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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Anazarbo

Name (modern):

Dilekkaya, Anavarza

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher XL     Mompsistea     
Toponym nachher XXX     Epifania     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington 2000)
Bild (Scheyb 1753) ---
Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Großraum:

Asia Minor

Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

9B4

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

Caesarea Anazarbo (211, 5); Anazarbo (212,4)

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Anazarba

Barrington Atlas:

Anazarbos/Caesarea/Ioustin(ian)oupolis (67 B2)

TIR / TIB /sonstiges:

Anazarbos (TIB 5,178-185)

Miller:

Anazarbo

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Καισάρεια πρὸς Ἀναζάρβῳ (Ἀναβάρζῳ) (5,8,7)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Römische Republik

Begründung zur Datierung:

Erstes literar. bezeugtes Ereignis ist ein Erdbeben aus der Zeit der röm. Republik, der Ort erscheint in den erhaltenen literar. Quellen aber erst seit Plin. d. Ä. Im 3. Jh. n. Chr. Aufschwung zur Metropolis. Auf der TP keine Vignette, während für 9B4 Tarsos/Tarso cilicie, das im 3. Jh. von Anazarbos aus seiner Vorrangstellung verdrängt wurde, eine Vignette vorgesehen gewesen zu sein scheint (s. den Artikel dort). Das Fehlen der Vignette könnte somit vielleicht, sofern es sich nicht um einen Kopierfehler handelt, auf die Zeit vor dem 3. Jh. weisen. Die Namensform Anazarbus/Ἀνάζαρβος erscheint zwar in der Literatur erst seit dem 3. Jh. n. Chr., doch Plin. bezeugt in Form des Ethnonyms Anazarbeni Anazarbos als den älteren Namen von Caesarea (der sich in der Spätantike offenbar wieder durchgesetzt hat).

Kommentar zum Toponym:

Gleiche (häufigste) Namensform:
- Anazarbus, belegt seit ItAnt 212,4 Praetorio - Flaviada – Anazarbo; Amm. Marc. 14,8,3 (unter den bedeutenden Städten Cilicias) Anazarbus auctoris uocabulum referens
- Ἀνάζαρβος, erstmals belegt in der Passio sanctorum Tarachi, Probi et Andronici 14; Ioh. Mal. chron. 10,53 (fehlerhafter Bericht einer Neugründung der ehemaligen Stadt Κύινδα durch einen angeblichen Senator namens Zarbos nach einem Erdbeben zur Zeit Nervas)17,15 u. ö.

Der Ort wird erstmals erwähnt unter dem Namen Caesarea/Καισάρεια (ἡ πρὸς Ἀναζάρβῳ), und zwar auf Münzen unter Nero (s. Hirschfeld, RE 2101); Plin. nat. 5,93 (zu Cilicia) intus autem dicendi Anazarbeni, qui nunc Caesarea; Ptol. 5,8,7 (unter den Städten im Inneren Kilikias in der Bryklike) Καισάρεια πρὸς Ἀναζάρβῳ (Ἀναβάρζῳ); ItAnt 211, 5 Item a Caesarea Anazarbo m. p. CCX

Spätere Nebenformen:
- Ἀνάζαρβα, z. B. Ptol. 5,8,7 (s. o.); Steph. Byz. Ἀνάζαρβα· πόλις Κιλικίας. κέκληται ἀπὸ τοῦ προκειμένου ὄρους ἢ ἀπὸ Ἀναζάρβα τοῦ κτίσαντος … ἀφ’ ἧς ἦν Διοσκουρίδης ὁ διασημότατος ἰατρός, χρηματίζων Ἀναζαρβεύς, καὶ Ἀσκληπιάδης ὁ Ἀναζαρβεύς, ὁ πολλά τε καὶ ἄλλα καὶ περὶ ποταμῶν γράψας βιβλίον (Stadt in Kilikia, benannt nach dem darüberragenden Berg oder nach seinem Gründer; vor dort stammen Dioskurides und Asklepiades – sonst nicht bekannt - Verfasser eines Buches über Flüsse).
- Ἀνάβαρζος, z. B. Notit. Episc. 1,818 u. ö.
- Νάζαρβος, z. B. Hierokl. synekd. 705,2

Weitere spätere Namensformen bei Zgusta 1984.
Weitere Stellen bei Sayar 2000, 9-15.

Etymologie: entweder von iran. Nbarza (unbesiegbar), einem Beinamen des Mithras (so mit Vorsicht Gough 1952, 92) oder autochthon (s. Zgusta 1984).
Die Stadt ist wohl nach dem Burgberg genannt (Ptol. 5,8,7; Steph. Byz.; Münzen, s. Sayar, DNP), sehr wahrscheinlich nicht nach einem mutmaßlichen Gründer Anazarbos oder Zarbos, wie von Amm. 14,8,3; Ioh. Mal. chron. 10,53; Steph. Byz. und Suda behauptet (s. dazu Gough 1952, 91f).

Stadt am mittleren Pyramos in der Kilikia Pedias an einem aufragenden Burgberg (s. TIB 178), in Wirklichkeit nördöstl. der vorangehenden Station Mompsistea/Mopsuestia.
Die ersten literarisch bekundeten Stadtereignisse waren Erdbeben in der Zeit der Röm. Republik und Caesars (Ioh. Mal. chron. 10,53), die erste Bezeugung des Ortes sind Bronzemünzen des 1. Jh.s v. Chr. (s. Gough 1952, 91f).
Im 1. Jh. v. Chr. zeitweise unter dem röm. Klientelkönig Tarkondimotos, nach dessen Tod in der Schlacht bei Aktion (31 v. Chr.) von Octavianus unterworfen. Anazarbos gehörte wahrscheinlich zu dem Gebiet, das Tarkondimotos II. 20 v. Chr. vom früheren Reich seines Vaters zurückerhielt, und wurde wohl von ihm zu Ehren des Augustus 19 v. Chr. in Καισάρεια πρὸς τῷ Ἀναζάρβῳ umbenannt (Plin. nat. 5,93), damit Beginn der neuen Stadtära. Mit dem Tod des Königs 17 n. Chr. der Prov. Syria angegliedert. Nachdem Caligula die östl. Teile von Kilikia Antiochos IV. übertragen hatte, wurde die Stadt bei der Wiederherstellung der Prov. Cilicia durch Vespasianus 72 n. Chr. endgültig der röm. Provinzverwaltung eingegliedert. Hadrianus stiftete der Stadt Agone (s. s. Sayar, DNP).
Wichtiger Verkehrsknotenpunkt der ab Mitte 2. Jh. ausgebauten Straßen wie zahlreiche Meilensteine in der Umgebung bezeugen (dazu Sayar 2019, 161-163). Wegen der ab dem späten 2. Jh. n. Chr. zunehmenden innen- wie außenpolit. (Parther, Sasaniden) Probleme zunehmende Bedeutung als Etappenstation und Winterlager für röm. Truppen an der von Mopsuhestia nach Melitene am Euphrat führenden Straße. Im Laufe des 3. Jhs. n. Chr. daher verschiedene kaiserliche Privilegien und dadurch allmählich Ablösung der Rivalin Tarsos: Unter Kaiser Septimius seit 204/5 Metropolis; im 3. Jh. Neokorien und Spiele. 260 n. Chr. vom Sassanidenkönig Šapur I. erobert (Res gestae divi Saporis 26). Gegen Ende 4. Jh. von dem Isaurier Balbinos überfallen (Ioh. Mal. 13,38). Nach der Provinzreform von 408 n. Chr. Metropolis der Cilicia II (Ioh. Mal. 17,15; s. Sayar, DNP).
433 Synode unter der Leitung des ersten bekannten Metropolitanbischofs Maximinus (s. TIB 179). Nach den Erdbeben von 524 und 560 unter Justin bzw. Justinian wiederaufgebaut und zu deren Ehren in Iustinopolis bzw. Iustinianopolis umbenannt (s. Sayar 2000, 6); mehrere große Kirchen zeugen von einer Blüteperiode im 5. und 6. Jh. (s. https://web.archive.org/web/20070929094445/http://www.dainst.org/index.php?id=3385&sessionLanguage=de&sessionCountry=DE).
Zahlreiche Märtyrer (s. z. B. Passio sanctorum Tarachi, Probi et Andronici; s. TIB 179).
Geburtsort des Dioskorides und des Appian (s. Hirschfeld, RE 2101). Ein Asklepios soll eine Stadtgeschichte verfasst haben (Anth. Graec. 9,195).

Zur Stadtgeschichte s. ausführlich Gough 1952.

Bedeutende antike Reste, z. B. Prachtkolonade, Triumphbogen (Alakapı), Thermen, Theater, Tempel, Aquädukt, Stadtmauer mit Türmen, Stadion, Nekropolem, Ruinen der Apostelkirche.
Zu den Surveyunternehmung (2004-2007) der Universität Tübingen s.
https://uni-tuebingen.de/fakultaeten/philosophische-fakultaet/fachbereiche/altertums-und-kunstwissenschaften/institut-fuer-klassische-archaeologie/forschung/laufende-projekte/aufarbeitung-anazarbos.html
Mit Bibliographie.

Inschriften und Quellen: Sayar 2000.

Münzen (von Nero bis Gallien Head HN 598, s. Hirschfeld, RE 2101): Ziegler 1993

- Meilenangabe nach Epifania: XXX (30)
- Kreuzender Fluss: (river, no. 118) [Fl Pyramus]?




Kommentar (Talbert):
-> Stretch to Epifania
River crossing: (river, no. 118)

Miller, Itineraria, Sp. 766:
Anazarbo, Ἀνασάρβα(ne), Ἀναζαρβά(Steph B), Ἀναβάρζος u. a. (Zonar, Niceph, Phocas, Philostr), an dem Fuße des Berges mit dem Kastell bzw. der Schatzkammer Alexanders Κυΐνδα(Quinda: St, Diod, Plut) und am nördlichen Ufer des Pyramus (Münzen, Abulf), hieß dann Diocaesarea, und erst unter Nerva wiederhergestellt durch Anazarbus, einen römischen Senator, und angeblich nach ihm benannt (Suid, Am); als Stadt gegründet unter Augustus im Jahre 19 v. Chr. (Münzen) und Caesarea ad Anazarbum genannt, Anazarbeni qui nunc Caesarea (Pl), hob sich schnell und wurde später Hauptstadt von Cilicia II; metropolis (Hl, ne, Malal. chron. 14); unter Justinian und Justin durch Erdbeben stark mitgenommen. Vaterstadt des Dioscurides (Steph). Zu Abulf.s Zeiten hieß sie Ainzarjat oder Navarzel; j. Aϊn Sarba. In Naversa oder Anawasy bedeutende Ruinen einer alten Stadt. Der Fluß Pyramus soll dort Quiada heißen.

Literatur:

De Giorgi, A. U.: Hellenistic Founders, Roman Builders: Anazarbos in Cilicia, in: A. Hoffmann/R. Posamentir/M. H. Sayar (Hgg): Hellenismus in der Kilikia Pedias. Bericht zum Internationalen Kolloquium im Deutschen Archäologischen Institut Berlin am 13. Und 14. Februar 2009 (= Byzas 14), Istanbul 2012, 121-138.

Durugönül, Serra/ Gülşen, F. Fatih: A Hygieia-Hypnos Statue from Anazarbos, Archäologischer Anzeiger, 2. Halbband 2020, 2510-4713.
https://publications.dainst.org/journals/aa/article/view/2817.

Gough, M.: Anazarbus, Anatolian Studies 2 (1952), 85-150.

Hellenkemper, Hansgerd: Die Stadtmauern von Anazarbos/Ayn Zarba, in: 24. Deutscher Orientalistentag vom 26. bis 30. September 1988. Ausgewählte Vorträge, Stuttgart 1990, 71–76.

Hirschfeld, G.: Anazarba, RE 1,2 (1894), 2101.

Miller, Itineraria, Sp. 766.

Posamentir, R.: Anazarbos in Late Antiquity, in: C. Ratté/O. Dally (Hgg.): Archaeology and the Cities of Asia Minor in Late Antiquity. Proceedings of a Conference held in Ann Arbor, 8. 1. – 10. 1. 2008, Ann Arbor 2011, 205-224.

Sayar, Mustafa H. (Köln), “Anazarbos”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 23 April 2022
First published online: 2006.

Sayar, Mustafa H.: Die Inschriften von Anazarbos und Umgebung. Teil 1. Inschriften aus dem Stadtgebiet und der nächsten Umgebung der Stadt (= Inschriften griechischer Städte aus Kleinasien 56), Bonn 2000.

Sayar, Mustafa H.: Römische Straßen und Meilensteine im Ebenen Kilikien, in: Kolb, Anne (Hg.): Roman Roads. New Evidence - New Perspectives, Berlin – Boston 2019, 147-165.

Verzone, Paolo: Città ellenistiche e romane dell’Asia Minore: Anazarbus, Palladio N.S. 7 (1957), 9–25.

Ziegler, Ruprecht: Kaiser, Heer und städtisches Geld. Untersuchungen zur Münzprägung von Anazarbos und anderer ostkilikischer Städte (= Tituli Asiae Minoris Suppl. 16), Wien 1993.

Zgusta, Ladislav: Kleinasiatische Ortsnamen, Heidelberg 1984, 72.

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Letzte Bearbeitung:

18.12.2022 11:03


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=1446 [zuletzt aufgerufen am 26.11.2024]

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