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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Corintho

Name (modern):

Archaia Korinthos

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher VIII     istamo (Istamo)     III     Lechi     
Toponym nachher VII     Cencris     VI     Cleonas     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington 2000)
Bild (Scheyb 1753) ---
Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Großraum:

Balkanraum südlich

Toponym Typus:

Ortsname mit Symbol

Planquadrat:

6B5

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

A Doppelturm

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Inschriften (EDCS-ID):
   
Alternativer Name (Lexika):

Korinthos (DNP)

RE:

Korinthos,

Barrington Atlas:

Corinthus, § Aigiales, § Aigialos, § Sicyonia (58 D2)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Corintho

Levi:

Corintho (A,I,1)

Ravennat:

Corinthos (p. 94,12); Cori<n>thon (5,22 p. 99,52); civitas Corinthion (p. 100,7)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Κόρινθος* (3,16,17; 8,12,20)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

---

Begründung zur Datierung:

Die Vignette weist auf die Zeit vor der Eroberung durch L. Mummius 146 v. Chr. oder nach der Neugründung durch Caesar 44 v. Chr.

Kommentar zum Toponym:

Korinth, das in Wirklichkeit natürlich beim gleichnamigen Golf (6B4/5 Sinvus Corinthvs) lag, erscheint auf der TP ein Stück nach Osten und ins Festland hinein verschoben, ebenso wie seine beiden Häfen Lechaion (6B5 Lechi) am Korinthischen und Kenchreai (6B5 Cencris) am Saronischen Golf (6B5/7B1 Milascolpvs). Zumindest den Gebildeten war Korinths Lage jedoch wohlbekannt (z. B. Mela 2,48 maria utraque contuens; Hor. carm. 1,7,2 mit Porph. ad loc. Plin. nat. 4,11; Mart. Cap. 6,652; Schol. Stat. Theb. 1,335). Entweder befand sich der Kartograph dennoch in Unkenntnis der Topographie oder die Verschiebung resultiert (wie des öfteren auf der TP) aus der Unachtsamkeit eines oder mehrere (mittelalterlichen?) Kopisten.
Wie auch aus der TP hervorgeht handelte es sich um einen wichtigen Verkehrsknotenpunkt (dazu Fouquet 2019).

Die TP verwendet die übliche Namensform:
- Κόρινθος, ὁ und (öfter) ἡ, über 2000 antike Belege seit Hom. Il. 2,570, z. B. Eumelos, Korinthiaka BNJ 451 (Stadtgeschichte Korinths); Hekat. BNJ 1 F 120; Hdt. 3,50,3 u. ö.; Thuk. 1,13,2 u. ö.; Xen. Hell. 4,4,1 u. ö.; Ps.-Skyl. 40 μετὰ δὲ Μεγαρεῖς ἡ Κόρινθος πόλις καὶ ἱερόν, Λέχαιον, Ἰσθμός … ταῦτα κολπώδη πάντα. παράπλους δὲ τῆς Κορινθίων χώρας ἥμισυ ἡμέρας; Aristot. verfasste eine verschollene Schrift über die korinth. Verfassung (frg. 516f Rose = frg. 521f Gigon); Strabo 8,6,20-23 (reiche Handelsstadt wegen der Lage auf dem Isthmus und den beiden Häfen; kurzer geschichtlicher Abriss dazu; zum reichen Aphroditeheiligtum mit Prostitution; zu Topograpie, Wasserversorgung und Umland; Zerstörung durch L. Mummius; Wiederaufbau durch Caesar); Ptol. 3,16,17 Κόρινθος* (im Landesinneren der Korinthia); 8,12,20; Paus. 2,1,1-2,5,4 (ausführliche Beschreibung) u. ö.
- Corinthus sehr oft belegt seit Enn. scaen. 259, z. B. Cic. epist. 4,5,4 post me erat Aegina, ante me Megara, dextra Piraeus, sinistra Corinthus, quae oppida quodam tempore florentissima fuerunt, nunc prostrata et diruta ante oculos iacent; Hor. epist. 2,1,193 captiva Corinthus; Ov. met. 6,416 nobilis aere Corinthus; Liv. 32,25,1 u. ö.; Plin. nat. 4,11 in medio hoc intervallo, quod Isthmon appellavimus, adplicata colli habitatur colonia Corinthus, antea Ephyra dicta, sexagenis ab utroque litore stadiis, e summa sua arce, quae vocatur Acrocorinthos, in qua fons Pirene, diversa duo maria prospectans (vgl. Mart. Cap. 6,652), u. ö.; Gell. 14,6,4; Serv. georg. 2,464 u. a. antike Schol. ad loc.; Oros. hist. 1,2,58 qui locus Isthmos uocatur, ubi est Corinthus, habens in Attica ad boream non longe Athenas ciuitatem.
- seltener (bes. in der nachklass. Dichtung) Corinthos (Akk. -on), z. B. Mela 2,48 Corinthos olim clara opibus, post clade notior, nunc Romana colonia ex summa arce, quam Acrocorinthon appellant, maria utraque contuens (einst durch ihren Reichtung berühmt, später bekannter durch ihren Schaden, jetzt römische colonia, die von ihrem ´Acrocorinthos´ genannten Burgberg beide Meere überblicken kann); Sen. Thy. 629 et maris gemini premens / fauces Corinthos; Stat. Theb. 1,334; Iul. Hon. cosmogr. A 32 Corinthos (B -um) oppidum; Rav 5,13 p. 94,12; Guido 111 Corinthos, cui divinus apostolus duplicem destinavit epistolam.
(Weitere lat. Stellen s. Reisch, ThlL) .

Weitere Namensformen:
- ältere Schreibweise Ϙόρινθος, z. B. IG3 1143 (480/79 v. Chr.).
- Corithon Rav 5,22 p. 99,52 (Schnetz app. ad loc.; chonthon B)
- civitas Corinthion Rav 5,22 p. 100,7 Micena, que confinatur cum territorio super scripte civitatis Corinthion.

Älterer Name Ephyra/Ephyre:
- ᾽Εφύρα, z. B. Eumelos Korinth. BNJ 451 F 1a Εὐμηλος δὲ .... ᾽Εφύραν ᾽Ωκεανοῦ θυγατέρα οἰκῆσαι πρῶτον ἐν τῆι γῆι ταύτηι; Dion. perieg. 421; Steph. Byz. s. v. Κόρινθος· πόλις ἔσω τοῦ ᾽Ισθμοῦ τῆς Πελοποννήσου. ῾Εκαταῖος Εὐρώπηι (Hekat. BNJ 1 F 120). ἡ αὐτὴ ἐκαλεῖτο ᾽Εφύρα ἀπὸ ᾽Εφύρας τῆς Μύρμηκος τῆς ᾽Επιμηθέως γυναικός (Benannt nach Ephyra, der Tochter der Myrmex, der Frau des Epimetheus)
- Ephyra z. B. Plin. nat. 4,11
- Ἐφύρη, z. B. Hesych s. v.
- Ephyre z. B. Gell. 14,6,4; Hyg. fab. 275,6 Ephyre nympha Oceani filia Ephyren, quam postea Corinthum appellarunt; Serv. georg. 2,464 u. andere Schol. ad loc.; Avien perieg. 579.

Die Stadt liegt auf der zweiten und dritten Terrasse über der Küstenebene (40-95 m ü.M.) ca. 2 km von der Küste entfernt, urspr. vermutlich an einem Delta. Die Stadtmauer, die den imposanten Festungsgipfel Akrokorinthos (575 m) einschloß, umfaßte mit seinem ebenfalls befestigten Hafen Lechaion die größte Stadtfläche in Griechenland (s. Lafond, DNP).

Schon prähistor. besiedelt, wie neolith. Funde und der vorgriechische Name belegen, doch eigentliche Gründung nach der Dorischen Wanderung von Argos aus (6B5; ob die ähnliche Gestaltung der beiden Ortsvingetten einen Reflex diese Beziehung darstellt, oder – wahrscheinlicher – auf Zufall beruht, lässt sich nicht entscheiden; zu den antiken Gründungslegenden und -historien s. Lenschau, RE 1012f).
Um 725 v. Chr. Aufschwung mit einer großen Zahl bedeutender Kolonien (Poteidaia, Leukas, Korkyra, Anaktorion, Ambrakia, Apollonia, Epidamnos, Syrakus). Frühe Stärke als Seemacht (Thuk. 1,13). Neue Glanzzeit unter der Tyrannis des Kypselos und seines Sohnes Periandros (etwa 620/610-550/540 v. Chr.). Als Flottenmacht bedeutende Stellung im Peloponnesischen Bund, Wahrung der Selbständigkeit. insbes. durch gute Beziehungen zu anderen Städten, v. a. zu Athen. Wegen seiner zentralen Lage 481 v. Chr. Versammlungsort des “Korinthischen Bundes” gegen die Perser (s. Lafond, DNP).
Im “Hellenischen Krieg” (458-446) Kämpfe gegen Athen, inzwischen Konkurrenzmacht. Im Peloponnesischen Krieg schwere Verluste. 395 v. Chr. Bündnis gegen Sparta mit Athen, Boiotien und Argos, das zu dem sog. Korinthischen Krieg (395-386) führte. Nach einer blutigen demokrat. Revolution im J. 392 Verlust der Selbständigkeit, bis 387/6 im synoikismós mit Argos. Nach einem aristokratischen Umsturz wieder Anschluß an Sparta. Aufgrund heftiger Kämpfe im Zusammenhang mit den thebanischen Feldzügen unter Epameinondas in die Peloponnesos (370-362) Austritt aus dem Peloponnes. Bund und Friedensschluß mit Theben, was großen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge hatte.
Unter Philippos II. wieder Sitz des von ihm gegründeten “Bundes der Griechen”, der nach dem Lamischen Krieg (323/2) aufgelöst wurde. Seitdem unter maked. Besatzung; für Antigonos Gonatas die sicherste Stütze seiner Herrschaft über die Peloponnesos. 243 v. Chr. durch Aratos Anschluß an den Achaiischen Bund (Plut. Aratos 18-24; Pol. 2,43,4-6). 223/2 v. Chr. Abtretung an Antigonos Doson. Nach dem 2. Maked. Krieg wieder frei, Beitritt zum Achaiischen Bund.
Hauptzentrum des letzten Widerstandes gegen Rom bis zur völligen Zerstörung unter L. Mummius 146 v. Chr. Die Bevölkerung wurde ermordet oder in die Sklaverei verkauft, das Gebiet teilweise an Sikyon vergeben, zur Hauptsache aber röm. ager publicus. Die Stadt wurde jedoch vermutlich nicht aufgegeben (s. Lafond, DNP).
Unter Caesar 44 v. Chr. Neugründung als röm. Bürgerkolonie Colonia Laus Iulia Corinthus und Besiedlung mit Freigelassenen und Veteranen. Sie entwickelte sich schnell wieder zu einer der glanzvollsten Städte Griechenlands und wurde Sitz des Statthalters der Prov. Achaia (s. Lafond/Wirbelauer DNP). Von Dio Chrysostomos 37,34; 36 als Bug und Heck Griechenlands bezeichnet (s. Pritchett 1980, 241). Eine jüd. und eine frühe Christengemeinde ist durch den Aufenthalt des Apostels Paulus 50/1 n. Chr. bezeugt. Bischöfe bereits für das 2. Jh. belegt. Förderung durch röm. Kaiser, u. a. Hadrianus, z. B. durch eine Wasserleitung aus dem Tal von Stymphalos. 267 n. Chr. durch die Heruler schwer verwüstet (s. Lafond/Wirbelauer DNP). Zu Korinth in der Kaiserzeit s. Fouquet 2019.
Seit Anfang 4. Jh. kirchliches und administratives Zentrum von Festlandgriechenland. Nach den Zerstörungen durch Erdbeben Ende des 4. Jh.s sowie durch Alarich 395 großangelegte Wiederaufbaumaßnahmen (s. Wirbelauer, DNP). Erdbeben (521/2, bes. 550/1) und Seuchen (542) schwächten die Siedlung so sehr, daß sie spätestens infolge der Avaro-Slaven-Invasion im ausgehen 6. Jh. weitgehend aufgegeben worden zu sein scheint. Doch bald wieder mil. Stützpunkt der Byzantiner und Hauptort des Themas Hellas (s. Wirbelauer, DNP). Zur Geschichte der Stadt in der Spätantike s. Robertson Brown 2018.

In den antiken Quellen seit Hom. Il. 2,570 bekannt für Reichtum und Luxus, speziell für die berühmten Bronzegefäße (z. B. Verg. Georg. 2,464).

Archäolog. Reste:
Die teilweise 146 v. Chr. zerstörten und römisch überbauten Überreste zeugen von der Bedeutung der Stadt: Prachtvolle Agora, große Basiliken und Tempel, Prunkstraße vom Hafen Lechaion, Odeion großes Theater (5. Jh. v. Chr., Wiederaufbau während der Gründung der röm. Kolonie, Renovierung durch Hadrianus), an der Stadtmauer der hl. Bezirk des Asklepios mit Funden seit dem 7. Jh. v. Chr. Auf der Burg (Akrokorinthos) Brunnenhaus, Aphroditetempel u. v. a. (s. Lafond/Wirbelauer, DNP).
Zur Geschichte und zu den Ausgrabungen insgesamt s. Kissas 2013; Sanders et al. 2018, mit Lit. S. 199-202. Zur Corinthia Kissas/Niemeier 2013; Kissas 2013 und 2018.

Grabungsergebnisse werden veröffentlicht u. a. in der Corinth Monograph Series (s. https://corinth.ascsa.net/research?v=list) und in der Zeitschrift Hesperia.

Zu den aktuellen Grabungsprojekten der American School of Classical Studies at Athens s. https://www.ascsa.edu.gr/excavations/ancient-corinth.

Ausführliche Bibliographien zu den Grabungsergebnissen bis 2013:
https://www.ascsa.edu.gr/uploads/media/CorinthBiblioRev.pdf
und
https://www.ascsa.edu.gr/excavations/ancient-corinth/research-publications/bibliography

Inschriften: Merritt 1931; West 1931; Kent 1966.
Münzen: Pudill 2022.

- Meilenangabe nach Cencris: VII (7) = ca. 10,5 km, also ziemlich genau (s. Pritchett 1980, 242; Beschreibung der Straße und Bibliographie s. Fouquet 2019, 363)
70 Stadien (knapp 13 km) laut Strabo 8,6,22
- Meilenangabe nach Cleonas: VI (6) von Akrokorinth gerechnet (s. ItMiller 565),
jedoch 80 Stadien (ca. 9-10 Meilen) laut Strabo 8,6,19 (= Eustath. Il. 291,1); die wohl befahrbare Route führte vermutlich vom Westtor Korinths über die heutigen Dörfer Penteskouphia und Velianitika und durch das Tal des Longopotamos, was mit der Entfernungsangabe bei Strabo übereinstimmt (s. Pritchett 1980, 243 mit weiterer Literatur zur Beschreibung der Strecke).








Miller, Itineraria, Sp. 565:
8^3 [3: Irrig 9 (Bt, Bg, Ve).].
Corintho,_ [...], früher Ephyra genannt, mit der Burg Acrocorinthus auf einem steilen Felsen im Süden der Stadt, 146 v. Chr. zerstört, 44 v Chr. durch Jul. Cäsar als röm. Kol. (Col. Laus Julia Cor.) wiederhergestellt und in der Kaiserzeit wieder neben Athen die bedeutendste Stadt Griechenlands (Dio Chrys. 37, 36), colonia (I: CIL III 538 - hier gefunden); j. noch Korintho, gewöhnlich aber Gortho. Iss: CIG 1102-1107. CIL III 534-544. 6098-6100. 7268-7277. 13692 bis 13696. 14405 a.
6 - von Akrokorinth gerechnet.

Datierung (Barrington):
Corinthus / § Aigiales / § Aigialos / § Sicyonia - Archaic, Classical, Hellenistic, Roman (Lauffer 1989, 338-43 / Strabo 8.6.10; 8.7.1; / Paus. 2.5.6 / Paus. 7.1.1).

DNP:
Korinthos
(Κόρινθος, Corinthus, h. Korinth).
I. Lage

Die Stadt liegt auf der zweiten und dritten Terrasse über der Küstenebene (40-95 m ü.M.) ca. 2 km von der Küste entfernt, urspr. vermutlich an einem Delta, dessen Entstehung auf die Zeit zurückgeht, als vor ca. 250000 J. der Golf von Patra und der Golf von Korinth noch einen See bildeten [1]. Die Stadtmauer, die den imposanten isolierten Kalkklotz des Festungsgipfels Akrokorinthos (575 m) einschloß, besaß einen äußeren Gesamtumfang von etwa 12 km (ohne die innere Burgmauer), wozu aber noch die beiden Schenkelmauern zu dem ebenfalls befestigten Hafen Lechaion von 2 bzw. 2,5 km hinzuzurechnen sind. Der Flächeninhalt beträgt knapp 600 ha, bei weitem die größte Stadtfläche in Griechenland; dazu ist noch der ummauerte Raum zw. Stadt und Hafen Lechaion mit etwa dem halben Flächenraum hinzuzunehmen. Das Gebiet umfaßte das umliegende Land nach Westen, Süden und bes. SO, dazu den Isthmos und das Megara im 6. Jh.v.Chr. abgenommene Gebiet südl. des Geraneia-Gebirges einschließlich der Halbinsel Peiraion (h. Perachora), zumeist jungtertiäres neogenes Schollenland, im SO Kalk. K. verfügte über zwei Häfen, Lechaion am Korinthischen Golf und Kenchreai am Saronischen Golf. Die hervorragende Verkehrslage und beherrschende strategische Position am Einfallstor aller Straßen vom Norden auf die Peloponnesos und am Schnittpunkt des OW-Seeverkehrs über den Isthmos im Verein mit dem großartigen Festungsberg sicherten K. in der Ant. stets große Bedeutung.
Lafond, Yves

II. Geschichte

A. Frühgeschichte und archaische Zeit

Obwohl der Name K. vorgriech. ist und in der nächsten Umgebung mehrere prähistor., v.a. neolith. Siedlungen (mit stärkerer Siedlungslücke in MH und SH) bekannt sind [2] und nun auch auf dem Boden der Stadt prähistor. Funde gemacht worden sind [3], scheint die Gründung der histor. Stadt erst in die Zeit nach der Dorischen Wanderung zu gehören und von Argos ausgegangen zu sein. Nach bescheidenen Anfängen setzte um 725 v.Chr. ein beachtlicher wirtschaftl. und polit. Aufschwung ein, arch. durch die protokorinth. und korinth. Keramik und ihre Verbreitung, geschichtlich durch die große Zahl bedeutender Kolonien (Poteidaia, Leukas, Korkyra, Anaktorion, Ambrakia, Apollonia, Epidamnos, Syrakus) belegt [4]. Die frühe Stärke von K. als Seemacht betont Thuk. 1,13. Als griech. Stadt erscheint K. schon bei Hom. Il. 2,570 (ferner ebd. 13,664). Die polit. Herrschaft lag in der Frühzeit bei dem heraklidischen Adelsgeschlecht der Bakchiadai, die durch Kypselos [2] gestürzt wurden. Die Tyrannis des Kypselos und seines Sohnes Periandros (etwa 620/610-550/540 v.Chr.) [5; 6] bedeutete eine neue Glanzzeit mit Erweiterung und Festigung des Kolonialreichs. Auf den Sturz der Tyrannis wohl mit spartanischer Hilfe folgte eine gemäßigte Oligarchie. K. schloß sich dem Peloponnesischen Bund an, in dem es als einzige bedeutende Flottenmacht eine große Rolle spielte und auch seine Selbständigkeit wahrte, insbes. durch gute Beziehungen zu anderen Städten, v.a. zu Athen. Wegen seiner zentralen Lage wurde K. 481 v.Chr. Versammlungsort der zur Abwehr der Persergefahr verbündeten Griechen, weshalb man diesen Bund den “Korinthischen Bund” nennt. An den Perserkriegen war K. bei Artemision, Salamis, Mykale und Plataiai mit großen Kontingenten beteiligt.
Lafond, Yves

B. Klassische und hellenistische Zeit

Die wachsende Macht der Athener und ihr Übergreifen nach Westen stellte für K. eine schwere Existenzbedrohung dar und führte im “Hellenischen Krieg” (458-446) zu den ersten Kämpfen mit Athen. Dieselben Gründe führten zu der korinth. Klage in Sparta, die den Peloponnesischen Krieg auslöste, in dem auch K. schwere Niederlagen und Verluste erlitt. Unmittelbar nach dem Krieg schlug die Stimmung völlig um. K. verweigerte Sparta mehrfach die Bundeshilfe und schloß sich 395 v.Chr. mit Athen, Boiotien und Argos zu einem Bündnis gegen Sparta zusammen, das zu dem sog. Korinthischen Krieg (395-386) führte. Nach einer blutigen demokrat. Revolution im J. 392 verlor K. seine Selbständigkeit und ging im synoikismós mit Argos auf. Im Königsfrieden 387/6 mußte diese Vereinigung rückgängig gemacht werden, und nach einem aristokratischen Umsturz schloß sich K. nun wieder Sparta an. Die heftigen Kämpfe um K. im Zusammenhang mit den thebanischen Feldzügen unter Epameinondas in die Peloponnesos (370-362) veranlaßten K. zum Austritt aus dem Peloponnes. Bund und zum Friedensschluß mit Theben, was großen wirtschaftlichen Aufschwung zur Folge hatte.

In Anlehnung an den Bund von 480 v.Chr. bestimmte Philippos II. K. wieder zum Sitz des von ihm gegründeten “Bundes der Griechen”, der nach dem Lamischen Krieg (323/2) aufgelöst wurde. K. stand seitdem unter maked. Besatzung und schloß sich in den Diadochenkriegen nacheinander Polyperchon, Ptolemaios I., Kassandros und Demetrios [2] Poliorketes an. Für dessen Sohn Antigonos [2] Gonatas war K. die sicherste Stütze seiner Herrschaft über die Peloponnesos, kurz unterbrochen durch den Abfall seines Neffen Alexandros [9]. 243 v.Chr. gelang Aratos [1] durch sorgfältig vorbereiteten Überfall die Besetzung von Burg und Stadt, die sich sofort dem Achaiischen Bund anschloß (Plut. Aratos 18-24; Pol. 2,43,4-6). Die Eroberungen Kleomenes´ III., zu denen auch K. gehörte, nötigten Aratos, K. als Preis des Bündnisses wieder an Antigonos [3] Doson abzutreten (223/2 v.Chr.). Nach dem 2. Maked. Krieg schloß sich K., jetzt wieder frei, dem Achaiischen Bund (Achaioi, mit Karte) an. K. war Hauptzentrum des letzten Widerstandes gegen Rom und hatte das mit der furchtbarsten Katastrophe seiner Gesch. zu büßen, der völligen Zerstörung durch die Römer unter L. Mummius im Jahre 146 v.Chr. Die Bevölkerung wurde ermordet oder in die Sklaverei verkauft [7], das Gebiet teilweise an Sikyon vergeben, zur Hauptsache aber röm. ager publicus. Die Stadt wurde jedoch vermutlich nicht aufgegeben [8].
Lafond, Yves

C. Die römische Kolonie

Durch Caesar wurde K. 44 v.Chr. als röm. Bürgerkolonie Colonia Laus Iulia Corinthus neu gegr. [9] und mit Freigelassenen und Veteranen besiedelt. Sie entwickelte sich schnell wieder zu einer der glanzvollsten Städte Griechenlands und wurde Sitz des Statthalters der Prov. Achaia [10; 11]. Eine jüd. und eine frühe Christengemeinde ist durch den Aufenthalt des Apostels Paulus 50/1 n.Chr. bezeugt [10. 107-118]. Die ersten sicher bezeugten Bischöfe sind ins 2. Jh. zu datieren. Die röm. Kaiser förderten K. v.a. durch Bauten, Hadrianus z.B. durch eine Wasserleitung aus dem Tal von Stymphalos [12]. 267 n.Chr. wurde K. durch die Heruler schwer verwüstet.

Lafond, Yves (Bochum)

[English version]
D. Spätantike und byzantinische Zeit

Dank seiner paulinischen Trad. und seiner Funktion als Metropolis der Prov. Achaia war K. kirchliches und administratives Zentrum von Festlandgriechenland seit dem beginnenden 4. Jh.n.Chr. Die Bischöfe sind daher auf fast allen wichtigen Konzilien bezeugt (aber nicht 325 in Nikaia). Zerstörungen durch Erdbeben 365 und 375 sowie durch Alarich (Alaricus [2]) 395 folgten großangelegte Wiederaufbaumaßnahmen [13]. Erdbeben (521/2, bes. 550/1) und Seuchen (542) schwächten die Siedlung so sehr, daß sie spätestens infolge der Avaro-Slaven-Invasion im ausgehenden 6. Jh. weitgehend aufgegeben worden zu sein scheint (Rückzugssiedlung auf der Burg im 7. Jh.). Doch wurde K. bald wieder (wohl schon unter Constans [2]) mil. Stützpunkt der Byzantiner und Hauptort des Themas Hellas, seit dem beginnenden 9. Jh. des Themas Peloponnesos. In dieser Zeit setzte erneut eine rege Siedlungstätigkeit ein [14], die sich jedoch nicht mehr am ant. Straßennetz orientierte, mit florierendem Gewerbe (Keramik, Glas, Seidenweberei). 1147 wurden die Seidenweber durch Roger II. nach Sizilien verschleppt. Im 13. und 14. Jh. kam K. unter wechselnde fränkische Herren, bis schließlich 1458 die Türken die byz. Herrschaft in K. beendeten. Zu den zahlreichen und bedeutenden arch. Resten aus byz. Zeit s. [14 mit Plan].

Wirbelauer, Eckhard (Freiburg)

[English version]
III. Baubestand

Wegen der Zerstörung von 146 v.Chr. sind die Gebäudereste von K. gering. Es sind außer verschiedenen Stücken der Stadtmauer v.a. die berühmten Säulen des Apollon-Tempels (Lageplan Nr. 17) auf dem Hügel nördl. über dem Markt aus dem letzten Drittel des 6. Jh. v.Chr., ferner an der Nordseite der Agora (Nr. 21) das unterirdische Brunnenhaus einer hl. Quelle (Nr. 20; dabei ein Orakelheiligtum), alles von röm. Anlagen überbaut, sowie manche stehengebliebenen und wieder verbauten Mauern, v.a. der großen Markthallen und Brunnenhäuser.

Mittelpunkt der Stadt ist die Agora (Nr. 21): Ein freier Platz (ca. 65 × 165 m) ist im Norden und Süden von großen Säulenhallen mit Läden, Werkstätten und öffentl. Gebäuden eingerahmt, die im Süden eine großartige Anlage auf zwei Terrassen bilden (angelegt z.Z. Philippos´ II., ca. 340/335 v.Chr.). Im Norden, Osten und Süden liegen dahinter große Basiliken, während die Westseite von einer Reihe von Tempeln und anderen Gebäuden abgeschlossen wird [16]. Eine breite, gerade Prunkstraße (Nr. 12) führt vom Hafen Lechaion her durch einen monumentalen Torbau [17] auf die Nordseite der Agora. An dieser Straße liegen außer einer großen Basilika (E. 1. Jh.v.Chr.) und einem anderen Marktgebäude ein Heiligtum des Apollon (Nr. 1) und die zuletzt durch Herodes [16] Atticus prunkvoll ausgebaute Peirene-Quelle (Nr. 2; Bewirtschaftung schon im 7. Jh.v.Chr.). Weitere Tempel liegen hinter einer weiteren Reihe von Säulenhallen hinter der Westseite der Agora, hier auch das stark zerstörte, aus dem Felsen geschlagene Brunnenhaus Glauke (Nr. 28). Nordwestl. davon ein Odeion (Nr. 30; 1. Jh.n.Chr.) und ein großes Theater (Nr. 31) (errichtet im 5. Jh. v.Chr., vollständiger Wiederaufbau z.Z. der Gründung der röm. Kolonie, Überholung durch Hadrianus), nördl. davon an der Stadtmauer der hl. Bezirk des Asklepios mit Funden seit dem 7. Jh.v.Chr., dabei das große Brunnenhaus Lerna. Am Aufgang zur Burg ist ein Teil des Töpferviertels ausgegraben und Reste des Heiligtums der Demeter und Kore (Paus. 2,4,7) [18].

Auf der Burg (Akrokorinthos) ist v.a. das Brunnenhaus der “oberen Peirene” bekannt, ferner der Tempel der Aphrodite, der über 1000 Hierodulen besessen haben soll. Vor allem nördl. des Hügels mit dem Apollontempel sind u.a. weitere Säulenhallen, Marktgebäude, Thermen, Wohnviertel (auch byz.), einschließlich größerer Villen, mehrere Kirchen ausgegraben. Belege: Strab. 8,6,20-23; Paus. 2,1,1-5,4. Inschr.: IG IV, 210-413; CIL III 534-545; 6098-6100; 7268-7277; 13692-13696; 14405a [19]. Mz.: HN2, 398-405.
Lafond, Yves
Lafond, Yves
Wirbelauer, Eckhard

Literatur:

de Vaele, F. J.: Nachtrag zum Nachtrag zum Artikel Korinthos, RE Suppl. 6 (1935), 1350f.

Engels, Donald: Roman Corinth, Chicago 1990.

Fouquet, Johannes: Bauen zwischen Polis und Imperium: Stadtentwicklung und urbane Lebensformen auf der kaiserzeitlichen Peloponnes, Berlin – Boston 2019, 25–192; 363-367 (Appendix zu den kaiserzeitl. Straßen in Korinth).

Friesen, Steven J. (Hg.): Corinth in context: comparative studies on religion and society,
Leiden u. a. 2010.

Friesen, Steven J. (Hg.): Corinth in contrast (= Supplements to Novum Testamentum 155), Leiden 2014.

Kent, J. H.: Corinth VIII, iii: The Inscriptions, 1926-1950, Princeton 1966.

Kissas, Kōnstantinos/Niemeier, Wolf-Dietrich (Hgg.): The Corinthia and the Northeast Peloponnese: topography and history from prehistoric times until the end of Antiquity (= Athenaia 4), München 2013.

Kissas, Kōnstantinos: Ancient Corinthia: from prehistoric times to the end of antiquity, Athens 2013.

Kissas, Konstantinos: Korinth : neue Ausgrabungen in einer Metropole des antiken Griechenlands, Antike Welt 49 (2018), 56-65,

Lafond, Yves (Bochum) and Wirbelauer, Eckhard (Freiburg), “Korinthos”, in: Der Neue Pauly, Herausgegeben von: Hubert Cancik,, Helmuth Schneider (Antike), Manfred Landfester (Rezeptions- und Wissenschaftsgeschichte). Consulted online on 07 October 2019
First published online: 2006.

Lauffer, Siegfried (Hg.): Griechenland. Lexikon der historischen Stätten. Von den Anfängen bis zur Gegenwart, Augsburg 1989, 338-343.

Legon, Ronald P.: Korinthos, in: Hansen, Mogens Herman/Nielsen, Thomas Heine: An inventory of archaic and classical poleis, Oxford 2004, 465-468.

Lenschau, Th.: 227. Korinthos RE Suppl. 4 (1924), 991-1036.

Meyer E.: Korinthos, RE Suppl. 12 (1970), 514-516.

Meritt, B. D.: Corinth VIII, i: Greek Inscriptions, 1896-1927, Cambridge, Massachusetts 1931.

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08.03.2023 18:50


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