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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Sagae Scythae

Name (modern):

 

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
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Großraum:

Asien östl. d. Maiotis

Toponym Typus:

Ethnikon

Planquadrat:

11A1 / 11A2

Farbe des Toponyms:

schwarz/rot

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Sakai

Barrington Atlas:

Talbert: Sacae (6 C2) /Miller: Massagetai (6A2)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Sagae Scythae (eigentlich Massagetai)

Levi:

 

Ravennat:

Sacens Sithon (p. 20.41)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Σακῶν χώρα (6,13,1)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

Klassik (5./4. Jh.)

Begründung zur Datierung:

Den ältesten Beleg bietet Herodot. Daher ist der Eintrag in die klassische Zeit zu datieren, wenngleich gerade an dieser Stelle auf der Tabula Peutingeriana mehrere Rezeptionsstufen hervortreten.

Kommentar zum Toponym:

Das Ethnonym ist am Nordrand der Oikumene an der breiten Verbindung der Kaspischen Meeres mit dem Ozean platziert. Der Name dieser Völkerschaft bzw. der Sammelbegriff für mehrere ethnische Gruppen (s.u.) ist und besteht aus zwei Elementen. Ebenso wie bei den Ethnonymen OTIOS CYTHAE und ABYOS CYTHAE (11A3) ist hier der worttrennende, zwischen schwarzen Buchstaben in rot gesetzte Punkt falsch platziert, korrekt wäre die Schreibung Sagae Scythae bzw. Sacae Scythae. Die Gestaltung der gesamten Nordostecke auf der Tabula Peutingeriana ist Teil von Eratosthenes’ Vorstellung (oder besser gesagt: seiner Unkenntnis), denn dieser Bereich der Oikumene war in der hellenistischen Zeit terra incognita. Eratosthenes behalf sich damit, dass er durch das ausgedehnte Skythenland eine imaginäre Linie nach Westen bis zur Mündung des Kaspischen Meeres in den nördlichen Okeanos zog - von Strabon bespöttelt durch den Vergleich mit einem Hackmesser - und stützt sich dabei auf Patrokles, der über die mögliche Passage vom Kaspischen Meer nach Indien berichtet (Strab, 11, 11, 6 [518] = Patrokles FGrHist 712 F 4). Aufgefüllt wird dieser nahezu unbekannte geographische Raum mit den Namen einer Reihe von Völkerschaften, die der Mittelmeerwelt vage bereits seit dem 6.Jh. v.Chr. bekannt waren. Kennzeichnend für den Norden generell (also auch für den Nordrand westlich des Kaspischen Meeres) waren ethnische Gruppen mit (halb)nomadischer Lebensweise (Strab. 11, 2, 1 [492]; 11, 5, 8 [506]), um dann zu differenzieren zwischen den Benennungen der älteren und jüngeren Überlieferung, die Skythen und Sarmaten im nordpontischen westkaspischen Raum und den „östlichen Skythen“ (ἕω Σκύθαι) und Saken in der östlichen Kaspi-Region (Strab. 11, 6, 2 [507f.]) kennt, aber eben auch keine präziseren Angaben über die Bevölkerung und ihre politische Organisation bietet. So sind auch für Plinius (nat. 6, 50), der hier ausdrücklich auf die gleiche Bedeutung der Ethnonyme Scythae und Sacae verweist (vgl. auch Solin. 49, 6), die unter den beiden Begriffen subsummierte „Menge der Völkerschaften“ (multitudo populorum innumera) charakteristisch für diese Regionen (vgl. auch Dion. Per. 758-760). Ebenso wie Isidor von Charax mit dem Nebeneinander der Ethnonyme Saken und Skythen als Zusatz zur Bezeichnung der parthischen Provinz Σακαστηνή dient und er auf eine weitgehende Parallelisierung der beiden Bezeichnungen verweist (Isid. Char. mans. Parth. 2, 18: Σακαστανὴ Σακῶν Σκυθῶν), setzt auch Plinius die beiden Begriffe gleich: Ultra sunt Scytharum populi. Persae illos Sacas universos appellavere a proxima gente ... „Jenseits (des Jaxartes) siedeln die Völkerschaften der Skythen. Die Perser nannten sie insgesamt Saker nach dem ihnen nächsten Stamm ...“ (Plin. nat. 6, 50). In dem ganzen Gebiet, das der Tabula Peutingeriana zufolge von den unter den Ethnonymen „Saken“ und „Skythen“ subsumierten Völkerschaften besiedelt ist, sind weder Städte noch Straßen eingetragen, denn es handelt sich um Gruppierungen mit nomadischer Lebensweise: So beschreibt Strabo sie als „nomadische und wagenbewohnende“ Skythen (Strab. 11, 2, 1 [492]: νομάδες καὶ ἁμάξοικοι); und Ptolemaios (6, 13, 1) betont: Ἡ τῶν Σακῶν χώρα νομάδων ἐστί· πόλεις δὲ οὐκ ἔχουσι, δρυμοὺς δὲ καὶ σπήλαια οἰκοῦσιν. „Das Land der Saken gehört Nomaden. Sie haben keine Städte, sondern leben in Wäldern und Höhlen“ (Übers. Stückelberger / Mittenhuber, Klaudios Ptolemaios: Handbuch, 655).
In der Spätantike hat sich das geographisch-ethnographische Wissen über diesen Raum offenbar nicht vergrößert: Orosius weiß von 42 Völkerschaften der Hyrkaner und Skythen nördlich des Kaukasus und östlich des Kaspischen Meeres, die wegen der Unfruchtbarkeit ihrer Lebensraumes zu Mobilität über große Entfernungen hinweg gezwungen seien (Oros. 1, 2, 47): Hyrcanorum et Scytharum gentes sunt XLII, propter terrarum infecundam Diffusinem late oberrantes. Auf die Bevölkerung in diesem großen geographischen Raum bezogen ist auch das als Kollektivbezeichnung aufzufassende Ethnonym Scythae gens bei Julius Honorius (38B p. 45 GLM Riese; 38A ebd.: Scythae gens). Geschildert werden also große Wüsten- und Einöden-Zonen, die nur eine nomadische Lebensweise zulassen, jedoch keinerlei Voraussetzungen für die Entstehung einer städtisch geprägten Zivilisation.
Ältere Autoren berichten jedoch, dass Alexander der Große in Sogdien und Baktrien mehrere Städte gegründet (z.B. Strab. 11, 11, 4 [517]; Curt. 7, 10, 16; Iust. 12, 5) und bereits existierende wie z.B. Marakanda als Strafe für ihre Rebellion gegen ihn zerstört habe (Strab. 11, 11, 4 [517]). Weiterführend für die Erläuterung des Eintrages SAGAE SCYTHAE könnte auch Plinius’ Erklärung sein, welche Stämme er unter der Kollektivbezeichnung Scythae subsummiert: die Sacae werden an erster Stelle genannt, sind daher für Plinius vielleicht auch die bedeutendste dieser Gruppen, so dass die beiden Einträge auf der Tabula Peutingeriana den nahezu synonymen Gebrauch der beiden Ethnonyme spätestens seit der frühen Kaiserzeit widerspiegeln. Dass die beiden Ethnonyme synonym gebraucht werden können, legt auch Solinus’ Hinweis nahe, dass die Perser die Skythen als Saken bezeichnen würden (Solin. 49, 6: quos Scythas Persae lingua sua Sacas dicunt). Die Bezeichnung Sakastane existierte zur Zeit Alexanders noch nicht, sondern stammt wohl aus seleukidischer oder parthischer Zeit, vielleicht aus der Zeit um 130 v.Chr., als der Partherkönig Phraates II. südlich des Hindukusch sakische Söldner für den Krieg gegen Antigonos Sidetes angeworben hatte und die Saken nach Ausbleiben der versprochenen Soldzahlungen die Drangiana als eine der fruchtbarsten Provinzen plünderten und in Besitz nahmen. Das Nebeneinander der Ethnonyme Scythae, Sacae und Sarmatae (zu letzteren vgl. z.B. die VENADISARMATAE) verweist auf mehrere Rezeptionsstufen der Tabula Peutingeriana, deren jüngste der Kaiserzeit zuzuweisen ist; die Scythae sind vor allem in der Literatur des klassischen Griechenland, z.B. bei Herodot (Hdt. 1, 95-206; 4, 1-82) detailliert beschrieben, während die Saken in der hellenistischen Zeit in den Fokus der Mittelmeerwelt rücken. Die Hyperboreer, das in der archaischen Zeit konstruierte Wundervolk am Nordrand der Oikumene (vgl. z.B. Hesiod, Fr. 150, 21-24 Merkelbach-West; Pind. Pyth. 10, 29-44; Ol. 13-16) und andere phantastische Völkerschaften wie die Kimmerer (Hom. Od. 11, 14-22) oder Laistrygoner werden also durch realistischere ethnographische Beschreibungen des Nordens zu Gunsten der aus eigener Anschauung (Kriegszüge, Handelskontakte, Reisen) bekannten Völkerschaften aus der Literatur verdrängt.
Zusammenfassend für die Darstellung der Scythae und Sacae auf der Tabula Peutingeriana ist festzuhalten, dass in diesem Raum die Regionen nördlich von Baktrien und Sogdien dargestellt sind. Demzufolge ist auch die von Nagae nach Antiochia führende Route auf der Karte richtig platziert. Visualisiert werden hier die ethnographischen Beschreibungen von Strabo und Plinius, die aber auf hellenistischen Vorlagen basieren und die Verhältnisse des 2.Jh. v.Chr. im Nordosten der Oikumene wiederspiegeln. - Vgl. auch zu den Xatis· Scythae., Sagae Scythae, OTios· cyTHae·, ABYOS· CYTHAE· (Abier) und VENADISARMATAE..

Literatur:

Miller, Itineraria, 623; Albert Herrmann, in: RE I A/2, 1920, 1770-1809 s.v. Sakai; Gerold Walser, Die Route des Isidorus von Charax durch Iran, in: AMI 18, 1985, 145-156, hier 153f.; Marek J. Olbrycht, Parthia et ulteriores gentes. Die politischen Beziehungen zwischen dem arsakidischen Iran und den Nomaden der eurasischen Steppen, München 1998 (= Quellen und Forschungen zur antiken Welt 30), 39-41 u.ö.; Burchard Brentjes, in: DNP s.v. Sakai, http://dx.doi.org/10.1163/1574-9347_dnp_e1027690; Wolfgang Hübner, Mythische Geographie, in: Ders. (Hrg.), Geographie und verwandte Wissenschaften, Stuttgart 2000 (= Geschichte der Mathematik und der Naturwissenschaften in der Antike 2), 19-32, hier 22f.; Stephan Heilen, Die Anfänge der wissenschaftlichen Geographie: Anaximander und Hekataios, ebd., 33-54, hier 43. 49; Alexander V. Podossinov, Eastern Europe in Roman Cartographic Tradition, Moscow 2002, 371f. (auf Russisch); Reinhold Bichler, Herodots Historien unter dem Aspekt der Raumerfassung, in: Michael Rathmann (Hrg.), Wahrnehmung und Erfassung geographischer Räume in der Antike, Mainz 2007, 67-80; Alfred Stückelberger / Florian Mittenhuber, Klaudios Ptolemaios: Handbuch der Geographie. Ergänzungsband mit einer Edition des Kanons bedeutender Städte, Basel 2009, 655; Sven Rausch, Bilder des Nordens. Vorstellungen vom Norden in der griechischen Literatur von Homer bis zum Ende des Hellenismus, Mainz 2013 (= Archäologie in Eurasien 28); Gian Franco Chiai, Jenseits der Oikoumene: Literarische Darstellungen des Nordens von der archaischen bis zur frühen Kaiserzeit, in: Orbis Terrarum 13, 2016, 42-70.

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Letzte Bearbeitung:

11.01.2023 16:16


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=2417 [zuletzt aufgerufen am 29.11.2024]

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