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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Colcisindorum

Name (modern):

Korkei

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher DC.XXX     Elymaine     
Toponym nachher DCXXV     Thimara     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Indien

Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

11C5

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Kolchoi (DNP)

RE:

Kolchoi (Κόλχοι)

Barrington Atlas:

Kolchoi (5 D5)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Colcisindorum

Levi:

 

Ravennat:

Coliphissindorum (p. 15.59)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Κόλχοι ἐμπόριον (7,1,10)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

Auf Grund der Quellenlage (vgl. Kommentar) kann eine kaiserzeitliche Datierung (die auch am besten in den Kontext des mittelmeerischen Osthandels und zum Entstehungszeitraum der einschlägigen tamilischen Dichtung passen würde, die größte Wahrscheinlichkeit für sich beanspruchen.

Kommentar zum Toponym:

Auf der Tabula Peutingeriana ist der Ort (oder die gleichnamige Region) im Landesinneren eingetragen und fehlerhaft wiedergegeben. Bisher in der Forschungsliteratur nicht angemerkt ist das nach dem Buchstaben o am Ende des Ortsnamens deutlich erkennbare Abkürzungszeichen Ꝝ für die Silbe -rum (zur Form vgl. Capelli; Paoli, 23. 35); anders als in der von Talbert (https://www.cambridge.org/us/talbert/talbertdatabase/TPPlace2789.html) gebotenen Transkription wäre das Toponym also mit Colcisindo(rum) wiederzugeben, das von ihm angegebene r fehlt, denn es ist Teil der Abbreviatur. Diese Schreibung und die im Vergleich zu den anderen Einträgen kleinere Schrift - auch das C als Anfangsbuchstabe ragt in seiner Höhe nur geringfügig über die folgenden Kleinbuchstaben hinaus - ist wohl dem Bestreben des Schreibers geschuldet, Platz zu sparen; letzters ist z.B. bei den Toponymen Mediolano Sanco(rum) (1B1), AvG(usta) Tres Viro(rum) und Augusta Taurino(rum) deutlich zu erkennen, wo der Schreiber offenbar nicht den Verbindungsstrich zwischen diesen Ort und Eporedia überschreiben möchte. Vielleicht wurde der Eintrag Colcisindor(um) auch nachträglich eingefügt. Somit bietet die Tabula Peutingeriana eine mit der Angabe des Geographen von Ravenna (p. 41, 19: Coliphissindorum) nahezu identische Form. Diese Abbreviatur erscheint auf der Tabula Peutingeriana vergleichsweise selten: Die auffälligsten weiteren Beispiele sind natio Selo(rum) (6C5) sowie die Beischriften Mediolano Sanco(rum) (1B1), (Lugduno caput Gallia(rum) usq:(ue) hic legas (1B5), AvG(usta) Tres Viro(rum) (2A1), Augusta Taurino(rum) (2B5), Traiectus Stadio(rum) (7B1) und Fines exercitus syriatice et conmertium Barbaro(rum) (10C2).
Das als Toponym auf der Tabula eingetragene Colcisindor(um) ist gleichzusetzen mit dem im Periplus Maris Erythraei genannten Κόλχοι (PME 59), dem wichtigsten Hafen der Pandya-Herrscher östlich des Kap Komorin, nahe an der Südspitze Indiens am Fluss Tamraparni; auch Ptolemaios kennt diesen Ort als wichtigen Handelsplatz (Ptol. 7, 1, 10: Κόλχοι ἐμπόριον), nach dem offenbar auch eine größere Meeresbucht, der heutige Golf von Mannar, benannt ist (Ptol. 1, 13, 1; 7, 1, 10. 95: Κολχικὸς κόλπος). Im 3./4.Jh. n.Chr. ist der Hafenplatz in einem der Gedichte aus der Sangam-Literatur unter dem Namen Korkai belegt (Maturaikkāñci, 127: Korkai). Dionysius Periegetes lokalisiert den Ort bzw. die Region an der Südspitze Indiens direkt gegenüber von Taprobane (Dion. Per. 592. 1148: Κωλιάς; vgl. auch Steph. Byz. s.v. Κωλιάς). Beide Autoren charakterisieren diese Gegend im äußersten Süden Indiens auch als „Insel“ (Dion. Per. 598: Κωλιάδος νῆσος; Ptol. 7, 1, 96: Κῶρυ νῆσος), wobei νῆσος auch „Halbinsel“ bedeuten und somit als Synonym zu ἄκρον „Kap, Vorgebirge“ fungieren kann (anders Wecker, in: RE XI/1, 1077). Der Geograph von Ravenna (p. 15. 59) bezeugt den Ort unter dem Namen Coliphissindorum. Dem Periplus Maris Erythraei zu Folge ist der Ort ein Zentrum für Perlenfischerei und daher ein Markt für Perlen (PME 59); von der Perlenfischerei in dieser Region wissen auch die Tamilliteratur (Maturaikkāñci, 136-138) und Ptolemaios (7, 1, 10). Kolchoi / Korkai fungierte wohl auch als Umschlagplatz für die Exportgüter von Taprobane, die für Zentral- und Vorderasien, aber auch in den Mittelmeerraum bestimmt waren, wobei der überseeische Weitertransport über Muziris erfolgte sein dürfte.
Der geographische Name Κόλχοι kann offenbar auch die ganze Region bezeichnen, die direkt gegenüber der Insel Taprobane liegt und somit im Südosten Indiens zu lokalisieren ist (PME 59; Dion. Per. 592. 1148) und auch die Form einer langgestreckten Landzunge oder eines Vorgebirges haben kann: Plinius berichtet von einem Indiae promunturium, quod vocetur Coliacum (Plin. nat. 6, 86); gleichartige Informationen liefern auch Pomponius (Mela 3, 67f.: Colis), Ptolemaios 7, 1, 11: Κῶρυ ἄκρον; 7, 4, 1: Κῶρυ ἀκροτήριον). Die Bewohner der Südspitze Indiens sind Eraosthenes als Κωνιακοί (Variante: Κωλιακοί) bekannt (Strab. 15, 1, 11 [689] = fr. III B 6 Berger). Ptolemaios bietet das Ethnonym Κάρεοι (Ptol. 7, 1, 10. 88). Der Eintrag auf der Tabula Peutingeriana dürfte diesen großen südindischen Hafenort bezeichnen, der wohl auch als Umschlagplatz für die Exportgüter von Taprobane für den Weitertransport nach Muziris und von dort nach Zentral- und Vorderasien, aber auch in den Mittelmeerraum diente. Weniger wahrscheinlich ist der Name auf die gesamte Region bezogen. - Vgl. auch zu MvziRis· (Muziris) und insula Taprobane·.

DNP:
Kolchoi

Dieser Ort ist auf folgenden Karten verzeichnet:

Indienhandel

Handelsstadt an der SO-Küste Indiens, gegenüber von Taprobane (Ptol. 7,1,10; 7,1,95: Kolchikós kólpos). Peripl. m. r. 58f. wußte, daß die Küste von Komarei bis K. für die Perlenfischerei wichtig war. K. ist wohl das h. Koṟkai.

Karttunen, Klaus (Helsinki)

Literatur:

Miller, Weltkarte, 109; Wilhelm Tomaschek, in: RE III / 1, 1897, 1356 s.v. Calippe; Miller, Itineraria, 789; Otto Wecker, in: RE XI / 1, 1921, 1070 s.v. Kolchikos kolpos (Κολχικὸς κόλπος); Ders., ebd., 1071 s.v. Kolchoi (Κόλχοι); Ders., ebd., 1071 s.v. Koliakoi; Ders., ebd., 1077 s.v. Kolias 2; Ders., in: RE XI / 2, 1922, 1440f. s.v. Kory (Κῶρυ); Cesare Paoli, Die Abkürzungen in der lateinischen Schrift des Mittelalters. Ein methodisch-praktischer Versuch. Aus dem Lateinischen übersetzt von Dr. Karl Lohmeyer, Innsbruck 1892, 23; Adriano Capelli, Lexicon abbreviaturarum. Wörterbuch lateinischer und italienischer Abkürzungen wie sie in Urkunden und Handschriften besonders des Mittelalters gebräuchlich sind, dargestellt in über 14000 Holzschnittzeichen, Leipzig 1928 (2. Aufl.), XXIf.; Eric H. Warmington, The Commerce between the Roman Empire and India, Cambridge 1928 (ND 2014), 10. 59f. 70. 114. 167. 260; Robert Caldwell, A Comparative Grammar of the Dravidian or South-Indian Family of Languages, New Delhi / Madras 1998 (3. Aufl.), 99f. (Nr. 17); Robin A. Donkin, Beyond Price. Pearls and Pearl-Fishing: Origins to the Age of Discoveries, Philadelphia 1998 (= Memoirs of the American Philosophical Society 224), 61 (Map 14). 81 (Map 17). 157; Klaus Karttunen, in: DNP 6, 1999, 639 s.v. Kolchoi; Peter Francis, Asia’s Maritime Bead Trade: 300 B.C. to the Present, Honululu 2002, 121; Jairus Banaji, „Regions that look Seaward“: Changing Fortunes, Submerged Histories, and the Slow Capitalism of the Sea, in: Federico De Romanis / Marco Maiuro (Hrg.), Across the Ocean. Nine Essays on Indo-Mediterranean Trade, Leiden 2015 (= Columbia Studies on Classical Tradition 41), 114-126, hier 116. 121; Manuel Albaladejo Vivero, Emporion and Chora in the Periplus of the Erythraean Sea and Related Sources, in: Orbis Terrarum 15, 2017, 11-22, hier 21.

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Letzte Bearbeitung:

02.01.2023 17:21


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/trefferanzeige.php?id=1935 [zuletzt aufgerufen am 30.09.2024]

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