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Ausschnitt aus der Tabula Peutingeriana - Rom

Tabula Peutingeriana – Einzelanzeige

Toponym TP (aufgelöst):

Albania

Name (modern):

 

Bild:
Zum Bildausschnitt auf der gesamten TP
Toponym vorher
Toponym nachher
Alternatives Bild ---
Bild (Barrington)
Großraum:

Asien östl. d. Euphrat, südl. d. Taurus

Toponym Typus:

Region

Planquadrat:

11B1

Farbe des Toponyms:

schwarz

Vignette Typus :

---

Itinerar (ed. Cuntz):

 

Alternativer Name (Lexika):

 

RE:

Albania 1

Barrington Atlas:

Albania (88 F3)

TIR / TIB /sonstiges:

 

Miller:

Albania

Levi:

 

Ravennat:

patria Albania (p. 22.34)

Ptolemaios (ed. Stückelberger / Grasshoff):

Ἀλβανία (5,9,7.11.25; 5,11,1; 5,12,1-3.8; 5,13,1; 8,18,2; 8,19,1.7; 8,29,19)

Plinius:

 

Strabo:

 

Datierung des Toponyms auf der TP:

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Begründung zur Datierung:

Auf Grund der Quellenlage ist der Eintrag am ehesten der Frühen Kaiserzeit zuzuweisen.

Kommentar zum Toponym:

Die Region Albania ist auf der Tabula Peutingeriana (ebenso wie das angrenzende Iberien) zwischen Mesopotamien und dem persischen Raum unterhalb des Taurus eingetragen. Die Landschaftsbezeichnung ALBANIA ist nicht gleichzusetzen mit dem Ort ALBANIA auf der anderen Seite des Zagros. Richtig wäre die Platzierung Region Albania im Kaukasus in Nachbarschaft zu den LVPONES an der Westküste des Kaspischen Meeres. So platziert z.B. Plinius Albanien und Iberien an dem Fluss Cyrus: Planitiem omnem a Cyro usque Albanorum gens tenet, mox Hiberum … (nat. 6, 29: „Die ganze Ebene vom Kyros an hat der Stamm der Albaner inne, dann aber der der Hiberer …“). „In der Nachbarschaft“ (rursus) setzt Plinius u.a. die Lupenier an (ebd.), die auf der Tabula Peutingeriana in ihrer urpsrünglichen Postion geblieben sind. Der zwischen HIBERIA und ALBANIA platzierte Eintrag CAMPI DESERTI bezieht sich nicht auf die beiden Kaukasus-Regionen - es könnten die von Plinius genannten Colchicae solitudines gemeint sein (Plin. nat. 6, 29). Mit größerer Wahrscheinlichkeit verdankt sich dieser Eintrag jedoch einem weiteren Kopistenfehler, nämlich der Vertauschung von Medien (das im östlichen Iran an der Grenze zu Indien platziert ist) und Drangiane mit den Cataces (beides ist im Ostiran zu lokalisieren, auf der TP aber nach Medien verlegt). Die CAMPI DESERTI dürften also mit dem Osten des Perserreiches zu verbinden sein und die Karmanische Wüste meinen.
Die fehlerhafte Einzeichnung von HIBERIA und ALBANIA dürfte auf zwei Faktoren zurückzuführen sein, die immer mit der starken Stauchung des geographischen Raumes und der extremen Streckung der Karte im Zusammenhang stehen: 1) die Vielzahl der Völkerschaften und sonstiger Einträge zwischen Maeotis, dem nordpontischen Raum und dem Kaspischem Meer; 2) Die Eintragung der Kauskasus-Ketten in dem schmalen Streifen zwischen Schwarzem Meer und dem Nordozean, der keinen Raum bietet für weitere geographische Informationen; 3) die hohe Deckung Kleinasiens mit Toponymen und anderer Einträge, die den Kartenzeichner offenbar in derartige Schwierigkeiten brachte, dass TRAPEZUNTE (Trapezunt) falsch „links oberhalb“ (d.h. nordwestlich) von Polemonio zu finden ist und Armenien eine extreme Streckung in Ost-West-Richtung erfährt; 4) die doppelte Eintragung des Kaukasus - als zwei sich überkreuzende Gebirgsketten im nordpontischen Raum (8A5-9A2) und als namentlich nicht entsprechend gekennzeichneten Teil des Mons Taurus südlich des Kaspischen Meeres (10A5-11A2); auf der Grundlage von Strabon (11, 2, 15 [497]; 11, 5, 6 [506]), dass Albanien und Iberien südlich des Kaukasus (die heute als „Großer Kaukasus“ bezeichnete nördliche Gebirgskette) liegen und nördlich des Gebirges die Sarmaten siedeln (vgl. Strab. 11, 2, 15 [497]; 11, 5, 6 [506]). In beiden Fällen – dem schmalen Streifen am Nordmeer und dem kleiansiatischen Raum – bot sich also nicht genügend Platz für alle kartographisch als relevant angesehenen Informationen. Der Zeichner behalf sich damit, dass er Albanien und Iberien, diese ohnehin sowohl mit den Sarmatenvölkern als auch mit den Reichsbildungen im iranischen Raum in engem Kontakt stehenden Regionen, „auslagerte“ in den geographischen Raum zwischen Euphrat und Tigris, über den ihm für eine schon aus ästhetischen Gründen erstrebenswerte Deckung der Fläche durch Toponyme sowieso nicht genügend Informationen vorlagen. Dieser folgenreiche Kunstgriff (oder Verlegenheitslösung?) hatte weitreichende Folgen: Mit Albanien und Iberien werden konsequenterweise auch weitere, in der westlichen Kaspi-Region gelegene Gebiete zu weit in den Osten verschoben, so die zu Albanien gehörende Kaspiane (Κασριανή; vgl. Strab. 11, 4, 5 [502]), Atropatene und Mardiane; dementsprechend finden sich die am Ostufer des Kaspischen Meeres siedelnden Maxere bis nach Zentralasien in die Gegend von Baktrien abgedrängt, falls hier nicht eine Verwechslung mit den Massageten oder eine Verschreibung vorliegt.
Die von Kleinasien bis zum Kaspischen Meer zunehmende Verzerrung liefert den Nachweis, dass der Zeichner bei der Gestaltung des kleinasiatischen und nordpontischen Raumes sowie der westlichen Kaspi-Region mit dem Kaukasus von West nach Ost (mit Chrisoppolis und dem dortigen Leuchtturm als Ausgangspunkt?) gearbeitet hat, während sein Ausgangspunkt bei der Konstruktion des indisch-zentralasiatischen Raumes am östlichsten Punkt auf der Karte, an der Südspitze Indiens, lag. Gerade angesichts der großflächigen Verschiebungen in der Kaukasus-Region sei jedoch darauf hingewiesen, dass im Osten die Form der Landmasse exakt der (rekonstruierten) Eratosthenes-Karte entspricht: Neben der um 90 Grad nach rechts gekippten Südspitze Indiens erwähnenswert ist das Kaspische Meer, das entsprechend dem angenommenen Archetypus aus der Zeit um 200 v.Chr. dem Persischen Golf (der älteren,westlichen Version) gegenüberliegt und nicht etwa weiter nach Osten verschoben und vielleicht sogar verkleinert wird, um den soeben skizzierten Problemen mit der Visualisierung der Kaukasus-Region aus demWeg zu gehen. So erfährt der Osten zwar tiefgreifende, der geographischen Realität zuwiderlaufende Umgestaltungen; aber der fehlende Wissenszuwachs und auch die Fokussierung auf die Regionen westlich des Euphrats sorgen bis zur letzten Kopierstufe für eine vergleichsweise geringe Dichte an kartographischen Informationen, so dass Fehleinschätzungen des Zeichners weiter im Westen durch freie Flächen in der östlichen Oikumene aufgefangen werden können. - Die Albaner werden zum ersten Mal bei Gaugamela erwähnt (Arr. an. 3, 8, 4; 3, 11, 4). Sowohl Albanien als auch Iberien spielten auf Grund ihrer geographischen Lage eine wichtige Rolle für Rom (Erster Mithridatischer Krieg) und auch für die Parther in den Kämpfen um Armenien und die Besetzung des dortigen Königsthrones. Dementsprechend umwarb Tiberius die beiden transkaukasischen Königreiche angesichts der drohenden militärischen Konfrontartion mit den Parthern, als Artabanos II. nach dem Tod des Artaxias eine Offensive startete und seinen Sohn Arsakes auf den armenischen Königsthron setzte. Auch weitere Versuche, die Vormacht Roms im Osten auszubauen, rückten Transkaukasien ins Visier von Kaisern wie Nero (Plin. Nat. 6, 40; Tac. Hist. 1, 6, 4; Suet. Nero 19, 2; Cass. Dio 63, 8, 1), Vespasian (CIL 3, 6052 = OGIS 379 = ILS 8795 = IGRR 3, 133 = SEG XX 113: 75 n.Chr.) und Domitian (vgl. eine Inschrift der Legio XII Fulminata; Stat. Silv. 4, 4, 63f.). - Vgl. auch zu ALBANi˙A· (Albania), HIBe˙RIA· (Hiberia), LVPONES· (Lupones), MaRDiaNe: (Mardiane), Caspiane·, Campi· De˙se˙Rti· (Campi Deserti), Maxere· (Maxerai) und Trapezunte· (Trapezunt).

Miller, Itineraria, Sp. 623:
Albania, patria Albania (Ra bei Armenien).

Miller, Itineraria, Sp. 838:
Albania, it. (Be, Hi, Or, Hf, Is, Eb).

Datierung (Barrington):
Albania – Hellenistic/Roman (Babayev 1990)
Albaniai Pylai = Kaspiai Pylai

Literatur:

Wilhelm Tomaschek, Zur historischen Topographie von Persien. I. Die Straßenzüge der Tabula Peutingeriana, Wien 1883 (= Sitzungsberichte der philosophisch-historischen Classe der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften 102), 145-231, hier 147; Ders., in: RE I / 1, 1893, 1303f. s.v. Albania 1; Maximilian Streck, in: RE S I, 1903, 51 s.v. Albania; Miller, Itineraria, 623. 838; Robert Heidenreich, Zur östlichsten römischen Inschrift, in: ZPE 53, 1983, 213f.; Marie-Louise Chaumont, in: Enyclopaedia Iranica 1, 1985, 806-810 s.v. Albania, http://www.iranicaonline.org/articles/albania-iranian-aran-arm (zuletzt aufgerufen am 13.3.2020); David Braund, Georgia in Antiquity. A History of Colchis and Transcaucasian Iberia 550 BC-AD 562, Oxford 1994; Erich Kettenhofen, Die kaukasischen Reiche, in: Klaus-Peter Johne (Hrg.), Die Zeit der Soldatenkaiser. Krise und Transformation des Römischen Reiches im 3. Jahrhundert n.Chr. (235-284), Band 1, Berlin 2008, 475-500, hier 496-498; Michel van Esbroeck: Albanien (in Kaukasien), in: RAC 1, 2001, 257-266; Martin Dreher, Pompeius und die kaukasischen Völker: Kolcher, Iberer, Albaner, in: Historia 45, 1996, 188-207; Marek J. Olbrycht, Parthia et ulteriores gentes. Die politischen Beziehungen zwischen dem arsakidischen Iran und den Nomaden der eurasischen Steppen, München 1998 (= Quellen und Forschungen zur antiken Welt 30), , 150f. 196f.; Michael Rathmann, Tabula Peutingeriana. Die einzige Weltkarte aus der Antike, Darmstadt 2016, 26. 29 mit Abb. 35; Schuol, Perserreich, 247f.

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Letzte Bearbeitung:

11.01.2023 16:19


Cite this page:
https://www1.ku.de/ggf/ag/tabula_peutingeriana/einzelanzeige.php?id=2428 [zuletzt aufgerufen am 30.09.2024]

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