deutsch englisch spanisch französisch italienisch
Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Amaxobiisarmate (Amaxobii Sarmate)

Name (modern):

 

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington) ---
Großraum:

Skythien

Toponym Typus:

Ethnikon

Planquadrat:

6A2 / 6A3

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

 

Barrington Atlas:

 

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Amaxobii Sarmate

Levi:

 

Ravennat:

 

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Ἁμαξόβιοι (3,5,19.23.24)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

frühe Kaiserzeit (einschließlich Flavier)

Begründung zur Datierung:

Die Quellenlage spricht für eine Datierung des Eintrags in die frühe Kaiserzeit (vgl. Kommentar).

Kommentar zum Toponym:

Die Amaxobii sind auf der Tabula Peutineriana als Ethnonym eingetragen und relativ weit im Westen (ungarische Tiefebene?) platziert. Dieser Begriff und seine Varianten ist seit der frühen Kaiserzeit fassbar: Den Namen Amaxobii bieten Mela 2, 2 (Amaxobioe), der Liber Generationis 34 (p. 169 GLM Riese) und Martianus Capella 6, 663 (p. 329 Dick]), Plinius hat Hamaxobii (nat. 4, 80), und Ptolemaios nennt unter den sarmatischen Völkerschaften auch die Ἁμαξόβιοι (3, 5, 19. 23. 24). Allerdings ist bei keinem der genannten Autoren eine ethnische Gruppe gemeint. Vielmehr handelt es sich dabei um eine Kollektivbezeichnung (zusammengesetzt aus ἅμαξα „Wagen“ und βίος „Leben“) für nomadisch lebende Stämme, als deren Kennzeichen das Leben in Wagen angesehen wurde. Eine Variante dieses Begriffs lautet ἁμαξοίκοι und bezeichnet bei Strabo eine für ihn nicht präzise zu fassende Gruppe nordöstlich des Istros am im nordpontischen zwischen Tanais, Maiotis und Borythenes (Strab. 2, 5, 26 [126]: ἁμάξοικοι περὶ τὸν Τάναϊν καὶ τὴν Μαιῶτιν καὶ τὸν Βορυσθένη) in Nachbarschaft zu den Jazygen und Roxolanen (Strab. 7, 2, 4 [294]: ἁμάξοικοι). An anderer Stelle rechnet er sie ganz allgemein zu den Skythen: Zur Charakterisierung ihrer Lebenweise benutzt er die Epitheta „Wagenbewohner“ (Strab. 7, 3, 4 [296]. 7 [300]: ἁμαξοίκων) sowie „Pferdemelker“, „Milchkostesser“ und „Besitzlose“ (Strab. 7, 3, 7 [300]), wobei er für die Milchkostesser auf Homer und Hesiod verweist (Strab. 7, 3, 9 [302], s.u.). Herodot beschreibt sie als Diejenigen, „die ihre Wohnstätten mit sich führen“ (Hdt. 4, 46, 3: φερέοικοι ἐόντες; vgl. auch Ov. Trist. 3, 10, 33).
Dass Wagen und Zelte als Vorausssetzung für die Mobilität von Gruppen mit nomadischer Lebensweise in dem sich über mehrere tausend Kilometer erstreckenden Steppengürtel von der ungarischen Tiefebene bis nach China kennzeichnend waren, liegt auf der Hand. Bereits Herodot berichtet von den Skythen, die mit ihren Wagen im Winter über den zugefrorenen kimmerischen Bosporus fahren (Hdt. 4, 28, 1; 46, 3; 114, 3). Entsprechende ethnographische Beschreibungen bietet Strabo für die Nomaden ganz allgemein mit seinem Bericht über die „Milchkostesser, die Wagen als Häuser bewohnen“ (Strab. 7, 3,9 [302] = Hesiod fr. 151 M.-W.: Γαλακτοφάγων εἰς γαῖαν ἀπήνας οἰκί᾽ ἐχόντων) und mit der Bezeichnung „Wagenbwohnende Skythen“ (Strab. 7, 3, 17 [307]; 11, 2, 1 [492]: Σκύθαι ἁμάξοικοι; vgl. auch Hippokr. De Aeribus 18); Sallust bietet in seinen Historiae eine entsprechende Charakterisierung der Skythen: Scythae Nomades tenent, quibus plaustra sedes sunt (Sall. hist. 3, 56) und Tacitus grenzt auf ähnliche Weise die Sarmaten von Germanen ab, die „ihr Leben auf dem Wagen und auf dem Pferd zubringen“ (Tac. Germ. 46, 2: … in plaustro equoque viventibus). Dementsprechend liegen bis ins 4.Jahrtausend v.Chr. zurückreichende archäologische Nachweise auch aus dem nordpontisch-kaspischen Raum vor, wobei offenbar die Maikop-Kultur im Kaukasus-Vorland und der Jamnaya-Kultur („Yamnaya horizon“, Anthony, The „Kurgan Culture“, 298; Ders., The Horse, 301-303. 321) in der pontischen Steppe westlich der Wolga eine besondere Rolle für die frühe Phase gespielt haben (Anthony, The Horse, 244-329; Drews, Militarism, 16-19. 26). Noch auf der Karte des Frau Mauro (1459) sind die Amaxobi bzw. Amaxobii bezeugt (insgesamt viermal), der Eintrag östlich des Kaspischen Meeres durch die Zeichnung eines gedeckten Wagens mit zwei Speichenrädern illustriert.
Die Hamaxobier zählen zu den vielen Gruppen, die den als Sarmatia (Σαρματία) bezeichneten großen geographischen Raum östlich der germanischen Siedlungsgebiete bewohnten. Gemeinsam mit den Hamaxobiern genannt werden bei Ptolemaios auch andere auf der Tabula Peutingeriana bezeugte, in der Sarmatia siedelnde Völker, so die an der Danziger Bucht angesetzten Veneden (Ptol. 3, 5, 19. 20. 21: Οὐενέδαι) und die Aorser (Ptol. 3, 5, 22: Ἄορσοι) sowie die Roxolanen (Ptol. 3, 5, 19. 24. 25: Ῥωξολανοί). In der ethnischen Zuordnung der einzelnen Gruppen bestand offenbar Unsicherheit, was Plinius darauf zurückführt, dass die Römer die aus dem Norden eingewanderten Sarmaten auch als Skythen bezeichneten (Plin. nat. 4, 80. 96). - Vgl. auch zu SARMATEVAGI (Sarmatae vagi), VENEDI, VENADISARMATAE, Arsoae (Aorsae) und ROXVLANI SARMATE (Roxolani).

Literatur:

Miller, Itineraria, 615; Konrad Kretschmer, in: RE I A / 2, 1920, 2542-2550 s.v. Sarmatae 1, hier 2546; David W. Anthony, The „Kurgan Culture“, Indo European Origins, and the Domestication of the Horse: A Reconsideration, in: Current Anthropology 27 / 4, 1986, 291-313; Agustí Alemany, Sources on the Alans: A Critical Compilation, Leiden 2000 (= Handbuch der Orientalistik / Handbook of Oriental Studies 8 / 5), 15.38. 59f. 99; Marek J. Olbrycht, Notes on the Presence of Iranian Peoples in Europe and their Asiatic Relations, in: Jadwiga Pstrusińska / Andrew T. Fear (Hrg.), Collectanea Celto-Asiatica Cracoviensia, Kraków 2000, 101-140, hier 125; Alexander V. Podossinov, Eastern Europe in Roman Cartographic Tradition, Moscow 2002, 315f. (auf Russisch); David W. Anthony, The Horse, the Wheel, and the Language: How Bronze-Age Riders from the Eurasian Steppes Shaped the Modern World, Princeton 2007, 244-329; Renate Rolle, The Scythians: Between Mobility, Tomb Architecture, and Early Urban Structures, in: Larissa Bonfante (Hrg.), The Barbarians of Ancient Europe: Realities and Interactions, New York 2011, 107-131, bes. 121-123; Pascal Arnaud, Mapping the Edges of the Earth: Approaches and Cartographical Problems, in: Alexander V. Podossinov (Hrg.), The Periphery of the Classical World in Ancient Geography and Cartography, Leuven 2014 (= Collectanea Antiqua 12), 31-57, hier 48; Robert Drews, Militarism and the Indo-Europeanizing of Europe, New York 2017, 16-19. 26; Edward James, Europe’s Barbarians 200-600 AD, Harlow 2009 (The Medieval World), 25; Gian Franco Chiai, Il nord e la fisiognomica nella riflessione antica, in: Ricerche di Storia Antica n.s. 10, 2018, 132-161, hier 141f.; Duane W. Roller, A Historical and Topographical Guide to the Geography of Strabo, Cambridge / New York 2018, 116. 347.

   [Standard-Literatur-Liste im PDF-Format]

Letzte Bearbeitung:

06.01.2023 16:11


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=2187 [zuletzt aufgerufen am 30.09.2024]

Impressum Datenschutzerklärung