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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Fluvius Indvs (Fluvius Indus)

Name (modern):

Indus

Bild:
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Großraum:

Indien

Toponym Typus:

Fluss

Planquadrat:

11C2 / 11C3 / 11C4

Farbe des Toponyms:

rot

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

Indos [1] (DNP)

RE:

Indos

Barrington Atlas:

Indus/Sinthos/Phison fl. (6 B4)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Fl` Indus

Levi:

 

Ravennat:

Indus (p. 17.47)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Ἰνδός (1,14,9; 1,17,3; 6,20,2; 6,21,1. 3f.; 7,1,2. 26. 27. 28. 42. 44f. 55. 64)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Archaik

Begründung zur Datierung:

Der Indus ist den Griechen seit dem späten 6.Jh. v. Chr. bekannt (vgl. Kommentar).

Kommentar zum Toponym:

Der Indus, in der Antike zumeist als der größte Fluss Indiens dargestellt, er ist den Griechen seit dem späten 6.Jh. v. Chr. bekannt (Skylax bei Hdt. 4, 44). Erste aus eigener Anschauung gewonnene breitere Kenntnisse Indiens gehen auf Alexanders Eroberungen im nordwestindischen Raum und die Flottenfahrt den Indus abwärts bis zum Ozean (327-325 v.Chr.) zurück, daher stammen die ausführlichsten Berichte über den Indus von den Alexanderhistorikern: Der Indus und seine Zuflüsse Hyphasis (Hypanis), Hydaspes und Acesines markieren in dieser Zeit den Rand der bekannten Welt im Osten, bevor in seleukidischer Zeit durch Megasthenes konkretere Kenntnis des Ganges und seiner Anrainergebiete in die greichisch-römische Welt gelangte. Der Periplus Maris Erythraei (38. 40) kennt den Fluss unter dem Namen ποταμὸς Σίνθος, Ptolemaios bezichnet einen der sieben Mündungsarme des Indus als Σίνδων/Σίνθων (Ptol. 7, 1, 2), ebenso wie auch Mela (3, 7: Sinthon). Plinius gibt das Oronym Sindus als einheimische Bezeichnung für den Fluss an (nat. 6, 71): Indus incolis Sindus appellatus. Die Grundlage für diese Flussnamen ist der altindische Begriff sindhu „Fluss“, der über das entsprechende altpersische Hydronym Hinduš in die antike Mittelmeerwelt gelangte. Der Indus markiert Eratosthenes zufolge die Westgrenze Indiens (Strab. 15, 1, 11 [689] = Eratosthenes fr. III B 6 Berger) und fungiert als Trennlinie zwischen den beiden Sphragiden Indien und Ariane (Strab. 2, 1, 22 [78] = Eratosthenes fr. III B 2-47 Berger; 15, 2, 8 [723] = Eratosthenes fr. III B 20. 23 Berger). Die Entfernung zwischen der Quelle des Indus im „Kaukasus“ bzw. dem „Kaukasus“ selbst und der Indus-Mündung beträgt nach Megasthenes und Deїnachos 20.000 Stadien (Strab. 15, 1, 11 [689f.]; vgl. die entsprechende Distanzangabe in der TabPeut.: XX). Nach Strabo ergießt sich der Indus mit zwei Mündungsarmen ins Meer (15, 1, 33 [701]) und beruft sich dabei auf Aristobulos (FGrHist 13 139 F 48), Nearchos (FGrHist 133 F 21) und Onesikritos (FGrHist 134 F 26); das Gebiet des Mündungsdeltas bezeichnet er mit dem Begriff Patalene, der aber nicht auf der Tabula Peutingeriana bezeugt ist. Im Wesentlichen basiert Strabos Indien-Beschreibung auf den Alexanderhistorikern und auf Megasthenes. Am Unterlauf des Indus ist lediglich Paricea eingezeichnet, das mit Barbarikon oder Barygaza (oder die Region Parisene/Parsisene am Unterlauf des Indus, vgl. Miller Itinieraria, 786 mit Hinweis auf Müller, GGM I, XVI und Miller, ebd., 788) gleichzusetzen ist. Der Indus ist ebenso wie auch die anderen Flüsse auf der Tabula Peutingeriana in deutlicher horizontaler Streckung dargestellt, was bei der an dem Fluss entlangführenden Route nicht der Fall ist: Sie ist nahezu vertikal ausgerichtet, wohingegen der Fluss selbst mit seinem Ursprung im Gebirge - gemeint ist wohl der Mons Paropamisus (zum dortigen Indus-Ursprung vgl. z.B. Mela 3, 7; Strab. 15, 1, 11 [690]; Arr. 5, 4, 1; Curt. 8, 9, 3) - zu weit nach Südwesten gerutscht und mitten in Areia platziert ist. Laut Strabo (15, 2, 9 [724]) „wohnen am Indus entlang die Paropamisader, über denen sich der Paropamisus erhebt“ (παρὰ μὲν τὸν Ἰνδὸν οἱ Παροπαμισάδαι, ὧν ὑπέρκειται ὁ Παροπαμισός). Der Paropamisus markiert Indiens Nordgrenze, auf der anderen Seite liegt Baktrien (Strab. 15, 2, 9 [725]). Auf der Tabula Peutingeriana müsste das entsprechende namenlose Grenzgebirge, wohl eine Dublette zum namentlich gekennzeichneten Mons Paropamisus (auf der TP Mons Daropanisos), in die Taurus-Kette integriert werden. Der Indus ist auf der TP falsch platziert, er müsste eher in Nord/Süd-Richtung verlaufen und seinen Quellort im Taurus bzw. in dem in das Taurus-Gebirge integrierten Paropamisus haben. Die getrennt von dem Flusslauf dargestellte Route von Bestia Deselutia nach Alexandria Bucefalos, deren nördlicher Abschnitt etwa ab Ora am Indus bzw. seinen Zuflüssen anzusetzen ist, lässt die mit der Umgestaltung des Euphrat/Tigris/Ganges-Systems notwendigen Eingriffe der Kopisten in die Darstellung der indischen Flüsse erkennen: Der bis nach Mesopotamien durchgezogene Ganges muss an den Gebirgen und Flüssen des indischen und iranischen Raumes vorbeigeführt werden, ohne dass es zu Überschneidungen kommt.
Der Indus ist regelmäßig auch auf anderen mittelalterlichen Karten dargestellt und zählt zusammen mit Hydaspes, Hypanis, Acesines und Ganges zu den großen Flüssen mit der Quelle im Paropamisus oder einem der anderen nördlich von Indien gelegenen Gebirge (aus dem 12.Jh.: z.B. die sogenannte „Orientkarte“ des Hieronymus, die Sawleykarte und die Ökumenekarte der Viktoriner nach Isidor, aus dem 13.Jh.: Ebstorfer Weltkarte, Herefordkarte). Die Flüsse Indiens sind vergleichweise dicht an Euphrat und Tigris herangerückt und verlaufen alle parallel zueinander, manche im iranischen Raum gelegenen Orte und Landschaften werden schon aus Platzgründen zwischen den indischen Strömen platziert: Auf Hieronymus’ „Orientkarte“ liegen Susa, Persepolis und Medien (scheinbar) in Indien zwischen Hydaspes und Indus; auf der Beatus-Karte von Saint-Sever ist Ktesiphon (scheinbar) an der Ganges-Mündung platziert, die Sawley-Karte zeigt ebenfalls Media am Oberlauf des Indus und die Albi-Karte (9.Jh.) und die Cottoniana (11.Jh.) haben die Region zusammen mit Persia am östlichen Rand der Oikumene. Letzteres könnte aber auf Agrippa im Zitat bei Plinius (nat. 6, 137) und an ihn anknüpfend auf Orosius (Oros. 1, 2, 17. 19) und Isidor (Isid. etym. 14, 3, 8. 9) basieren, die zwischen Indus und Tigris die Regionen Arachosia, Parthia, Assyria, Persida und Media platzieren. Eine entsprechende Beischrift findet sich z.B. auch auf der Hereford-Karte (Westrem, The Hereford Map, 56f. no. 114. 80f. no. 167) und auf der Karte von Ranulph Higden (14.Jh.). In der Platzierung der Städte und Flüsse östlich von Mesopotamien besteht in der mittelalterlichen Kartographie also eine gewisse Unsicherheit, die möglicherweise durch die Überlagerung der antik-paganen Vorstellungen der Oikumene durch das christliche Weltbild bedingt ist: Dass Kosmas Indikopleustes (Top. Chr. 2, 81; vgl. Parker, The Making of Roman India, 238) bei der Zuordnung des Phison unsicher ist und zwischen Indus und Ganges schwankt, dürfte für die kartographische Gestaltung des entsprechenden geographischen Raumes einige Probleme aufwerfen und sollte als Warnhinweis auf die Fehlerträchtigkeit in der spätantiken und mittelalterlichen Kartenproduktion Beachtung finden. Letztgenannter Punkt sollte auch bei der Erläuterung des Abschnittes des Ganges berücksichtigt werden, der auf der Tabula Peutingeriana östlich der Region Hiberia im Taurus entspringt, am Land der Cataces vorbeifließt und in der Region Parria in einen ebenfalls als Ganges bezeichneten Fluss einmündet. Dieser als Seitenarm dargestellte Oberlauf des Flusses wäre auf Grund seiner Platzierung vergleichsweise weit im Westen mit dem Indus oder dem Etymandros (Hilmend) gleichzusetzen, wenn man nicht im Anschluss an den Kosmas Indikopleustes-Beleg von einer Verwechslung von Ganges und Indus in Betracht ziehen will.
Vgl. auch Mons· DaRopnisos., Paricea· (Barbarikon oder Barygaza), Catace Catace:, ME˙Dia· und Fl. GanGes / Fl. Ganges.

DNP:
Indos
[1] Der Indus

Der Indus. Wohl aus altind. Sindhu (zur Etymologie vgl. India); der ind. Name ist besser als Sindus bei Plin. nat. 6,71, als Σίνθος bei peripl. m. r. 38; 40 und als Σίνδων/Σίνθων bei Ptol. 7,1,2 (hier ein Delta-Arm) belegt. Nach allgemeiner griech. Meinung (mit Ausnahme von Megasthenes) ist der I. der größte Fluß Indiens, den Griechen seit Ende des 6. Jh. v.Chr. (Skylax bei Hdt. 4,44) bekannt. Der Unterlauf etwa vom Zusammenfluß mit dem Kabul-Fluß abwärts und das Delta wurden von Skylax und danach von Alexander d.Gr. erforscht. Die wirklichen Quellen in West-Tibet blieben unbekannt; man glaubte, daß der Strom erst kurz vor seinem Durchbruch zur Ebene entspringe. Die große Bedeutung des I. für Natur und Wirtschaft der Stromebene wurde von Alexanderhistorikern und Naturwissenschaftlern richtig erkannt, der Strom mit dem Nil verglichen. Wie dieser war der I. auch wichtig als Verkehrs- und Handelsweg; Patala und Barabara im Delta waren wichtige Handelshäfen.

Literatur:

Miller, Itineraria, 846; Otto Wecker, in: RE IX / 2, 1916, 1369-1373 s.v. Indos 1; Jacques André / Jean Filliozat, Pline l’Ancien, Livre VI, Paris 1980, 101; Dies., L’Inde vue de Rome, Paris 1986, 441f. 448; Monique Kervran, Le delta de l’Indus au temps d’Alexandre. Quelques éléments nouveaux pour l’interprétation des sources narratives, in: Comptes rendus des séances de l’Académie des Inscriptions et Belles-Lettres 139/1, 1995, 259-312; Klaus Karttunen, India and the Hellenistic World, Helsinki 1997 (= Studia Orientalia 83); Monique Kervran, Le delta de l′Indus au temps d′Alexandre; Karttunen, in: DNP 5 s.v. Indus (Ἰνδός; Indós); John Williams, Isidore, Orosius, and the Beatus Map, in: Imago Mundi 49, 1997, 7-32; Scott D. Westrem, The Hereford Map: Α Transcription and Τranslation of the Legends with Commentary, Turnhout 2001, 56f. no. 114. 80f. no. 167; Klaus Geus, Die Geographika des Eratosthenes von Kyrene: Altes und Neues in der Terminologie und Methode, in: Michael Rathmann (Hrg.), Wahrnehmung und Erfassung geographischer Räume in der Antike, Mainz 2007, 111-122, hier 116 mit Anm. 38; Grant Parker, The Making of Roman India, Cambridge 2008, 11-65. 69-120; Alessandro Scafi, The Image of Persia in Western Medieval Cartography, in: Antonio Panaino / Riccardo Zipoli (Hrg.), Proceedings of the 5th Conference of the Societas Iranologica Europaea, Held in Ravenna, 6-11 October 2003, Volume II: Classical & Contemporary Iranian Studies, Milano 2006, 219-230, hier 220; Folker Reichert, Asien und Europa im Mittelalter, 2014, 451; Didier Marcotte, Die ethnische Komponente im Aufbau der antiken Karte, in: Susanne Grunwald / Kerstin P. Hoffmann / Daniel A. Werning / Felix Wiedemann (Hrg.), Mapping Ancient Identities. Methodisch-kritische Reflexionen zu Kartierungsparaktiken, Berlin 2018 (= Berlin Studies of the Ancient World 55), 27-35, hier 32.

K. Karttunen, The Name of India, in: Cracow Indological Stud. 1, 1995, 151-163

O. Wecker, s.v. I. (1), RE 9, 1369-73.

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Letzte Bearbeitung:

24.05.2022 15:45


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https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=2715 [zuletzt aufgerufen am 29.11.2024]

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