deutsch englisch spanisch französisch italienisch
Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Mvziris (Muziris)

Name (modern):

Cranganūr

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher -     Link     
Toponym nachher -     Link     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Indien

Toponym Typus:

isolierter Name

Planquadrat:

11C5

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Muziris (DNP); Periplus 53: Μούζιρις; Ptol. 7, 1, 8; 8, 26, 4: Μουζιρὶς ἐμπ

RE:

Muziris

Barrington Atlas:

Muziris (5 D4)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Mvziris

Levi:

 

Ravennat:

Maziris (p. 15.64)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Μουζιρὶς ἐμπόριον (7,1,8; 8,26,4)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

Die Quellenlage (vgl. Kommentar) legt eine Datierung des Eintrages in die frühe Kaiserzeit nahe.

Kommentar zum Toponym:

Anders als das (fälschlicherweise) im nordwestindischen Raum platzierte Nincildae ist Muziris (ebenso wie Tundis) als isoliertes Toponym ohne eine Anbindung an andere Hafenplätze oder an das Hinterland eingetragen. Auffällig und auch der tatsächlichen geographischen Lage entsprechend, liegt der Ort an einem größeren Binnengewässer (Lacus Musiris). Glaubwürdig, wenn auch sonst nicht belegt, ist die Existenz eines in der Nähe gelegenen templum Augusti, wie es auch für das mesopotamische Vologesias, einem von Kaufleuten aus dem Römischen Reich intensiv frequentierten Stapelplatz, gesichert ist. Tomaschek bezeichnet dieses Gebäude als „Pagode“.
Muziris wird im Periplus Maris Erythraei zusammen mit Nelkynda und Tyndis erwähnt (PME 53: Μούζιρις), im Vergleich zu Nelkynda aber sehr kurz abgehandelt; Ptolemaios hebt die Bedeutung des Ortes als wichtigen Handelsplatz mit der Bezeichnung als Emporium heraus (Ptol. 7, 1, 8; 8, 26, 4: Μουζιρὶς ἐμπόριον). Der Geograph von Ravenna kennt den Umschlagplatz unter dem Namen Maziris (p. 42, 9). Muziris und Patala finden sich auch auf der Hereford-Karte (anstatt Muziris: Zimarim portus) und der Ebstorfer Weltkarte, wobei letztere mit dem Eintrag Due portus Muziris und Patala zusammenfasst.
Die tamilische Sangam-Literatur beschreibt die Betriebsamkeit der Hafenstadt Muziris (Akanāṉūṟu 149, 7-13: Muciṟi), die das Ziel der Yavanar / Yavanaa („Westler“, abgeleitet von Ioner) ist: „Den weißen Gischt durchpflügend kamen die schön gebauten Schiffe der Yavanas mit Gold und kehrten zurück mit Pfeffer und Muziris hallte wider vom Lärm.“ (Übers.: Kulke / Rothermund 2010, 138). Muchiri erscheint in den Texten als eine wohlhabende Stadt, sie ist quasi Synonym für Reichtum. Von den einheimischen Schriftzeugnissen aus den ersten nachchristlichen Jahrhunderten bestätigt wird auch die Verschiffung gewaltiger Mengen römischer Goldmünzen in die großen westindischen Hafenstädte und die dortige Nachfrage insbesondere nach Gold (zu den indischen Quellen vgl. z.B. McLaughlin, The Roman Empire, 48-50; De Romano, The Indo-Pepper Trade, 115-118).
Muziris wird von Plinius (nat. 6, 104: Muziris) als primum emporium Indiae beschrieben, das allerdings wegen der Seeräuber, deren Zentrum Nitrias ist, praktisch unbenutzbar sei (vgl. auch Solin. 224, 15: emporium Zmirim infame piraticis latronibus) und Becare (Nelkynda) das geeignetere Ziel für die mittelmeerischen Händler sei. Die Lage von Muziris sei zudem sehr ungünstig, da sich der Ankerplatz weit vom Festland entfernt befinde und demzufolge die Ladung größerer Schiffe mit kleineren Booten in den Hafen transportiert werden müsse. Als Manko des „ersten Stapelplatzes Indiens“ beschrieben wird hier also offenbar eine Lagunenlandschaft, die auf der Tabula Peutingeriana vielleicht durch den Eintrag Lacus Musiris dokumentiert sind. Ptolemaios lokalisiert den Ort an den Pseudostomus-Fluss (Ptol. 7, 1, 8: Ψευδόστομον ποταμοῦ ἐκβολαί). Plinius’ Beschreibung der Lage von Muziris wird ebenfalls durch die Tamilliteratur (Pattiṛuppattu 30, 9-13; Puṛanāṇūṛu 343, 1-10) bestätigt: Die überseeischen Schiffe können Muziris nicht direkt anlaufen; ihre Ladung wird mit kleinen Booten in den Hafen transportiert, ähnlich wie es im Periplus Maris Erythraei 43-45 für Barygaza und andere Hafenplätze an der westindischen Küste mit Verweis auf den extremen Tidenhub beschrieben wird. Mit seinem Hinweis auf die Piraterie verweist Plinius (indirekt) auf eine konfliktträchtige Konkurrenzsituation zwischen den südindischen Königreichen Chera und Pandya im lukrativen Fernhandel: Die in dem Zeitraum vom 1.-3.Jh. n.Chr. entstandene Anthologie Akanāṉūṟu (57, 14-17; 149, 7-13) berichtet, dass das Königshaus von Pandya Muziris im Chera-Reich mitsamt seinem Hafen kurz vor der Ankunft einer mittelmeerischen Handelsflotte erobert habe, wohl um selbst als Geschäftspartner gegenüber den westlichen Kaufleuten auftreten zu können, für die bislang Muziris der wichtigste Zielhafen war (zu innerindischen Konflikten in dieser Region vgl. McLaughlin, Rome and the Distant Trade, 49f. 55).
Auf der TP sind also, wenn man die drei Toponyme Muziris, Nelkynda und Kolchoi zusammennimmt, das 1. und 2.Jh. dokumentiert: Der Periplus und Plinius berichten vom Aufstieg der Muziris und Nelkynda, nachdem zunächst die florierenden Häfen in Nordwestindien (Ariake) durch die zunehmenden Aktivitäten von Piraten für die römischen Händler inattraktiv geworden waren und aus dem gleichen Grund später zu Gunsten von Nelkynda Muziris ausfiel; Ptolemaios schließlich bezeugt dass im Pandya-Reich gelegene Kolchoi (7, 1, 10: Κόλχοι ἐμπόριον, auf der Tabula Peutingeriana: Colcissindorum), das zu einem bedeutenden Handelsplatz aufgestiegen ist. Bezeichnenderweise finden diese Orte bei Strabo keine Erwähnung; entsprechendes geographisches Wissen ist also an die Blütezeit des römischen Osthandels im frühen Prinzipat gekoppelt. - Vgl. auch zu templ· avgusti· (Templum Augusti), piratae, Lacus Musiris, Nincildae· (Nelkynda) und Tvndis·.

Plin. nat. 6, 104

DNP:

DNP:
Muziris

Dieser Ort ist auf folgenden Karten verzeichnet:

Indienhandel | Mauryas

(Μουζιρίς). Hafenstadt an der SW-Küste Indiens im h. Kerala; das indische Muciri der alttamilischen Sangam-Gedichte [1]. Sowohl griech. als auch tamilische Quellen beschreiben M. als eine der wichtigsten südindischen Hafen- und Handelsstädte. Von dort führte ein wichtiger Handelsweg zur Ostküste Indiens. Eine Papyrus-Urkunde (PVindob. 40822) aus Äg. berichtet von einem Darlehen, das in M. gewährt wurde [2]. Wegen der Unstetigkeit der Küste bleibt die genaue Lage immer noch unbekannt.

Indienhandel (mit Karte)

Karttunen, Klaus (Helsinki)

Literatur:

Wilhelm Tomaschek, Südasiatische Miscellen, in: WZKM 4, 1890, 47-60, hier 56; Miller, Itineraria, 790; Ders., Mappaemunidi IV, 36; Albert Herrmann, in: RE XVI / 1, 1933, 989 s.v. Muziris; Peter Francis, Asia’s Maritime Bead Trade: 300 B.C. to the Presentt, Honululu 2002, 119; Steven E. Sidebotham, Roman Economic Policy in the Erythra Thalassa. 30 B.C.-A.D. 217, Leiden 1986 (= Mnemosyne 91), 23f.; Lionel Casson, The Periplus Maris Erythraei. Text with Introduction Translation and Commentary, Princeton 1989, 296-298; Klaus Karttunen, in: DNP s.v. Muziris, http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e813630; Grant Parker, The Making of Roman India, Cambridge 2008, 173f.; Hermann Kulke / Dietmar Rothermund, Geschichte Indiens. Von der Induskultur bis heute, München 2010 (2. Aufl.); Steven E. Sidebotham, Berenike and the Ancient Maritime Spice Route, Berkeley / Los Angeles 2011 (= The California World History Library 18), 190f.; Veerasamy Selvakumar / Kuttickat P. Shajan / Roberta Tomber, Archaeological Investigations at Pattanam, Kerala: New Evidence for the Location of Ancient Muziris, in: Roberta Tomber / Lucy Blue / Shinu Abraham (Hrg.), Migration, Trade and Peoples, Part 1: Indian Commerce and the Archaeology of Western India, London 2010, 29-41; Raoul McLaughlin, The Roman Empire and the Indian Ocean. The Ancient World Economy and the Kingdoms of Africa, Arabia and India, Barnsley 2014, 48-50. 55. 173f.; Michael A. Speidel, Augustus-Tempel in Indien und im Partherreich? Zur Tabula Peutingeriana und zum römischen Kaiserkult ausserhalb des Römischen Reiches, in: Anne Kolb / Marco Vitale (Hrg.), Kaiserkult in den Provinzen des Römischen Reiches. Organisation, Kommunikation und Repräsentation, Berlin 2016, 101-121; Manuel Albaladejo Vivero, Emporion and Chora in the Periplus of the Erythraean Sea and Related Sources, in: Orbis Terrarum 15, 2017, 11-22, hier 18; Veerasamy Selvakumar, Ancient Ports of Kerala: An Overview, in: Kuzhippalli S. Matthew (Hrg.), Imperial Rome, Indian Ocean Regions and Muziris. New Perspectives on Maritime Trade, New York 2017, 269-296, hier 281-285 (mit Verweisen auf die alttamilische Sangam-Literatur); Pius Malekandathil, Muziris and the Trajectories of Maritime Trade in the Indian Ocean in the First Millennium CE, ebd., 339-368 (ebenfalls mit Quellenangaben); Anitta G. Kunappilly, The Trade of the Port of Muziris in Ancient Times, in: Journal of Maritime History 30/3, 2018, 519-525; Federico De Romanis, The Indo-Roman Pepper Trade and the Muziris Papyrus, Oxford 2020 (= Oxford Studies on the Roman Economy), 115-118 u.ö.

P. Meile, Les yavanas dans l´Inde tamoule, in: Journal asiatique 232, 1940, 89ff. = Mélanges Asiatiques 1940-41, 85-123.

H.Harrauer, P. Sijpesteijn, Ein neues Dokument zu Roms Indienhandel, P. Vindob. G 40822, in: AAWW 122, 1985, 124-155.

   [Standard-Literatur-Liste im PDF-Format]

Letzte Bearbeitung:

02.01.2023 17:23


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=1945 [zuletzt aufgerufen am 30.09.2024]

Impressum Datenschutzerklärung