und frühbyzantin. Besiedlung sowie Reste einer frühbyz. Straße, s. French 1996, 96f mit Lit. und 98). Laut French 1996, 100 lag die Station Baratha, die auf der TP eingetragen ist, an der nördl. des Karadağ verlaufenden Straße von Ikonion nach Tyana, und zwar auf an einem kleinen Hügel ca. 19 km nö. von Kızıldağ, stellte somit – so Frenchs sehr spekulativer Hypothese - nur eine Station an der Abzweigung dieser Straße zu der eigentlichen Stadt Barattha dar.
- Älterere Lokalisierungsansätze: kraterförmige Vertiefungen bei Yel Deimen, d. h. die Ruinen Geiweh (die Meilenangaben stimmen laut ItMiller 728), bei Bore oder die Ruinen bei Karabunar (s. Ruge, RE 2852f mit Lit.; ItMiller 728).

Literatur zur Forschungsgeschichte bei Laminger-Pascher 1986 und 1992, 69.

Schauplatz der Legende um den heiligen Eremiten Ioannes „in puteo“ aus der Zeit Diocletians und Maximians (Acta Sanctorum zum zum 30. März Mart. vol. III, col. 831Cff *45; s. TIB 138f).
Seit dem 4. Jh. als Bistum belegt. Am Konzil zu Nicaea 325 n. Chr. war ein Bischof namens Stephanos aus dem Ort, der als Teil der Isauria geführt ist, beteiligt (Honigmann, Liste de Nicée 48, S. 158). Als Bistum durchgehend bis ins 12. Jh. bezeugt (s. TIB 139; 142 mit Quellen).

Meilenangabe nach yconio: L? (50?)
„Why the distance figure L (if it is meant to be this letter) should have a slash through it is a puzzle.“ (Kommentar Talbert,
https://www.cambridge.org/us/talbert/talbertdatabase/TPPlace2321.html).
Vielleicht hat der Kartograph oder der Kopist zu einem „X“ angesetzt, seinen Fehler jedoch zwischenzeitlich bemerkt und stattdessen zu „L“ korrigiert.






Kommentar (Talbert):
The initial "B" (if correctly read as such) is rather contorted in shape: perhaps originally written as "O", and then altered to signify "B" ? The final letter is faint, but personal inspection of the parchment (March 2003) confirms it as "a", not "e".
-> Stretch to yconio
Why the distance figure L (if it is meant to be this letter) should have a slash through it is a puzzle.

Miller, Itineraria, Sp. 728:
Barathe, Βαρατέα und Βαρίτη (Conc Const III), Baratha (Pt), Βαράτη (Hl, ne) [aus dem Namen βάραθρα schloß Hamilton auf kraterförmige Vertiefungen und will solche gefunden haben bei Yel Deimen; j. Ruinen Geiweh. Bore (Paul Lucas). N. a. Binbirkilisse, welches gegen 20 Milien von der Straße abseits liegt. Bei Karabunar sind ebenfalls bedeutende Ruinen, aber sie lagen zu weit östlich, während von Geiweh die Zahlen stimmen.

Literatur:

Breytenbach, Cilliers/Zimmermann, Christiane: Early Christianity in Lycaonia and adjacent areas: from Paul to Amphilochius of Iconium, Leiden – Boston 2018, 215-218.

Brixhe, Claude: Asie Mineur, Revue des Études Grecques 111,2 (1998), 638-671, hier: 670.

French, D. H.: The site of Barata and Routes in the Konya Plain, Epigraphica Anatolica 27 (1996), 93-114.

Hild, Friedrich: Das byzantinische Straßensystem in Kappadokien (= Österreichische Akademie der Wissenschaften. Denkschriften philosophisch-historischen Klasse 131), Wien 1977, 62.

Laminger-Pascher, Gertrud: Das lykaonische Koinon und die Lage der Städte Barata, Dalisandos und Hyde, Anzeiger der Philosophisch-Historischen Klasse/Österreichische Akademie der Wissenschaften Wien 123 (1986), 238-260.

Laminger-Pascher, Gertrud: Die kaiserzeitlichen Inschriften Lykaoniens, 1. Der Süden (= Österreichische Akademie der Wissenschaften. Philosophisch-Historische Klasse, Denkschriften 232, Ergänzungsbände zu den Tituli Asiae Minoris 15), Wien 1992.

Ramsay, W. M.: The Historical Geography of Asia Minor (= Royal Geographical Society,
Supplementary Papers IV), London 1890 (ND Amsterdam 1962), 337f; 357.
https://babel.hathitrust.org/cgi/pt?id=njp.32101064457615&view=1up&seq=5.

Ruge, W.: Barata, RE 2,2 (1896), 2852f.

Zgusta, Ladislav: Kleinasiatische Ortsnamen, Heidelberg 1984, 115f.

   [Standard-Literatur-Liste im PDF-Format]

Letzte Bearbeitung:

18.12.2022 10:58


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=1435 [zuletzt aufgerufen am 18.09.2024]

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