deutsch englisch spanisch französisch italienisch
Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Paricea

Name (modern):

Rohri oder Schikarpur auf der Westseite des Indus (Miller)

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher LXX     Alcon     
Toponym nachher CLX     Nincildae     
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington 2000) ---
Bild (Scheyb 1753) ---
Bild (Welser 1598) ---
Bild (MSI 2025) ---
Großraum:

Indien

Toponym Typus:

Ortsname ohne Symbol

Planquadrat:

11C4

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

 

Barrington Atlas:

Alexandrou Limen / Macedonum portum

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Paricea

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

 

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

Der Ort findet im Zusammenhang mit dem intensivierten römischen Indienhandel ab dem 1.Jh. n.Chr. in dieser Zeit Erwähnung.

Kommentar zum Toponym:

Die antike Literatur kennt keinen indischen Ort mit diesem oder einem ähnlichem Namen; in diesem Kontext nicht hilfreich sind die Toponyme Becare (Plin. nat. 6, 105), Βακάρη (PME §§ 55. 58; Ptol. 7, 1, 8: Βακαρεῖ) und Βαράκη (PME §§ 40. 41), wobei letzteres auch als Insel vor dem nordwestlichen Küstenabschnitt der Halbinsel Syrastrene genannt wird (Ptol. 7, 1, 94: Βαράκη). Daher wurden mehrere Lokalisierungsvorschläge unterbreitet: Miller (Itineraria 788) plädiert für das gedrosische Pasira „im Lande der Ichthyophagen, östlichstes Dorf, am Fl. Tomerus, 8 mp vom Meere entfernt“ (Itineraria, 788). Plinius kennt in dieser Region das Volk der Pasirae (Plin.nat. 6, 97) und Arrian (Ind. 26, 3) κώμη Πάσιρα „ein Dorf Pasira“ und die Πασιρέες „Pasireer“. Hierher zu stellen vielleicht sind vielleicht auch das von Ptolemaios (6, 21, 4) genannte Ethnonym Παρσίραι mit der Variante Παρσιάραι „Parsiren (Parsiaren)“ sowie die ebendort aufgelistete Landschaftsbezeichnung Παρισινή bzw. Παριπήνη „Parisine (Paripene)“. Eggermont zieht Alexanders Hafenplatz Barbarikon im Deltabereich des Indus in Betracht (PME §§ 38. 39: Βαρβαρική, ἐμπόριον Βαρβαρικόν; Ptol. 7, 1, 59: Βαρβαρεῖ). In Frage kommt auch Barygaza als der wichtigere der beiden nordwestindischen Hafenplätze (vgl. Periplus §§ 14. 27. 31. 32. 36. 40-48. 50-52. 56-57. 64: Βαρύγαζα): In dem Namen Paricea könnte sich das indische Bhṛgukṣetra (Sankrit) oder Bhrgukaccha (Pali) widerspiegeln, deren verstümmelte (gräzisierte) Form Barygaza ist. Für Barbarikon würde der Eintrag des Toponyms Paricea an der Indus-Mündung sprechen, für Barygaza dessen größere Bedeutung als Warenumschlagplatz im römischen Osthandel. Ebenfalls in Betracht zu ziehen ist das nur über Juba bei Plinius, aber basierend auf Onesikritos, überlieferte Toponym Xylinepolis (Plin. nat. 6, 96 = Onesikritos FGrHist 134 F 13): Xylinepolis): Der Ort wird in diesem schwer verständlichen Text als eine von Alexander gegründete Siedlung beschrieben (Xylinepolis ab Alexandro condita), die als Ausgangspunkt (exordium) der Flottenfahrt fungiert habe. Die Gleichsetzung mit dem Schiffsdepot „Alexander-Hafen“ (Arr. Ind. 21, 10: Ἀλεξάνδρου λιμήν; vgl. auch Arr. an. 6, 20, 5), wie von Karttunen angenommen (Karttunen, DNP s.v. Xylinepolis), ist meines Erachtens auf Grund der nicht miteinander in Einklang zu bringenden Angaben der verschiedenen Quellen sehr fraglich. Im Deltabereich des Indus liegt auch der Ort Barce, den Justinus am östlichen Mündungsarm des Flusses ansetzt (Iust. 12, 10, 6). Vielleicht handelt es sich bei diesen Orten mit verschiedenen Namen um den bei Arrian (Ind. 20, 9; 21, 2) bezeugten - offenbar namenlosen - Standort der Werft oder eines Hafens (ναύσταθμον), der für den Bau der Schiffe für die Fahrt von Nearchos und Onesikritos den Indus abwärts errichtet worden war. Ebenfalls relativ weit stromabwärts zu suchen ist der ohne weitere Angaben zur Topographie beschriebene Ankerplatz „in der Nähe eines Salzsees“ (Curt. 9, 10, 38: procul lacu salso): Mit seiner Schilderung der großflächigen Überflutung der Flussauen, der durch hohe Wellen und Strudelbildung entstandenen großen Schäden an Alexanders Flotte und wie die Schiffe durch das Verschwinden der Wassermassen stranden, bezeugt Curtius (9, 9, 35-37) die Gezeitenwelle. Durch die Tide ausgelöst, rollt die Welle vom Ästuar flussaufwärts gegen die Stromrichtung, bis mit dem Einsetzen des Tidenfalls die Wassermassen seewärts zurückweichen und das überflutete Gelände trocken fällt. Nicht als Flusshafen, sondern als Küstenort (das heutige Karatschi) beschrieben wird das Schiffsdepot „Alexander-Hafen“ (Arr. Ind. 21, 10: Ἀλεξάνδρου λιμήν; vgl. auch Arr. an. 6, 20, 5); einen im Gebiet der Syrastrene zu lokalisierenden Anlegeplatz listet auch Ptolemaios auf (7, 1, 2: ναύσταθμον ὅρμος). Mit einem dieser im Bereich des Indus-Deltas gelegenen Orte, vielleicht mit dem Stützpunkt Alexanders Patala an der Indus-Mündung (vgl. z.B. Arr. an. 5, 4, 1; Arr. Ind. 2, 6; Strab. 15, 1, 33: τὰ Πάταλα), ist Xylinepolis gleichzusetzen. Patala wird aber kaiserzeitlich nicht mehr erwähnt, da es möglicherweise in Folge von veränderter Verläufe der Mündungsarme des Indus aufgegeben worden ist; kaiserzeitlich anstattdessen an der Indusmündung bezeugt ist Ἐμπόριον Βαρβαρικόν oder Βαρβαρική (PME §§ 38f.) bzw. Barbara/Barbare (Ptol. 7, 1, 59: Βαρβαρεῖ), offenbar in diesem Zeitraum der wichtigste Hafenplatz (Karttunen, in: DNP s.v. Barabara; Ders., ebd., s.v. Patala). Dem Toponym auf der Tabula Peutingeriana könnte Βαρβαρική, reduziert auf das zweite Element -barike, zu Grunde liegen. Dieser Eintrag wäre dann einer kaiserzeitlichen Überarbeitungsstufe zuzuordnen. - Vgl. auch zu Nincildae· (Nelkynda), Alcon·, den Icthyofagi· (Ichthyophagen) und Fl. Indvs· Indus.

Literatur:

Wilhelm Tomaschek, Topographische Erläuterung der Küstenfahrt Nearchs vom Indus bis zum Euphrat, Wien 1890 (= Sitzungsberichte der Akakdemie der Wissenschaften in Wien, Philosophisch-Historische Classe CXXI/8), 7; Ders., Barbarei, in: RE II / 2, (1896, 2825; Ders., Barygaza, in: RE III / 1, 1897, 35f.; Miller, Itineraria, 788; Hans Treidler, in: RE XVIII / 4, 1949, 488f. s.v. Pasirae; Ders., in: RE IX A/2, 1967, 2164-2172 s.v. Xylinepolis; Jacques André/Jean Filliozat, Pline l’ancien, Histoire Naturelle Livre, VI, 2e partie: l’Asie Centrale et Orientale, l’Inde, Paris 1980 (= Collection des Universites de France, Serie Latine, Band 244), 127; Waldemar Heckel, The Marshals of Alexander’s Empire, London/New York 1992 (ND 2003), 80-82. 102f. (zu Rhambakia); Pierre H.L. Eggermont, Alexander’s Campaign in Southern Punjab Leuven 1993 (= Orientalia Lovaniensia Analecta 54), 116. 127-129. 147-149; S.V. Sohoni, Early Political Geography of the Konkan: Some Observations, in: Rā Kukamī / M.A. Nayeem / Teotonio R. de Souza (Hrsg.), Mediaeval Deccan History. Commemoration Volume in Honour of Purshottam Matadeo Joshi, Bombay 1996, 219; Klaus Karttunen, in: DNP s.v. Barabara, , zuletzt aufgerufen am 18.11.2020; Ders., ebd., s.v. Patala, , zuletzt aufgerufen am 18.11.2020; Ders., ebd. s.v. Xylinepolis, , zuletzt aufgerufen am 18.11.2020; Alfons Städele, „Die Welt als Wille und Vorstellung“ oder das Bild, das man sich im kaiserzeitlichen Rom von der Erde machte, in: Rolf Kussl (Hrsg.), Themen und Texte. Anregungen für den Lateinunterricht, Speyer 2010, 168‒189, hier180; Getzel M. Cohen, The Hellenistic Settlements in the East from Armenia and Mesopotamia to Bactria and India, Berkeley / Los Angeles / London 2013, 297-301 (Alexandreia Rhambakia). 329-331 (Xylinepolis); Raoul McLaughlin, The Roman Empire and the Indian Ocean. The Ancient World Economy and the Kingdoms of Africa, Arabia and India, Barnsley 2014, 163-169; Pius Malekandathil, Muziris and the Trajectories of Maritime Trade in the Indian Ocean in the First Millennium CE, in: Kuzhippalli S. Matthew (Hrg.), Imperial Rome, Indian Ocean Regions and Muziris. New Perspectives on Maritime Trade, New York 2017, 339-368, hier 345.

   [Standard-Literatur-Liste im PDF-Format]

Letzte Bearbeitung:

02.01.2023 17:21


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=1933 [zuletzt aufgerufen am 29.11.2024]

Impressum Datenschutzerklärung