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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Miletum

Name (modern):

Balat

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher LVI     Lince     
Toponym nachher LVI     Mindo Fluvius     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asia Minor

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

9B1

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Miletos 1 und 2

Barrington Atlas:

Miletus (61 E2)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Miletum

Levi:

Miletum (A,I,2)

Ravennat:

Mileton Carie Rav (p. 30,31)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Μίλητος* (5,2,9 ; 8,17,13)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Römische Republik

Begründung zur Datierung:

Datierung: Die Vignette stellt Milet in ihrer Glanzzeit dar, am ehesten vielleicht vor dem Bedeutungsverlust gegenüber Ephesus im Laufe der Kaiserzeit (von Ptol. aber noch als bedeutende Stadt markiert). Die latinisierte Namensform ist belegt seit Terenz.

Kommentar zum Toponym:

Zur Namensform:
- Die auf der TP verwendete latinisierte Namensform Miletus, -i ist häufig belegt seit Ter. Ad. 653, z. B. Mela 1,86 Miletum, urbem quondam Ioniae totius belli pacisque artibus principem, patriam Thaletis astrologi et Timothei musici et Anaximandri physici, aliorumque civium inclutis ingeniis merito inclutum, utcumque Ioniam vocant; Plin. nat. 5,112 unter den Städten Ionias, angeblich 180 Stadien (tatsächlich nur 18 km) von Didyma: Miletus, Ioniae caput, Lelegeis ante et Pityusa et Anactoria nominata, super XLLLL urbium per cuncta maria genetrix nec fraudanda cive Cadmo, qui primus prorsam orationem condere instituit; Prisc. perieg. 786 Per quas Maeander pinguis descendit in aequor / Inter Miletum currens latam que Prienen; Isid. orig. 13,21,23 Maeander amnis … praecipitatur in sinum qui Miletum diuidit et Prienen.
- ion. ἡ Μίλητος, zahllose Belege seit Hom. Il. 2,868, z. B. Hekat. BNJ 1 F 240; Hdt. 1,14f; Strabo 14,1,6f (Gründungsgeschichte, u. a. aus Ephoros BNJ 70 F 127; vier Häfen, zahllose Kolonien; Kult des Apollon Ulios; berühmte Söhne der Stadt; Unglücksfälle durch Eroberung); Dionys. perieg. 825 Μαίανδρος λιπαρῇσι κατέρχεται εἰς ἅλα δίναις, / Μιλήτου τε μεσηγὺ καὶ εὐρυχόροιο Πριήνης mit Eustath. comm. ad 823; Ptol. 5,2,9 Μίλητος*; 8,17,13; Steph. Byz. s. v. Μίλητος· πόλις ἐπιφανὴς ἐν Καρίᾳ τῶν Ἰώνων. Ἑκαταῖος Ἀσίᾳ (s. o.) Δίδυμος δ´ ἐν Συμποσιακοῖς (p. 374 frg. 6 Schmidt), φησιν ὅτι πρῶτον Λελεγηίς ἐκαλεῖτο ἀπὸ τῶν ἐνοικούντων <Λελέγων>, εἶτα Πιτυοῦσσα ἀπὸ τῶν ἐκεῖ πιτύων καὶ ὅτι ἐκεῖ πρῶτον πίτυς ἔφυ. οἱ γὰρ <οἰκήτορες> ἐν τοῖς Θεσμοφορίοις πίτυος κλάδον ὑπὸ τὴν στιβάδα καὶ ἐπὶ τὰ τῆς Δήμητρος ἱερὰ κλῶνον πίτυος τίθεσθαι <εἰώθασι> διὰ τὸ ἀρχαῖον τῆς γενέσεως. μετὰ δὲ ταῦτα ἀπὸ Ἄνακτος τοῦ Γῆς καὶ Οὐρανοῦ ὠνομάσθη Ἀνακτορία. ὁ πολίτης Μιλήσιος. οὕτω καὶ Θαλῆς Ἐξαμύου πατρὸς Μιλήσιος ἐχρημάτιζε καὶ Φωκυλίδης καὶ Τιμόθεος κιθαρῳδός (Stadt im von Ioniern bewohnten Karia; nennt frühere Namen der Stadt mit den Namensaitia: Lelegeis, Pityussa, Anaktoria).
- Miletos ist im Lat. etwas weniger häufig belegt als die latinisierte Form, und zwar seit Mart. 8,28,9, z. B. Plin. nat. 4,59; Solin. 40,12 Miletos Ioniae caput, Cadmi olim domus, sed eius, qui primus invenit prosae orationis disciplinam; Mart. Cap. 6,686 Ioniae Miletos caput.
- Mileton Carie Rav 2,18 p. 30,31 Mileton Carie – Thtriuus – Nissa
- dor. Μίλατος, z. B. Theokr. 15,126
- aiol. Μίλλατος, z. B. Theokr. 28,21.

Milet lag in Wirklichkeit an der Westküste Ioniens. Durch seine günstige Spornlage am offenen, weit ins Landesinnere reichenden Latmischen Golf, standen von hier sowohl alle Seerouten offen als auch der Landweg durch das obere Maiandros-Tal nach Anatolien. Ausgedehntes Stadtterritorium in Gestalt der Milesischen Halbinsel (s. von Graeve, in: Käppel et al., DNP).
Siedlungskontinuität von späten Chalkolithikum des 5./4. Jt.v.Chr. zurück bis in byz. Zeit archäolog. belegt (s. von Graeve und Cobet, in: Käppel et al., DNP).
Die Identität mit dem im 14.-13. Jh. v. Chr. genannten hethit. Achijawa/Aḫḫijawa (Griechenland) gehörenden Millawa(n)da wird als gesichert betrachtet (so Starke, in: Käppel et al., DNP mit Lit.).
Die zweite myk. Siedlung wurde Ende des 12. Jh. zerstört. Mykene gehörte hier den Kares (Hom. Il. 2,867-870). Der Mythos geht später von zwei Gründungsakten aus: Zwei Generationen vor dem Fall von Troia durch Siedler aus dem kretischen Mykene unter Sarpedon (Ephor. BNJ 70 F 127, s. o.), oder durch einen eponymen Heros, der mit Sarpedon vor Minos geflohen war (Apollod. 3,1,2). Im Rahmen der Konstruktion der Ion. Wanderung gründete vier Generationen nach dem Fall von Troia Neileos, Sohn des Kodros aus Athen, Mykene (Hdt. 9,97; Hellanikos BNJ 125 F 10) als die südlichste der ion. Städte (Hdt. 1,142).
Das archaischen Mykene wurde wegen seiner angeblich ´über 90 Kolonien´ Ioniae “Haupt von Ionia” genannt (Plin. nat. 5,112). Mit Thales, Anaximandros und Anaximenes im frühen 6. Jh. Zentrum der ion. Naturphilosophie. Seit den 670er Jahren Gefährdung durch die Raubzüge der Kimmerioi (Hdt. 1,6) und die Expansion der Lyderkönige (Hdt. 1,5-94). Unter Kroisos wie - nach 547 - auch unter Kyros privilegierte Stellung in Ionia (Hdt. 1,141; 143; 169); stand Ende des 6. Jh. ´in seiner Blüte und war der Schmuck von Ionia´ (Hdt. 5,28).
Nach 479 Mitglied im Attisch-Delischen Seebund; in der Tributquotenliste von 450/449 ist der hohe Beitrag von 10 Talenten verzeichnet (IG I3 263, V. 18). Nach einem Abfallversuch gegen Mitte der 440er Jahre unter athen. Besatzung (Ps.-Xen. Ath. pol. 3,11; IG I3 21). Im Ion. Krieg fiel M. 412 ab und wurde Operationsbasis der spartan. Flotte (Thuk. 8,17ff). Lysandros brachte 405 im Bündnis mit Kyros d. J. “Oligarchen” an die Macht (Diod. 13,104), die “Demokraten” führte 402 Tissaphernes zurück (Xen. an. 1,1,7), zu dessen Machtbereich Karia Milet dann gehörte, wie später unter Maussolos oder zw. 323 und 312 unter Asandros. 334 von Alexander d. Gr. erobert (Arr. an. 1,18-20; Diod. 17,22). In hell. Zeit zwischen wechselnden Garanten von ´Freiheit und Autonomie´; Isopolitieverträge mit diversen Städten stärkten die eigene Stellung in Rivalität mit Magnesia (8B5, auf der TP ohne Vignette) und Priene (s. Cobet, in: Käppel et al., DNP)
In den Regelungen von Apameia 188 begünstigt (Polyb. 21,48). Mit der Säkularfeier in Rom 17/6 v. Chr. begann eine neue Eponymenliste mit dem aisymnḗtēs Augustus. In der Kaiserzeit eine reiche Stadt, aber nicht im Rang von Ephesos (s. Cobet, in: Käppel et al., DNP). Doch auf der TP hat Miletum eine ebenso große Vignette. 262 n. Chr. Erneuerung der Mauern zum Schutz vor den Goten. In frühbyz. Zeit (5.-7. Jh.) Herausragend für die Erhaltung des antiken Erbes: des histor. Zentrums, seiner zentralen Bauten und Plätze, umfangreiche Renovierungsarbeiten im sp. 5. Jh. oder danach; Außenbezirke jedoch im 6. Jh. schon Ruinen. Ein südliches Viertel der Innenstadt wurde in theodos. Zeit zuletzt umgebaut, jedoch wenig später aufgegeben (dazu Niewöhner 2017). Im Lauf der Kaiserzeit waren die Häfen verlandet (s. Cobet, in: Käppel et al., DNP) – was aus der TP nicht hervorgeht -, doch noch in seldschukisch-venezianischer Zeit kleineres städt. Zentrum, in dessen Hafen Waren umgeschlagen werden konnten (s. von Graeve und Cobet, in: Käppel et al., DNP).
Jüdische und schon früh christl. Gemeinde (Apg 20,15), doch heidnische Kulte, z. B. im Nymphaeum anscheinend noch bis zur Wende zum 5. Jh. aktiv. Kirche, wohl Bischofssitz, aus dem 5. Jh., weitere Kirchen aus dem 6. Jh., meist über paganen Heilgtümern (Niewöhner 2017).

Reiche archäolog. Reste.
Aktuellste Bibliographie: Huy 2019ff.

Meilenangabe nach Mindo Fl.: LVI (56),
um der Küstenlinie auszuweichen ist die Ortschicane beim Toponym und am Ende der Strecke nach oben gezackt, anstatt, wie üblich, nach unten.
(https://www.cambridge.org/us/talbert/talbertdatabase/TPPlace2384.html)
ItMiller 703f bezweifelte die Möglichkeit eines eigentlichen Küstenweges und sieht hier auf der TP einen Seeweg, von dem die TP im Folgenden nur die Spitzen der Halbinseln aufführe (Mindus, Cnidus, Loriana, in einer, wie üblich stark generalisierten Darstellung des Küstenverlaufs), wichtige Städte wie Halikarnassos jedoch auslasse. Doch Hild 2014, 11 affirmiert durch Funde von Meilensteinen die Existenz der von Miller in Abrede gestellten Küstenstraße, auch wenn diese keine Fernverbindung im Sinne einer Handelsroute darstellte, für welche der Seeweg oder bequemere Binnenrouten genutzt worden seien.



Kommentar (Talbert):
-> Stretch to Mindo Fl.
In order to keep clear of the shoreline, the chicanes at the end of this stretch, and of the two following, all go up rather than down.

Miller, Itineraria, Sp. 704:
Miletum, Mileton Cariae (Ra), Meleton (Ra, Gu – am Meere), Miletus – Μίλητος (Hom), Vilicus Mileti (I: CIL III 337 – hier gefunden); am Sinus Latmicus, 80 st südlich von der Mündung des Mäander, die wichtigste jonische Stadt, ursprünglich – nach Homer – karische Stadt, soll Lelegeis, Pityusa und Anactoria geheißen haben (Pl); bald eine der mächtigsten See- und Handelsstädte, deren Schiffe das ganze Mittelmeer durchsegelten bis über die Säulen des Herkules hinaus, besonders aber nach dem Pontus Euxinus sich richteten, wo sie eine Menge Kolonien gründeten (nach Pl 80, nach Seneca 75). Hier wurde der Grund zur griechischen Philosophie und Geschichtsschreibung gelegt (Vaterstadt der Philosophen Thales und Anaximander, der Logographen Cadmus und Hecataeus. Wegen Abfalls von der perischen Oberherrschaft erobert und geplündert; von Alexander d. Gr. erobert und geplündert. Sie bestand aus einer äußeren und einer inneren Stadt mit besonderer und gemeinschaftlicher Mauer, vor ihr schützend die Tragasäischen Inseln (St). 4 Hafen, deren größter für Kriegsschiffe bestimmt war. Milesische Wolle war berühmt und die Schafzucht der Umgebung bedeutend. 180 st südlich von Milet und 20 st von der Küste entfernt lag der uralte berühmte Tempel des Apollo Didymeus (Pl, Ml, Paus), zu welchem die berühmte Prozessionsstraße führte; j. ist die Umgegend von Milet in einen die Lut verpestenden See oder Sumpf verwandelt und die Ruinen unter den Gewäassern begraben (nach Beaujour). Palatscha – das alte Myus, welches sich später zu Milet rechnete, liegt weiter landeinwärts; das eigentliche Milet – j. Patinoliko, Palatia. Iss: CIL III 447. 7150. 1419545. 14403. CIG 2852-2895. In Sakizburun wurde 1 Meilenstein mit der Entfernung 3 gefunden (CIL III 14 404a) von Milet an der Straße nach Alabanda, wo sich ein Meilenstein 44 a Mil. Dazwischen Jason (Ra), Jaason (Gu), sonst Jaasus; Jasenus (I: CIL III 13 684 – hier gefunden), vilicus Jasi (ib. 7153 – hier gefunden); j. Asyn Kalessi mit bedeutenden Ruinen auf einer Insel dicht am Festland; danach der MB benannt. Iss: CIL III 7153. 7154. 13 684.

Literatur:

Hild, Friedrich: Meilensteine, Straßen und das Verkehrsnetz der Provinz Karia (= Veröffentlichungen zur Byzanzforschung 33), Wien 2014.

Höckmann, Olaf: Zu Kriegshäfen in Milet, Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums Mainz 62,1 (2020), 105-134.

Fortlaufend aktualisierte ausführliche Bibliographie https://www.academia.edu/39222651/Bibliographie_Milet_thematisch?email_work_card=view-paper.
Doi: 10.25592/uhhfdm.8678

Huy, Sabine: Bibliographie Milet, thematisch, Hamburg 2019ff

Käppel, Lutz (Kiel), Cobet, Justus (Essen), Starke, Frank (Tübingen), von Graeve, Volkmar (Bochum) and Sonnabend, Holger (Stuttgart), “Miletos”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 06 December 2021
First published online: 2006.

Mayer, Maximilian: Miletos 2, RE 15,2 (1932), 1622-1655.

Miller, Itineraria, Sp. 704.

Niewöhner, Philipp: Miletus, in: Niewöhner, Philipp (Hg.): The Archaeology of Byzantine Anatolia. From the End of Late Antiquity until the Coming of the Turks, Oxford 2017.

Niewöhner, P./Berns, Ch./Giese, St./Huy, S./Izdebski, A./Vacek, A.: Arbeiten in Milet in
den Jahren 2012 bis 2016: Chronik, neue Befunde aus antiker, byzantinischer und
türkischer Zeit sowie Denkmalpflege, Archäologischer Anzeiger 2020/1, 225–267.

Rubinstein, Lene: 854. Miletos, in: Hansen, Mogens Herman/Nielsen, Thomas Heine: An inventory of archaic and classical poleis, Oxford 2004, 1082-1088.

v. Gaertringen, Hiller: Miletos 1, RE 15,2 (1932), 1586-1622.

Zgusta, Ladislav: Kleinasiatische Ortsnamen, Heidelberg 1984, 383.

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Letzte Bearbeitung:

18.12.2022 11:42


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=1502 [zuletzt aufgerufen am 25.11.2024]

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